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Panorama: Tödliche Gefahr aus dem Krankenhaus

In England sind zwölf Patienten an einem resistenten Keim gestorben. Es gibt ihn auch in Deutschland

Berlin - Der Tod von zwölf Menschen hat in Großbritannien eine Diskussion über Hygiene in Krankenhäusern entfacht. Zwölf Patienten des Stoke-Mandeville- Hospitals waren an den Folgen einer Bakterieninfektion gestorben, insgesamt hatte der neue Stamm des Erregers Clostridium difficile 300 Menschen befallen.

Auch in Deutschland ist das Bakterium eine bekannte Gefahr: Bis zu sieben Prozent aller Krankenhauspatienten tragen Clostridium difficile in sich. Wenn die Darmflora bereits geschädigt ist, kann sich der resistente Erreger in den Schleimhäuten ansiedeln und ungehindert vermehren. Das führt oft zu schweren Durchfällen, die für ältere Patienten oder Menschen mit stark geschwächtem Immunsystem manchmal tödlich enden.

Doch nicht jeder, den das Bakterium besiedelt, wird auch krank. „Die Angaben dazu, wie viele Patienten an Durchfällen durch Clostridium difficile erkranken, schwanken zwischen 0,5 und zwei Prozent“, sagt Grit Ackermann, Infektionsexpertin an der Universität Leipzig. „Die besten Vorsichtsmaßnahmen sind ein sorgsamer Umgang mit Antibiotika und eine konsequente Standardhygiene“, sagte Martin Mielke vom Robert-Koch-Institut dem Tagesspiegel. Dass diese Standards nicht immer gewährleistet sind, zeigten Stichproben im vergangenen Jahr: Danach soll sich fast die Hälfte der Ärzte die Hände nicht sachgerecht desinfiziert haben. Selbst wenn die Vorschriften eingehalten werden, bleiben Keime wie Clostridium difficile tückisch: Das Bakterium bildet umweltresistente Sporen aus, die sich nicht mit herkömmlichen Desinfektionsmitteln abtöten lassen. „Diese Sporen überleben in den Krankenzimmern zum Beispiel an Waschbecken, im Bettzeug und auf dem Boden. Sie sind die Hauptinfektionsquelle“, sagt Grit Ackermann.

„Das Besondere an Clostridium difficile ist, dass der Kontakt zu erstaunlich wenigen Sporen ausreicht, um eine Darmbesiedlung auszulösen“, sagt Axel Kramer, Hygienefachmann an der Universität Leipzig. Klaus-Dieter Zastrow, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, untersuchte die in Leichenschauscheinen angegebenen Todesursachen von Krankenhauspatienten und fand heraus: 13 Prozent der stationär verstorbenen Patienten erlagen einer Infektion, die sie sich erst in der Klinik zugezogen hatten.

Die Gefahr, an einem durch Clostridium difficile verursachten Durchfall zu sterben, ist in Deutschland dennoch sehr gering. In Großbritannien würden „aus Geldmangel häufig große Mengen des gleichen Antibiotikums eingekauft. Wenn dann ein Keim resistent wird, betrifft das plötzlich einen Großteil der Patienten“, sagt Zastrow. In Großbritannien erkranken viermal so viele Menschen an Krankenhauskeimen wie in Deutschland.

Dagny Lüdemann

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