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Tötungsserie: Mord-Anklage gegen Krankenpfleger

Ein Krankenpfleger aus Sonthofen (Bayern) ist angeklagt, 16 meist hoch betagte Patienten ermordet zu haben. Dazu kommen noch zwölf Fälle von Totschlag. Die Ermittler waren dem 26-Jährigen im Juli 2004 auf die Spur gekommen.

Kempten (15.09.2005, 14:25 Uhr) - Nach Aufdeckung der laut Polizei bislang größten Tötungsserie in Deutschland hat die Staatsanwaltschaft Kempten (Bayern) am Donnerstag einen Krankenpfleger aus Sonthofen angeklagt. Er soll 29 Patienten getötet haben. In 16 Fällen handle es sich dabei um Mord aus niedrigen Beweggründen, teilte die Behörde mit. Davon komme in 13 Fällen zusätzlich das Tatmerkmal der Heimtücke hinzu. Der 26-Jährige soll die meist hoch betagten Patienten mit einem Medikamentencocktail betäubt und umgebracht haben. Als Motiv hatte er angegeben, er habe die schwer kranken Menschen von ihrem Leid erlösen wollen. Das Gerichtsverfahren soll 2006 beginnen.

Neben den 16 Morden werden dem Krankenpfleger zwölf Totschlags- Fälle, ein versuchter Totschlag, eine Tötung auf Verlangen, zwei Fälle gefährlicher Körperverletzung und fünf Diebstähle zur Last gelegt.

Ein Verfahren hat die Staatsanwaltschaft auch gegen den ärztlichen Leiter des Sonthofener Krankenhauses eingeleitet. Er steht im Verdacht der fahrlässigen Tötung, weil er möglicherweise die Medikamente nicht sorgfältig genug verwaltet und den Diebstahl durch den Krankenpfleger ermöglicht hat.

Bei den umfangreichen Ermittlungen waren 280 Zeugen vernommen und 145 Gutachten erstellt worden. Dem Landgericht Kempten wurden mit der Anklage 44 Aktenordner zugeleitet. 42 Leichen waren exhumiert worden. Als Beweismittel sollen 84 Zeugen und drei Sachverständige gehört werden.

Erster Verdacht im Juli 2004

Der mutmaßliche Mörder war im Juli vergangenen Jahres unter Verdacht geraten, nachdem ein Diebstahl von Medikamenten im Sonthofener Krankenhaus aufgedeckt worden war. In seiner Wohnung fand die Kriminalpolizei Ampullen von Arzneimitteln, die in ihrer Kombination tödlich wirken.

In ersten Vernehmungen hatte der aus Ludwigsburg stammende Pfleger, der seit Januar 2003 im Krankenhaus der Oberallgäuer Kreisstadt arbeitete, zunächst 15 Tötungsdelikte, eine Tötung auf Verlangen und eine versuchte Tötung gestanden. Die Beamten hegten aber zu Beginn ihrer Ermittlungen den Verdacht, der Krankenpfleger habe noch mehr als die eingeräumten Taten begangen.

Auf entsprechende Fragen hatte er geantwortet, er könne sich nicht mehr an alle Fälle erinnern. Nur bei den 17 in seinem Geständnis aufgeführten Fällen seien ihm die Namen der Patienten noch erinnerlich. Von den 83 Patienten, die während der Dienstzeit des Pflegers gestorben waren, wurden 42 exhumiert.

Bei den Obduktionen wurden in 23 Fällen Rückstände von Medikamenten gefunden, die laut Krankenunterlagen nicht ärztlich verordnet waren. Die 23 Fälle von nachweislich illegaler Verabreichung von Medikamenten und sechs Fälle, die der Krankenpfleger gestanden hatte, ohne dass dafür ein Nachweis zu finden gewesen wäre, summierte die Staatsanwaltschaft zu 29 Tötungsdelikten. ()

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