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 In Sicherheit. Tausende Menschen mussten in Houston bereits aus den Fluten gerettet werden.

© David J. Phillip/dpa

Tropensturm "Harvey" in Texas: Tausende sind vom Wasser eingeschlossen

US-Präsident Trump reist in das Krisengebiet - und wird kritisiert, er betreibe nur Eigenwerbung. Die Überschwemmungen fachen die Debatte über den Klimawandel neu an.

Noch während die vom Wirbelsturm „Harvey“ schwer getroffene texanische Metropole Houston mit weiteren Regenfällen und ständig steigenden Wasserpegeln kämpft, nimmt der Hurrikan jetzt Kurs auf Louisiana. Die dortigen Behörden veröffentlichten am Dienstag – dem Jahrestag des Katastrophensturms „Katrina“ von 2005 – die ersten Evakuierungsappelle. Greg Abbott, der Gouverneur von Texas, spricht von einer der „größten Katastrophen, die Amerika jemals erlebt hat“. Präsident Donald Trump besuchte die Unglücksregion, doch was als Demonstration von Führungsstärke gedachte war, wurde gleich kritisiert: Ehefrau Melania trug bei der Abreise aus Washington wahrlich unpassende Stilettos.

In der Millionenstadt Houston gehen die verzweifelten Rettungsaktionen für tausende vom Wasser eingeschlossene Bewohner weiter. Mehr als zehntausend Nationalgardisten und weitere Helfer sind im Dauereinsatz, doch die Dimension des Unglücks übersteigt vielfach die Möglichkeiten der Behörden. Allein bei der Küstenwache gehen rund tausend Notrufe pro Stunde ein.

Flut aus dem Hinterland wird erwartet

Ein Auffanglager für bis zu 5000 obdachlose Sturmopfer in einem Konferenzzentrum in Houston war innerhalb kurzer Zeit so überfüllt, dass die Menschen auf dem Boden schlafen mussten. Auch in Dallas wird deshalb ein Notaufnahmelager eingerichtet. Insgesamt wird mit etwa 30000 Obdachlosen gerechnet, die versorgt werden müssen. Darüber hinaus werden mehr als 400000 weitere Menschen wegen der Zerstörung durch „Harvey“ auf Hilfe angewiesen sein.

Ein Ende der Katastrophe ist nicht abzusehen. Bisher wurden laut Medienberichten 15 Todesopfer gezählt. Die Überwindung der Folgen der Katastrophe wird Jahre dauern und Milliarden Dollar kosten.

Derzeit ist jedoch nicht einmal an erste Aufräumarbeiten zu denken. In den nächsten Tagen wird auch die Flutwelle aus Flüssen im Hinterland, die durch den Regen stark angeschwollen sind, an der Küste des Golfs von Mexiko erwartet. In Houston selbst wurde Wasser aus Staudämmen abgelassen, um Dammbrüche zu verhindern – in der Folge stehen jetzt Teile des Stadtgebietes unter Wasser, die von den bisherigen Überschwemmungen verschont geblieben waren.

Ein Damm ist gebrochen

Neben Houston ist das südwestlich der Stadt gelegene Einzugsgebiet des Flusses Brazos ein Schwerpunkt der Rettungsarbeiten. Entlang des Brazos steht ein Rekordhochwasser bevor, das nach Einschätzung der Behörden mehrere hundert Quadratkilometer und viele Wohngebiete betreffen könnte. Viele Menschen im Einzugsgebiet des Flusses sind schon jetzt von der Außenwelt abgeschnitten, weil wichtige Verbindungsstraßen unpassierbar sind. Die Behörden erließen Evakuierungsbefehle und -appelle für Teile des Gebietes, doch Kritiker halten insbesondere den Lokalverwaltungen vor, zu lange mit den Aufrufen gezögert zu haben. Am Dienstag brach ein Damm in der Gegend, was die Gefahr weiterer Überflutungen noch einmal erhöhte.

In Louisiana, das östlich an Texas angrenzt, macht sich „Harvey“ ebenfalls bereits bemerkbar. Einige Straßen der Metropole New Orleans, die vor zwölf Jahren von „Katrina“ verwüstet wurde, stehen unter Wasser. In den kommenden Tagen werden in Teilen von Louisiana starke Regenfälle erwartet, die fast die Hälfte der normalen Jahresmenge an Niederschlag bringen könnten. „Uns steht das Schlimmste noch bevor“, sagte Gouverneur John Bel Edwards.

Versprechen für den Wiederaufbau

Trump traf am Mittag (Ortsteit) in der texanischen Stadt Corpus Christie südwestlich von Houston ein und betonte, er wolle die Wiederaufbauarbeiten für das betroffene Gebiet zu einem Projekt mit Vorbildcharakter machen. Im Internet wurde Trump vorgeworfen, seine jüngsten Stellungnahmen „Harvey“ zur Eigenwerbung benutzt zu haben. Er hatte eine neue Schirmmütze mit der Aufschrift „USA“ getragen, die 40 Dollar kostet und deren Verkaufserlöse in seine Wahlkampfkasse fließen.

In der Öffentlichkeit regt sich Kritik an der Haltung des Präsidenten, der Klimaschutzbestimmungen seines Vorgängers Barack Obama systematisch abschafft und die Teilnahme der USA am Klimavertrag von Paris beenden will. Mehrere Experten meldeten sich mit der Einschätzung zu Wort, dass der Klimawandel einen Sturm wie „Harvey“ zwar nicht verursacht, die Wirkung von Wirbelstürmen aber – etwa wegen steigender Wassertemperaturen im Golf von Mexiko – beträchtlich erhöhen kann. Die Klimaforscherin Kassie Siegel vom Umweltschutzinstitut Center for Biological Diversity in Arizona sagte der Nachrichten-Website „The Hill“, die Trump-Regierung werde unter dem Eindruck der Verwüstungen durch „Harvey“ umdenken müssen. Auch der Umweltforscher Barry Rabe betonte, die Zerstörungen in Texas könnten selbst Klima-Skeptiker überzeugen, dass der von Menschen verursachte Temperaturanstieg eine Realität sei.

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