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Panorama: TWA-Absturz von 1996: 4612 Puzzle-Teile klären die Flugzeugkatastrophe vor New York

Durch die Veröffentlichung des Abschlussberichts zum Absturz des Fluges TWA 800 wurde nach viereinhalb Jahren die Untersuchung einer der spektakulärsten Flugzeugkatastrophen offiziell beendet. Die Boeing 747-100, ein Jumbo-Jet der ersten Generation, war am 17.

Durch die Veröffentlichung des Abschlussberichts zum Absturz des Fluges TWA 800 wurde nach viereinhalb Jahren die Untersuchung einer der spektakulärsten Flugzeugkatastrophen offiziell beendet. Die Boeing 747-100, ein Jumbo-Jet der ersten Generation, war am 17. Juli 1996 auf dem Flug von New York nach Paris mit 230 Menschen an Bord explodiert und in den Atlantik gestürzt. Jahrelang war über eine Bombe an Bord oder den Abschuss durch eine Flugabwehrrakete spekuliert worden. Der am Donnerstag durch die amerikanische Transportsicherheitsbehörde NTSB vorgelegte Report schließt diese Möglichkeit aus und untermauert die bereits während der Ermittlungen entstandene These, dass der Kurzschluss eines Elektrokabels zur Explosion eines fast leeren Tanks führte.

Flug TWA 800 war mit mehr als einstündiger Verspätung um 20.19 Uhr Ortszeit vom New Yorker Kennedy-Flughafen gestartet. Zwölf Minuten später verschwand der Jumbo-Jet ohne vorherigen Notruf der Piloten vor Long Island von den Radarschirmen. Zur gleichen Zeit beobachteten zahlreiche Zeugen einen Feuerball. Die 24 Jahre alte Boeing war in rund 4200 Metern Flughöhe explodiert. Die 212 Passagiere und 18 Besatzungsmitglieder hatten keine Überlebenschance. Einige der Zeugen hatten auch einen leuchtenden Strahl am Himmel beobachtet, was frühzeitig zu Gerüchten über einen möglichen Abschuss der Verkehrsmaschine führte. Militärschiffe oder -flugzeuge hatten sich aber nicht in der Nähe des Unglücksortes befunden.

Mühevolle Kleinarbeit

Für die Ursachen-Fahnder des National Transportation Safety Boards (NTSB), die von Spezialisten anderer Behörden unterstützt wurden, begann eine mühevolle Kleinarbeit. In einer aufwendigen, zehnmonatigen Suchaktion konnten über 95 Prozent der auf eine Seefläche von etwa 36 Quadratkilometern verteilten Flugzeugtrümmer geborgen werden. Als gigantisches Puzzle wurden 4612 Teile unterschiedlichster Größe in einem Hangar auf einem ehemaligen Werksflugplatz in Calverton (Bundesstaat New York) zusammengesetzt. Die detaillierte Untersuchung ergab keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Bombe an Bord explodiert sein könnte oder der Großraumjet von einer Rakete getroffen wurde. Dagegen wurden starke Brandschäden an Teilen festgestellt, die aus dem mittleren Tragflächentank stammten.

Im Zuge der Ermittlungen wurde für die Experten immer deutlicher, was sich abgespielt haben muss. Weil die Maschine für den geplanten Transatlantikflug einschließlich der vorgeschriebenen Reserven nicht die volle Zuladung von 178 704 Litern Kerosin benötigte, wurden nur 102 710 Liter Sprit an Bord genommen. Das ist übliche Praxis um Gewicht zu sparen, das sonst wiederum einen höheren Kraftstoffverbrauch verursachen würde. Im mittleren und größten der insgesamt sieben Tragflächentanks, der allein fast 50 000 Liter fasst, befand sich so nur eine Restmenge von 169 Litern. Deshalb konnten hier die Dämpfe des sonst eher schwer entflammbaren Kerosins mit der Luft ein hochexplosives Gemisch bilden. Als es dann in einem an anderer Stelle verlaufenden Elektrokabel zu einem Kurzschluss kam, gelangte Hochspannung vermutlich über die Leitungen der Messanlage zur Füllstandsanzeige in den Mitteltank und löste die verheerende Detonation aus. Der Leuchtstreifen, den die Zeugen sahen, war auslaufender, brennender Treibstoff.

Als "grundsätzlich mangelhaft" bezeichnet der Abschlussbericht daher, bei der Entwicklung und Zulassung von Treibstofftanks deren Entzündbarkeit zu akzeptieren. Die Erfahrung habe gezeigt, dass nicht alle möglichen Zündquellen zuverlässig ausgeschlossen werden können. Die Erkenntnisse aus der TWA 800-Katastrophe haben bereits zu einer ganzen Reihe von Sicherheitsempfehlungen und -anweisungen geführt, die sowohl die 747-Typenreihe als auch Grundsatzfragen des Baus und Betriebs von Flugzeugen betreffen. Bis November müssen bereits 1124 ältere Jumbo-Jets so umgebaut werden, dass keine Zündenergie mehr in den Tank geraten kann.

Rainer W. During

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