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Viele Menschen bevorzugen Impfstoffe von Biontech und Moderna.

© Christoph Schmidt/dpa

Astrazeneca-Verweigerer: Hört auf, euch den Impfstoff auszusuchen!

Die Zeit des Zusammenhalts ist vorbei. Das zeigt sich auch daran, dass viele Ältere den für sie freigegebenen Impfstoff nicht wollen. Ein Aufschrei.

Von Katrin Schulze

Kann sich noch wer an die Lobgesänge auf den Zusammenhalt in dieser Gesellschaft erinnern? An die gegenseitige Rücksichtnahme in einer absoluten Ausnahmesituation, die jeder so hoffentlich nur einmal in seinem Leben erlebt.

An Solidarität, Verständnis und Achtsamkeit? Das ist jetzt ziemlich genau ein Jahr her. Lang, lang her. Der Glaube, dass hier wirklich etwas bewegt werden kann, wenn es ernst wird, der ist inzwischen verlorengegangen.

[Antworten auf die wichtigsten Fragen rund ums Impfen gegen das Coronavirus finden Sie in unserem großen Impf-Spezial]

Die Situation kann noch so schlimm sein, die Wissenschaftler, Virologen, Ärzte – also alle, die sich auskennen mit dem Coronavirus und seinen Folgen – können noch so laut rufen. Ihre Schreie verstummen fast in dem Gebrüll von politischen Wahlkämpfern und von wirtschaftlichen Einzelinteresslern.

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Von den Egoisten, denen inzwischen alles egal ist und die muntere Kontaktpflege in alle Richtungen betreiben, mal ganz zu schweigen.

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Ein kurzer Blick auf die Fakten: In Berlin ist inzwischen ein Drittel der Covid-Patienten auf den Intensivstationen zwischen 35 und 59 Jahre jung. Erschreckend, oder?

Für viele offenbar noch nicht erschreckend genug. Aber gerade weil die Politik nicht schnell genug reagiert, kommt es auf individuelle Vorsicht und Rücksichtnahme an. Blöd nur, dass gegenseitiges Verständnis wohl nicht mehr zu erwarten ist. Zum Beispiel beim Impfen.

Da weigern sich Tausende über 60-Jährige, sich mit dem Mittel von Astrazeneca impfen zu lassen – trotz eines aller verfügbaren Daten zufolge sehr geringen Risikos und obwohl die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu versterben, um ein Vielvielvielfaches größer ist.

Vorbild Winfried Kretschmann. Der Ministerpräsident ließ sich mit Astrazeneca impfen.
Vorbild Winfried Kretschmann. Der Ministerpräsident ließ sich mit Astrazeneca impfen.

© Marijan Murat/dpa

Dass der Impfstoff für diese Gruppe in Deutschland zunächst nicht freigegeben war, lag lediglich an fehlenden Daten, nicht an möglichen Nebenwirkungen. Genau umgekehrt ist es in der anderen Altersgruppe: Es liegen inzwischen Daten vor, die nahelegen, dass bei Jüngeren sehr selten Komplikationen in Zusammenhang mit der Impfung auftreten könnten.

Politiker wie Winfried Kretschmann, der sich nach Freigabe mit öffentlich mit dem Präparat von Astrazeneca impfen ließ, haben das begriffen und wollten Vorbild sein. Oder auch Moderator Günter Jauch, der sagt: „Ich lasse mich auf jeden Fall impfen. Und egal mit welchem Impfstoff.“ Andere bleiben stur, ja eigensinnig.

Die Jüngeren müssen länger und länger warten

Statt sich mit einem leistungsstarken Impfstoff sofort zu schützen, warten viele Ältere jenseits aller Logik offenbar lieber länger auf die Präparate von Biontech oder Moderna und werden das Impftempo in Deutschland so weiter und weiter verzögern. Von den vorhandenen Astrazeneca-Dosen sind derzeit nur rund 62 Prozent auch verimpft - zum Vergleich: bei Biontech sind es fast 90 Prozent.

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Durch dieses Zögern und Zaudern wird Deutschland länger benötigen, um alle Willigen zu impfen und diese Pandemie zu beenden. Aber auch das scheint einigen angesichts ihres eigenen Impfschutzes egal zu sein. Umso schlimmer, wenn zudem die Regierung und zuständige Behörden nicht alles unternehmen und etwa darauf verzichten, zunächst alle Menschen mit einer Erstimpfung grundzuimmunisieren.

Für alle unter 60-Jährigen, für die Astrazeneca derzeit nicht empfohlen wird, ist das zum Schreien. Denn sie warten dementsprechend noch länger auf die für sie zugelassenen Vakzine – oder müssen darauf hoffen, einen Arzt zu finden, der sie auf eigenes Risiko damit impft.

Natürlich ist es richtig, dass alle Geimpften so schnell wie möglich zur Normalität zurückkehren dürfen. Gleichzeitig sollten Ältere aber nicht verhindern, dass schnellstmöglich alle wieder diese Normalität geschenkt bekommen. Dann wäre es klüger, die Priorisierung der Impfungen aufzuweichen.

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Oder den Menschen nicht mehr die Möglichkeit zu geben, Einfluss auf die Wahl des Impfstoffs zu nehmen. In Berlin kann sich jeder mit der Wahl des entsprechenden Impfzentrums seinen Lieblingsstoff aussuchen. Warum? Falls es gar nicht anders geht: Soll sich halt hinten anstellen, wer den Astrazenaca-Impfstoff trotz Freigabe nicht haben will. Die Schlange der Harrenden, Wartenden ist lang.

[Lesen Sie als Abonnent von T+ auch: Warum niedergelassene Ärzte eine starre Priorisierung für falsch halten]

Sonst fragen die Jüngeren vielleicht nicht ganz zu Unrecht, ob Solidarität vielleicht nur in eine Richtung geht. Ein Jahr lang haben sich die vernünftigen Menschen extrem eingeschränkt, um vor allem die Älteren vor dieser unbekannten, unkalkulierbaren Krankheit zu schützen.

Haben auf vieles verzichtet, was ein junges Leben lebenswert macht. Jetzt verzichten viele weiterhin auf ihr gewohntes Leben, nur wahrscheinlich aus anderen Gründen: Weil sie Angst haben, selbst Opfer zu werden.

Auf andere verlassen können sie sich längst nicht mehr, zu gefährlich. Wer sich wirklich schützen will, dem bleibt quasi nur noch übrig, zu Hause zu bleiben und zu warten. Bis er oder sie selbst ausreichend geschützt, Herdenimmunität erreicht und der Spuk vorbei ist.

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