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Panorama: Über Pop zur drogenfreien Gesellschaft?

Die UNO hofft auf eine suchtfreie Unterhaltungskultur und findet dafür wenig VorbilderVON ANDREAS OSWALDIst Curt Cobain schuld? Er ist eines der berühmtesten Opfer der jüngeren Popgeschichte.

Von Andreas Oswald

Die UNO hofft auf eine suchtfreie Unterhaltungskultur und findet dafür wenig VorbilderVON ANDREAS OSWALDIst Curt Cobain schuld? Er ist eines der berühmtesten Opfer der jüngeren Popgeschichte.1994 erschoß er sich unter Drogeneinfluß.Seine Gruppe Nirvana forderte wie er ein Recht auf Drogen.Sie wurde Vorbild für Massen von Jugendlichen.Ist Cobains Frau Courtney Love schuld? Bleich und abgemagert leistete sie mit Haß-Sprüchen auf die Welt lange Jahre dem Junkie-Chic Vorschub, den sie zuletzt noch in dem Erfolgsfilm "Larry Flint" (Goldener Bär der Berlinale) verkörperte.Ist das Kino schuld? Der Film "Trainspotting" über schottische Junkies war ein Kassenknüller und hat längst Kultstatus.Ist die Haute Couture schuld? "Heroin Chic" war vor zwei Jahren ein Zauberwort.Schlimm aussehende Models quälten sich für Luxuskonzerne wie Gucci über Laufstege und beherrschten Modeblätter.Am Dienstag meldete sich der UNO-Drogenkontrollrat (INCB) - wie bereits vorab berichtet - mit ungewöhnlicher Schärfe zu Wort.Er beklagte in Westeuropa eine "Kultur der Toleranz" gegenüber Drogen.Nach Angaben des INCB sind in der westlichen Welt vor allem "Popsänger", "Showbusiness" und auch "bestimmte Politiker" für die Beliebtheit des Drogenkonsums vor allem bei Jugendlichen verantwortlich, heißt es im Jahresbericht.Kritisiert werden auch angesehene Medizin-Zeitschriften sowie Zeitungen, die über Studien über den medizinischen Nutzen von Haschisch berichten.Der Drogenkontrollrat diagnostiziert für Westeuropa einen Trend weg von der Sucht nach harten Drogen hin zum gelegentlichen Konsum von "Ecstasy", "Ice" oder "Speed." Besonders warnt er vor dem Gebrauch von "Wunderpillen" bei drastischen Abmagerungsversuchen, die vor allem in den USA massenhaft gekauft werden.An aktuellen Vorbildern im Pop- und Showbusiness, die Drogen konsumieren, fehlt es in der Tat nicht: Über Falco, der kürzlich bei einem Autounfall starb, wurde solches ebenso berichtet wie über Michael Hutchence von INXS, David Gahan von der Band Depeche Mode, Steven Tyler von Aerosmith, Jimmy Chamberlin, der wegen Drogen von seiner Band Smashing Pumpkins gefeuert wurde und Dave Navarro von den Red Hot Chilli Peppers und Shannon Hoon von Blind Melon.In Hollywood machte erst jüngst Robert Downey Junior von sich reden, der wegen Drogen noch etwa zwei Monate im Gefängnis verbringen muß.Wie zur Bestätigung meldete sich am Mittwoch der grüne Europa-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit in Paris zu Wort.Er gab zu, früher Drogen genommen zu haben.Zu den Unterzeichnern seines Briefes gehören auch die Regisseure Andre Techine und Patrice Chereau sowie der frühere Gesundheitsminister Schwartzenberg.Der Aufruf soll den Chef der Aids-Hilfegruppe Act-Up unterstützen, der verfolgt wird, weil er für Ecstasy geworben haben soll.Entscheidend an dem UNO-Bericht ist aber der Umkehrschluß: Der Kontrollrat legt den Regierungen nahe, Popstars, Sportgrößen und andere Persönlichkeiten als drogenabstinente Vorbilder vor den Karren ihrer Präventionskampagnen zu spannen.Langfristig solle eine Unterhaltungskultur angestrebt werden, die sich gegen den Mißbrauch von Suchtmitteln richtet.Das Problem: Es müssen Vorbilder gefunden werden, die keine Drogen nehmen und Behördenkampagnen für sinnvoll halten.Ein positives Beispiel wäre Elton John.Er nimmt keine Drogen mehr - und steht öffentlich dazu.

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