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Panorama: Überproduktion in der Türkei - Regierung will Konsum ankurbeln

Die Lage ist ernst, das hat der türkische Städtebauminister Koray Aydin klar erkannt. Alle im Land müssten mit anpacken, um das Problem zu lösen, forderte Aydin in der jüngsten Sitzung des Kabinetts in Ankara: Militärs, zivile Organisationen und selbstverständlich auch die Parlamentsabgeordneten und die Minister selbst.

Die Lage ist ernst, das hat der türkische Städtebauminister Koray Aydin klar erkannt. Alle im Land müssten mit anpacken, um das Problem zu lösen, forderte Aydin in der jüngsten Sitzung des Kabinetts in Ankara: Militärs, zivile Organisationen und selbstverständlich auch die Parlamentsabgeordneten und die Minister selbst. Die Türkei steht in der Tat vor einer schwierigen Aufgabe - eine Überproduktion von mindestens 1,5 Millionen Tonnen Kartoffeln muss irgendwie beseitigt werden, am besten durch eine nationale Kraftanstrengung der 65 Millionen türkischen Mägen. Aydin selbst geht mit gutem Beispiel voran. In der Kantine seines Ministeriums gibt es ab sofort jeden Tag Kartoffeln, sei es als Hauptgericht oder als Beilage. Dadurch soll der Knollenkonsum in der Zentrale der türkischen Städtebauer von derzeit mageren 250 Kilogramm in der Woche auf eine Tonne katapultiert werden.

Das Landwirtschaftsministerium hatte schon in der vergangenen Woche Alarm geschlagen: Die türkischen Bauern werden in diesem Jahr 1,5 bis zwei Millionen Tonnen Kartoffeln zuviel produzieren. Seitdem ist ein regelrechtes Kartoffelfieber ausgebrochen. Geschäftsleute und Restaurants versuchen, sich gegenseitig mit kreativen Ideen zu überbieten. Den vorläufigen Höhepunkt erreichte die Jagd nach neuen Dimensionen der Kartoffel-Cuisine in einer Idee der Eisladen-Kette Mado: Kartoffeleis, in 75 Sorten. Bei Testverkäufen seien die angebotenen Prototypen bei den Kunden gut angekommen. Chefköche in der ganzen Türkei machen sich unterdessen Gedanken darüber, wie sie mehr Kartoffeln in ihren Menüs unterbringen können, ohne die Kundschaft zu vergraulen. In Fernsehsendungen beteuern die Küchenchefs, fast alles lasse sich aus Kartoffeln herstellen, auch schmackhafte Süßigkeiten. In einem Fünf-Sterne-Hotel in Antalya können die Gäste zwischen 18 verschiedenen Nachspeisen auf Kartoffelgrundlage wählen.

Doch all diese Notmaßnahmen können die Tatsache nicht verdecken, dass die Türken einfach keine großen Kartoffelesser sind. Das Problem sei allein die mangelhafte Planung, kritisierte der angesehene Leitartikler Fikret Bila in der Zeitung "Milliyet". Schuld sei die für die Landwirtschaft zuständige Planungsbehörde in Ankara, die auch zu verantworten habe, dass es gleichzeitig mit dem Kartoffel-Überfluss einen Zucker-Engpass gebe. Womöglich startet die Türkei also bald eine neue Kampagne: Esst weniger Zucker.

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