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Vater, Mutter, Kind

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Umfrage zu Familienplanung: Kinder ja - aber bitte erst später

Die überwiegende Mehrzahl aller 18 bis 30 Jährigen wünscht sich Kinder - aber erst nach dem 30 Lebensjahr. Frauen, die mit 50 noch Mutter werden, können sich die Teilnehmer einer Umfrage ebenso vorstellen wie Social Freezing.

Gianna Nannini hat ihre Tochter Penelope mit 54 Jahren zur Welt gebracht. "Schön und unmöglich" dachten viele 2010 in Anlehnung an die Übersetzung des Hits "Bello e impossibile" der italienischen Sängerin. Doch ältere Schwangere werden in 20 Jahren nichts Ungewöhnliches mehr sein. Das glauben jedenfalls 37 Prozent der Befragten in einer Umfrage zur Zukunft der Familie. Zwei Drittel sind zudem aufgeschlossen gegenüber dem sogenannten Social Freezing, dem Einfrieren einer Eizelle mit dem Ziel, sie später im Leben befruchten und einsetzen zu lassen. Aber nur knapp jeder Dritte könnte sich dies vorstellen oder hat die Möglichkeit schon genutzt. Die Patchworkfamilie wird der Umfrage zufolge an Bedeutung gewinnen, wie 83 Prozent der Befragten sagten. Nur 16 Prozent glauben an die Großfamilie, 19 Prozent an die Kernfamilie.

Generell hat sich der Zeitpunkt für die Realisierung des Kinderwunsches deutlich nach hinten verschoben. Von den 18 bis 22-Jährigen wünschen sich 37 Prozent das erste Kind bis sie 27 Jahre alt sind. Tatsächlich bekommen in dieser Altersgruppe allerdings nur 20 Prozent ihr erstes Kind. Von den 27 bis 30-Jährigen verschob sich das Wunschalter für Kinder bei 73 Prozent der Befragten hinter den 30. Geburtstag.

Von insgesamt 1061 befragten Deutschen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren wünschen sich 86 Prozent der noch kinderlosen Frauen und 88 Prozent der Männer später einmal eines oder mehrere Kinder. Die Forsa- Umfrage, die die Familienzeitschrift "Eltern" in Auftrag gegeben hat, geht der Frage nach, wie sich junge Menschen die Zukunft der Familie und ihr eigenes Leben vorstellen. Da geht es natürlich auch um den Einklang zwischen Familie und Beruf.

Zeit ist das Wichtigste

Die meisten Befragten wünschen sich mehr Zeit - und würden dafür ihre Ansprüche reduzieren: "Ausreichend Zeit" ist für 44 Prozent "sehr wichtig", um ein entspanntes Familienleben führen beziehungsweise eine Familie gründen zu können. "Wichtig" finden das weitere 49 Prozent.

Und was ist überhaupt "sehr wichtig" im Leben? Für mehr als die Hälfte spielt die Ausgewogenheit zwischen beruflicher Belastung und persönlicher Freiheit eine wichtige Rolle. Für nur 17 Prozent hat dagegen "Wohlstand" und für 14 Prozent "berufliche Karriere" Priorität. Die 18 bis 30-Jährigen wollen also nicht durchs Leben hetzen, sondern eine gesunde Balance zwischen Familie und Beruf finden. Einen zu starken Fokus auf die Arbeit sehen viele als Hindernis auf dem Weg zum eigenen Kind. Die besten Bedingungen fürs Kinderkriegen schaffe laut Umfrage die Freiheit, sein Leben individuell gestalten zu können, Löhne und Gehälter, die Teilzeit möglich machen, und eine Infrastruktur, die Eltern entlastet.

Ein Kind verändert das Leben stark, da sind sich nahezu alle sicher. Nur drei Prozent glauben, durch ein Kind ein "glücklicheres, erfüllteres Leben" führen zu können. 29 Prozent denken, dass sich der Alltag ändern wird, 22 Prozent, dass sie weniger Zeit für sich selbst haben werden, und 20 Prozent wissen, mit einem Kind mehr Verantwortung zu erhalten. Für 16 Prozent bestimmt das Kind das Leben.

Arbeiten ja, Erziehen auch

Für die meisten der Befragten ist eine feste und stabile Partnerschaft eine sehr wichtige Voraussetzung, um ein entspanntes Familienleben zu führen. Ausreichend Zeit für das Familienleben zu haben, ist nur für 44 Prozent der Befragten sehr wichtig. Um das Familienleben und den Beruf zu regeln, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Nur acht Prozent der Befragten mit Kindern oder mit Kinderwunsch wollen weiterhin voll berufstätig sein und die Erziehung den Betreuungs- und Bildungseinrichtungen wie Kita oder Schulen überlassen. 60 Prozent stellen sich vor, weiterhin ihrer Berufstätigkeit nachgehen zu können, aber beide Partner würden sich um die Betreuung kümmern.

Allerdings zeigt die Umfrage eine Diskrepanz zwischen den Lebensvorstellungen der Befragten und deren Erwartungen und Einschätzungen der zukünftigen Gesellschaft. Denn auf die Frage, "Welche der Möglichkeiten, Familie und Beruf in Einklang zu bringen, wird Ihrer Einschätzung nach in 20 Jahren am häufigsten vorkommen?" antworteten 46 Prozent mit: "Beide Partner sind voll berufstätig und überlassen die Erziehung der Kinder weitgehend den Betreuungs- und Bildungseinrichtungen wie Kita, Schulen, usw." Nur 38 Prozent entschieden sich für die andere Variante, in der beide Partner arbeiten und sich um die Kinder kümmern.

Staat soll für großzügige Elternzeit sorgen

Welche Rolle soll der Staat bei der Familienpolitik spielen? Hier antworteten 38 Prozent, der Staat sollte für großzügige Elternzeit sorgen. Dies ist Frauen (43 Prozent) wichtiger als Männern (33 Prozent). 35 Prozent der Befragten wünschen sich, dass der Staat für ausreichende Betreuungsmöglichkeiten wie Schulen, Kitas usw. Sorge trägt. Dies ist Männern (40 Prozent) wichtiger als Frauen (31 Prozent). Nur 25 Prozent wünschen sich, dass der Staat die Familien finanziell unterstützt, zum Beispiel durch Elterngeld oder ein bedingungsloses Grundeinkommen für Kinder.

Auch dieser Teil der Umfrage widerspricht der Realität, denn die Zahl der Eltern, die finanzielle Hilfe vom Staat beziehen, ist seit 2012 stetig gestiegen. Das belegt die Studie "Datenbericht Betreuungsgeld", die das Deutsche Jugendinstitut und die Technische Universität Dortmund - ebenfalls am Montag - vorgelegt haben. Demnach ist die Nutzung des Betreuungsgeldes stark abhängig vom Ausbau öffentlicher Kinderbetreuungsangebote. In Landkreisen mit weniger Kitaplätzen wird vergleichsweise öfter und länger das Betreuungsgeld genutzt. Im Osten werde die Leistung häufig deutlich kürzer bezogen als im Westen. "Hier erhalten die Eltern frühzeitiger einen Platz in der Kita oder bei einer Tagespflege", betonen die Forscher, die Angaben von 8400 Eltern ausgewertet haben, deren Kinder zwischen 15 und 32 Monate als waren.

Eltern können 150 Euro pro Kind bekommen, wenn sie ihren Nachwuchs selbst betreuen. Im zweiten Quartal 2015 wurde für 531.250 Kinder Betreuungsgeld bezogen. Der Studie zufolge dient das Betreuungsgeld häufig der Überbrückung, bis ein Betreuungsplatz gefunden ist: Etwa 60 Prozent der Leistungsbezieher gaben an, sich parallel um einen Platz für ihr Kleinkind beworben zu haben. Auf der anderen Seite sind in Deutschland rund 40 Prozent der Eltern grundsätzlich der Überzeugung, Kinder in den ersten Lebensjahren sollten allein in der Familie groß werden. Ob Betreuungsgeld gezahlt wird oder nicht, ist nach deren Angaben für diese Entscheidung nicht ausschlaggebend.

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