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Ein M4-Angriffsgewehr in einem Waffengeschäft in den USA.

© Reuters

Umgang mit Schusswaffen in den USA: Schießen wird in Iowa Teil des Sportunterrichts

Schulen in dem US-Bundesstaat lehren Siebt- und Achtklässlern bald Waffenkunde. Ihr Argument: Irgendwann werde jeder mit einer Schusswaffe in Berührung kommen.

Joel Foster ist sich da ganz sicher. „Wenn wir unseren Kindern beibringen, wie man Waffen verantwortungsbewusst benutzt, wie man sie respektiert und versteht, dass es dabei nicht um ein Videospiel geht“, dann, so seine feste Überzeugung, dann werde die Zahl schwerer Unfälle abnehmen.

Foster ist Oberschulrat an der North Butler High School im US-Bundesstaat Iowa. Die North Butler und die Clarksville Community School machen gerade auf sich aufmerksam, weil sie angesichts der vielen Todesfälle durch Schusswaffen auch in ihrem Bundesland neue Wege gehen. Schüler in diesen beiden Schulbezirken sollen ab dem Frühjahr im Umgang mit Waffen unterrichtet werden, wie der Sender Radio Iowa berichtet. Diese Schulung soll Teil des Sportunterrichts werden – und verpflichtend für alle Siebt- und Achtklässler sein.

Siebt- und Achtklässler sind auch in den USA in der Regel zwischen zwölf und 14 Jahre alt, und damit minderjährig. Alkohol zu trinken ist in Iowa erst ab 21 erlaubt, Autofahren in Ausnahmefällen immerhin schon ab 14. Aber wie man eine Waffe bedienen muss, sollen bereits Zwölfjährige lernen? Joel Foster hält das für eine gute Idee und steht damit für den Teil der amerikanischen Gesellschaft, der auf steigende Todeszahlen durch Schusswaffen nicht mit strengeren Waffengesetzen reagieren will.

40.000 Todesfälle in den USA durch Schusswaffen

Dabei führen die USA traurige Statistiken an. Überproportional viele Menschen kommen hier durch Schusswaffen ums Leben. Fast 40.000 waren es nach Angaben des Zentrums für Gesundheitskontrolle und Prävention im vergangenen Jahr, oder 109 am Tag – mehr als jemals zuvor in den 40 Jahren, seit diese Daten erhoben werden. Auch die Zahl der Menschen, die Opfer von Schüssen und Amokläufen an amerikanischen Schulen wurden, ist so hoch wie nie. Die Namen der schrecklichsten Schulmassaker kennt inzwischen fast jeder: Columbine, Parkland, Sandy Hook. Aber Schulschießereien sind inzwischen so häufig, dass über viele gar nicht mehr groß berichtet wird.

Ein Teil der Gesellschaft fordert daher seit langem schärfere Kontrollen, wer eine Waffe benutzen darf und wer nicht. Aber die mächtige Waffenlobby NRA widerspricht der These vehement, dass mehr Kontrollen oder Verbote das Problem lösen können. Stattdessen müsse mehr für die Sicherheit beispielsweise an Schulen getan werden. Auch Präsident Donald Trump hatte sich im Wahlkampf gegen strengere Waffengesetze ausgesprochen. Als Reaktion auf das Schulmassaker in Parkland (Florida) im Februar dieses Jahres, bei dem 17 Menschen starben, hatte er für die Bewaffnung von Lehrern plädiert, damit diese im Ernstfall schnell das Feuer erwidern könnten.

Gesicht des Protests. Emma Gonzalez (Mitte), die das Schulmassaker von Parkland überlebte, wirbt für strengere Gesetze.
Gesicht des Protests. Emma Gonzalez (Mitte), die das Schulmassaker von Parkland überlebte, wirbt für strengere Gesetze.

© JIM WATSON/AFP

Das Recht, eine Waffe zu tragen, garantiert die Verfassung

Es ist für viele Amerikaner eine unumstößliche Tatsache, dass Schusswaffen zu ihrem Alltag gehören. Schätzungen zufolge sind landesweit 300 Millionen Schusswaffen im Umlauf, das bedeutet, dass statistisch gesehen fast jeder Amerikaner über eine Waffe verfügt. Das Recht, eine Waffe zu tragen, ist in der Verfassung seit dem Jahr 1791 festgeschrieben, in Umfragen werten Amerikaner dieses Recht regelmäßig als fast so wichtig wie die Meinungsfreiheit, das Wahlrecht und die Religionsfreiheit. Gerade im ländlichen Raum, wo die nächste Polizeistation oft meilenweit entfernt ist, wollen die Menschen nicht auf ihr Recht zur Selbstverteidigung verzichten.

Auch den Organisatoren der nun angekündigten Waffenschulungen an Iowas Schulen geht es nach eigenen Angaben um mehr Sicherheit. Aus ihrer Sicht reagieren sie schlicht auf eine Realität: Irgendwann werde jeder mit einer Waffe in Berührung kommen, da helfe es doch, wenn schon Kinder wüssten, wie diese zu bedienen seien. Sie berufen sich auf Zahlen wie die des Center for Injury and Research Prevention. Dem Institut zufolge ist die große Mehrheit der unbeabsichtigten Todesfälle durch Schusswaffen zuhause zu verzeichnen. Und sehr häufig kommt es zu Unfällen, wenn Kleinkinder in Abwesenheit ihrer Eltern mit einer geladenen Waffe spielen.

Joel Foster ist selbst Vater. Und glaubt deshalb, dass das Vorgehen an der North Butler und der Clarksville Community School nur logisch sei. „Wenn meine zwölfjährige Tochter ein dreijähriges Kind babysittet, und das dreijährige Kind kommt aus dem Schlafzimmer von Mama und Papa mit einer Pistole oder einer Schrotflinte, dann muss sie wissen, wie sie damit umzugehen hat.“

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