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Panorama: Unbefleckte Empfängnis: Wie die Hessen zeugen

Deutschland staunt über Hessen. Was bislang nur in der Bibel unumstößlich ist, hat im Taunus auch vor Gericht Bestand.

Deutschland staunt über Hessen. Was bislang nur in der Bibel unumstößlich ist, hat im Taunus auch vor Gericht Bestand. Richter Fritz Henge am Amtsgericht Idstein ließ wissen: Es gibt die unbefleckte Empfängnis. Nur auf seinen eigenen Sachverstand gestützt, entschied er, eine von ihrem Ex-Gatten angezeigte Frau sei möglicherweise durch das Küssen mit einem Fremden schwanger geworden. Dies sei "wissenschaftlich ebenso wenig auszuschließen wie das sehr seltene Phänomen der Jungfernzeugung, auf welchem immerhin die Kulturgeschichte des christlichen Abendlandes zu einem nicht unerheblichen Teil beruht", hieß es in seinem Beschluss.

Wie der Sprecher des Idsteiner Gerichtes berichtet, ging die Geschichte der hessischen Empfängnis indes recht weltlich zu und verdankt ihre Entwicklung einem Gang durch Justizbehörden. 1997 lagen die Eltern von drei Kindern in Scheidung, als der Vater erfuhr, dass seine Frau im Jahr 1986, exakt neun Monate vor Geburt ihres Sohnes, mit einem Fremden in einem Hotel gesehen wurde. Der misstrauische Mann zog mit einer Vaterschaftsklage vor Gericht und glaubte seiner Frau auch dann nicht, als sie von der Anklagebank aus beteuerte, zur damaligen Zeit ausschließlich Geschlechtsverkehr mit ihrem Ehemann vollzogen zu haben.

Ein DNA-Test gab dem Kläger Recht; das Kind war tatsächlich nicht von ihm gezeugt. Der Gehörnte, der obendrein jahrelang Unterhalt für den Jungen gezahlt hatte, zeigte seine Frau nun auch wegen "uneidlicher Falschaussage" an. Der Fall gelangte zu Richter Henge.

Die der Lügen bezichtigte Frau ließ durch ihren Anwalt vortragen: Ja, sie habe nur mit ihrem Ehemann Geschlechtsverkehr gehabt. Und: Ja, sie habe einen "Herrn aus Hamburg" in einem Hotel getroffen. Jedoch sei es nicht zur sexuellen Vereinigung gekommen; im Hotelbett hätten sie lediglich "nackt herumgeknutscht". Es sei doch möglich, so argumentierte der Anwalt, dass sich die Befruchtung auch ohne Penetration und damit unbemerkt vollzog habe. Eine bewusste Falschaussage - und nur um diese ging es dem Verfahren - lasse sich daher nicht nachweisen.

Richter Henge ließ die Argumentation gelten und lehnte die Klage im August dieses Jahres ab. Offenbar hielt auch die Staatsanwaltschaft die Begründung für überzeugend, denn sie legte keinen Widerspruch ein. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Der Ex-Gatte ging derweil leer aus. Zwar bekam er in seiner Vaterschaftsklage Recht, doch der eigentlich für den Unterhalt des Kindes zuständige "Herr aus Hamburg" ist nicht mehr zu finden. Die Frau gab an, ihn namentlich nicht zu kennen, und die Nachforschungen im Idsteiner Hotel, wo er vor 14 Jahren abstieg, führten zu keiner deutlichen Spur. Offenbar kann sich der Mann nicht nur auf wundersame Weise vermehren, sondern auch auf ebenso ominöse Art verschwinden.

Berit Uhlmann

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