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Universitätsstädte: Mieten für Studentenwohnungen steigen schnell

Mieten für kleine Wohnungen steigen in Universitätsstädten besonders schnell - in Berlin um 53 Prozent in nur sechs Jahren. Wohnheimplätze fehlen.

Von Jahr zu Jahr wird es für Studenten schwieriger, bezahlbare Wohnungen zu finden. Wer in diesen Tagen, da überall im Land das neue Semester beginnt, sein Studium anfängt, der muss deutlich mehr bezahlen als die sechs Jahre ältere Schwester damals in ihrem ersten Semester. Am teuersten ist nach wie vor München, doch am schnellsten teurer wird Berlin. Zu diesem Ergebnis kommen das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) und der Deutsche Real Estate Fund (DREF), ein Immobilienunternehmen, das sich auf Wohnungen für Studenten spezialisiert hat.

Verglichen mit dem ersten Halbjahr 2010 sind die Mieten demnach in allen 15 untersuchten Städten stark gestiegen, am stärksten aber in Berlin – um 37,3 Prozent. Dann folgt Osnabrück mit 25,2 Prozent vor den ohnehin teuren süddeutschen Großstädten München und Stuttgart mit 24,8 und 21,4 Prozent. In Heidelberg fällt der Anstieg mit 8,0 Prozent am geringsten aus. Nur im thüringischen Jena sind die Mieten seit 2012 sogar wieder leicht gesunken. Nach wie vor sind Wohnungen in Leipzig, wo es aber schnell teurer wird, Jena und Bochum vergleichsweise bezahlbar. Die großen Metropolen und traditionsreiche westdeutsche Universitätsstädte wie Heidelberg und Osnabrück sind sehr teuer.

Der Mietpreisindex, den IW und DREF alle sechs Monate berechnen, misst nicht die realen Anstiege. Stattdessen soll er diejenigen Preissteigerungen herausrechnen, die damit zu tun haben, dass Wohnungen saniert werden oder Neubauten höhere Standards haben als ältere Gebäude. Was bleibt, so die Idee, ist die reine Preisentwicklung –wie sehr die Mieten in einer Stadt steigen, einfach weil eine Wohnung in dieser Stadt liegt. Grundlage sind Angebote für Einzimmerwohnungen und WG-Zimmer in 15 Städten auf großen Immobilienportalen.

Um die Ergebnisse anschaulicher zu machen, berechnen IW und DREF außerdem den Preis für eine Musterwohnung. Diese hypothetische 30-Quadratmeter-Wohnung kostet in Berlin heute inklusive aller Nebenkosten 407 Euro statt 333 wie vor sechs Jahren. In München sind es sogar 615 Euro, in Frankfurt 517, in Hamburg 466. Zum Vergleich: Der Bafög- Höchstsatz liegt bei 720 Euro; darin enthalten ist eine Wohnkostenpauschale von gerade einmal 250 Euro.

„Wohnkosten sind schon lange der mit Abstand größte Posten für Studenten“, sagt Stefan Grob, Sprecher der Deutschen Studentenwerke. Die befragen regelmäßig Studenten nach ihren sozialen Verhältnissen. Im Schnitt geben Studenten demnach 298 Euro für die Miete aus. Das genügte vor sechs Jahren immerhin noch in Leipzig für die recht großzügige Musterwohnung der Studie. Heute reicht es in keiner der 15 Städte mehr aus.

Real steigen die Mieten noch schneller

Studentenbuden werden nicht nur teurer, sie werden auch schneller teurer als andere Wohnungen. In Berlin um 9,9 Prozentpunkte, in München sogar um 10,6. Warum, das hätte man nicht im Detail untersucht, sagt Björn Seipelt vom IW. Wahrscheinlich liege es aber daran, dass die Hochschulen wachsen: Mehr als 2,7 Millionen Studierende gibt es heute. Jedes Jahr werden es mehr. Es ziehe sie, sagt Seipelt, vor allem in die großen Städte oder dorthin, wo es traditionsreiche große Hochschulen gibt – in Städte wie Berlin und München, aber auch Heidelberg, Tübingen oder Göttingen.

Dort konkurrierten sie auch noch mit Berufseinsteigern oder Rentnern, die ebenfalls nicht viel Geld haben und nicht so viel Platz suchen wie eine Familie, die aber trotzdem dort leben wollen, wo es Kultur und Läden gibt. „Da wächst das Angebot nicht so wie die Nachfrage“, sagt Seipelt. In manchen Städten schlafen Studenten zu Semesterbeginn deshalb in Wohnwagen oder Containeranlagen.

Und die Mieten steigen tatsächlich sogar noch schneller, als der Index vermuten lässt. Seit 2010 sind die durchschnittlichen Preise von Studentenwohnungen in Berlin bereinigt um 37 Prozent, real aber sogar um 53 Prozent gestiegen: von etwa sechs Euro auf etwa neun Euro pro Quadratmeter. Berlin holt damit gegenüber anderen Großstädten auf. In München wurden Studentenbuden real um 38,9 Prozent teurer, in Stuttgart um 35,3 Prozent. Es sind diese Steigerungen, die ein Student wahrnimmt, der gerade eine Wohnung sucht - und sieht, dass er sich nur schwer eine eigene Wohnung leisten kann, anders als seine sechs Jahre ältere Schwester damals.

Abhilfe könnten womöglich staatlich geförderte Wohnheimplätze schaffen. Deutschlandweit gibt es 224 500 solcher Plätze. Aktuell planen die Studentenwerke aber nur gut 10 000 weitere – während allein im vergangenen Jahr 60 000 Studierende mehr eingeschrieben waren als im Jahr davor.

Jonas Schaible

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