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Urteil: BGH stärkt Rechte von Prominenten

Der Bundesgerichtshof hat die Rechte Prominenter im Verhältnis zur Presse gestärkt. Fotos von Prominenten dürften ohne deren Einwilligung nur veröffentlicht werden, wenn ein "objektiver Informationswert" vorliege.

Karlsruhe - Kein Name ist so sehr mit dem juristischen Streit um die Prominentenberichterstattung in den Medien verbunden wie der von Caroline von Hannover. Die geborene Prinzessin von Monaco war es, die 1996 das bis dahin höchste Schmerzensgeld in einem Presserechtsstreit durchsetzte. Sie war es auch, die mit ihrem Anwalt Matthias Prinz 1999 vor dem Bundesverfassungsgericht einen wirksameren Schutz ihrer Kinder vor den Pressefotografen erstritt. Nun hat sie auch einen Erfolg im Kampf gegen die allgegenwärtigen Paparazzi errungen - ein Erfolg, der vor allem für die bunten Zeitschriften eine empfindliche Einschränkung ihrer bisherigen Berichterstattung bedeuten dürfte.

Zwar ist nach dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Dienstag nach wie vor eine Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Schutz der Privatsphäre Prominenter notwendig - einen automatischen Vorrang genießt keine der beiden Seiten. Allerdings hat der VI. Zivilsenat ein paar Gewichte auf die Waagschale des Persönlichkeitsschutzes gelegt: Auch bei Personen mit hohem Bekanntheitsgrad spielt es für die Zulässigkeit der Berichterstattung eine Rolle, ob sie einen gewissen "Informationswert" hat oder nur der "Befriedigung bloßer Neugier" dient.

Fotos von zeitgeschichtlichen Ereignissen zulässig

Klatsch und Tratsch - der Stoff, der vielen Zeitschriften hohe Auflagen beschert - sind in der höchstrichterlichen Achtung also deutlich gesunken. Was das in der Praxis heißt, lässt sich an den feinen Differenzierungen nachvollziehen, die der BGH bei den insgesamt sechs Verfahren vornahm: Untersagt wurden Fotos der Kläger aus dem Skiurlaub in St. Moritz, bei einer Geburtstagsfeier oder im Zusammenhang mit der Vermietung einer Villa in Kenia - weil sie "keinen Beitrag zu einem Thema von allgemeinem Interesse" enthielten. Zulässig waren dagegen Bilder, die belegten, das Caroline im Urlaub war, als ihr Vater, der damals regierende Fürst Rainier von Monaco, schwer krank war - ein "zeitgeschichtliches Ereignis", so der BGH.

Anlass zur Neujustierung gab ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aus dem Jahr 2004, das damals Dutzende deutscher Chefredakteure auf die Barrikaden brachte: "Herr Bundeskanzler, stoppen Sie die Zensur!" lautete ihre Reaktion auf den Straßburger Spruch, der bei der deutschen Justiz engere Grenzen für Fotos aus dem Privatleben Prominenter anmahnte.

BGH versucht Kompromisslösung

Daran entspann sich ein Streit zwischen den Gerichtshöfen. Die deutsche Justiz müsse Straßburger Urteile zwar "berücksichtigen", nicht aber schematisch umsetzen, befand das Bundesverfassungsgericht. Woraufhin der Straßburger Gerichtspräsident die Deutschen an ihre Pflicht erinnerte, "unseren Urteilen Folge zu leisten".

Mit seinem Urteil versuchte der BGH, eine halbwegs handhabbare Kompromisslösung zu finden. Das Kriterium, das die Verfassungsrichter der Justiz an die Hand gegeben hatten, war ohnehin nicht so recht praktikabel. Danach sollten auch Superpromis wie Caroline außerhalb ihrer vier Wände Schutz vor Paparazzi genießen, wenn sie sich "erkennbar in eine örtliche Abgeschiedenheit" begeben - etwa in den stillen Winkel eines Gartenlokals. Doch was sollte gelten, wenn sie vorn auf der Terrasse saßen?

Außerdem machte BGH-Vize-Präsidentin Gerda Müller kein Hehl daraus, dass sie die unablässige Zunahme von Prominentenstorys mit den zugehörigen Bildern mit Missbilligung betrachte: Die Neugier nach Prominenten habe "fast groteske Formen angenommen" und sei für die Betroffenen äußerst lästig.

Zugleich aber machte Müller deutlich, dass bei der Zulässigkeit von Pressefotos zwischen denen unterschieden werden müsse, "die sich mit ihrem Privatleben in die Medien drängen und denen, die das nicht tun". Denn auch dem höchsten deutschen Zivilgericht ist nicht entgangen, dass manche Prominente gelegentliche Homestorys durchaus schätzen, wenn das Privatleben gerade vorzeigbar ist, andererseits aber den Hahn zudrehen möchten, wenn es Fehltritte zu vermelden gibt. (Von Wolfgang Janisch, dpa)

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