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Die Kontrollen bei der Einreise in die USA sind streng.

© REUTERS

Verhör wegen Chat auf Facebook: Warum eine 19-Jährige nicht in die USA darf

Der 19-jährigen Aimee Valentina Schneider wurde die Einreise in die USA verweigert - weil ihr wegen eines Facebook-Chats unterstellt wurde, als Au Pair arbeiten zu wollen. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erzählt sie ihre Geschichte.

Auf den Urlaub in Amerika hat sich Aimee Valentina Schneider schon lange gefreut. Vier Monate will die damals 19-Jährige Abiturientin aus Marburg bei ihrer Großcousine in Cleveland verbringen. Doch als sie in Philadelphia in ihren Flieger nach Cleveland umsteigen will, wird sie bei der Passkontrolle gestoppt. Die Sicherheitsbeamten sind skeptisch, ob Schneider in den USA tatsächlich Urlaub machen will und nehmen sie ins Verhör – zum Verhängnis wird ihr dabei ein eigentlich harmloser Facebook-Chat. Am Ende wird ihr die Einreise verweigert, sie muss zurück nach Hause fliegen.

„Ich habe mich gefühlt wie eine Verbrecherin“, erzählt Schneider, die inzwischen 20 ist. Begonnen hatte ihre Reise am 8. Juli mit 90 US-Dollar in der Tasche und einem Visum, das ihr im US-Konsulat in Frankfurt problemlos ausgestellt worden sei. Doch in Philadelphia habe der Grenzbeamte sie nicht weitergelassen, eine weitere Kontrolle sei notwendig. „,Good Luck‘“, habe er ihr noch gewünscht – als ob die Einreise in die USA eine Glückssache wäre.

Eine Beamtin der Abteilung Homeland Security habe sie dann erneut ausgefragt und immer wieder der Lüge bezichtigt. „Niemand macht so lange Urlaub“, habe sie gesagt. So schildert Schneider den Gesprächsverlauf, der in einem Protokoll festgehalten ist, das dem Tagesspiegel vorliegt. Die Beamtin unterstellte Schneider, als Au-Pair arbeiten zu wollen. Sie habe die Herausgabe des Handys verlangt und sich sehr gezielt einen Facebook-Chat mit ihrer Großcousine durchgelesen.

Verdacht auf Schwarzarbeit

Tatsächlich hatte Schneider darin den Verwandten angeboten, auch mal auf deren drei Kinder aufzupassen oder die der Kollegen. Ein Honorar darüber sei aber nicht vereinbart worden. Vielmehr habe sie dies zum Dankeschön dafür machen wollen, dass sie bei der Großcousine so lange wohnen darf. „Das ist doch eine Selbstverständlichkeit“, findet Schneider. Die Sicherheitsbeamtin offensichtlich nicht. Sie betonte laut Protokoll, dass die Abiturientin ein spezielles Visum für Au-Pair-Dienste brauche – die Schneider ja nach eigenen Angaben wiederum gar nicht anbieten wollte.

Trotzdem ließ sich die Beamtin von ihrem Verdacht auf Schwarzarbeit offensichtlich nicht abringen und verweigerte Schneider nach der mehrstündigen Überprüfung die Einreise. Polizisten hätten sie zurück zum Flugzeug gebracht, mit dem sie dann am 9. Juli wieder in Deutschland gelandet sei. Der nach ihrer Ansicht ungerechte Vorgang hat Schneider so empört, dass sie sich zunächst an eine regionale Zeitung gewandt hat, inzwischen berichten Medien aus ganz Deutschland über ihren Fall. Wohl vor allem deshalb, weil die Sorge groß darüber ist, ob und wie Sicherheitsbehörden der USA vorab die Kommunikation von Reisenden in sozialen Netzwerken überprüfen.

Die US-Botschaft in Berlin will sich weder zu diesem Thema äußern noch zu Schneiders konkretem Fall. Ein Pressesprecher teilt mit, dass die Einreise in die USA nur selten verweigert werde. Von den Visa-Anträgen per Esta-Verfahren (Electronic System for Travel Authorization) würden mehr als 99 Prozent genehmigt. 2013 seien 2,7 Millionen Deutsche in die USA gereist, nur 700 Menschen seien an der Grenze abgewiesen worden. In einem solchen Fall erfolge die Zurückweisung jedoch nicht aus vermeintlich „mysteriösen“ Gründen, sondern es gebe stets eine Erklärung, die auch schriftlich festgehalten werde.

Überwachung per Twitter, Youtube und Facebook

Dass soziale Netzwerke für Sicherheitsbehörden immer relevanter werden, zeigen auch die Pläne des Bundesamtes für Verfassungsschutz, das eine neue Referatsgruppe zur Überwachung einzelner Personen in sozialen Netzwerken wie Twitter, Facebook und Youtube aufbauen will. „Erweiterte Fachunterstützung Internet“ soll die neue Abteilung heißen, die künftig dabei helfen soll, Spuren einzelner Personen im Internet zu verfolgen, ihre Verbindungen offenzulegen und ihre Kommunikation mitzulesen. „Netzpolitik.org“ und Reporter von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ hatten darüber berichtet.

Menschen, die nach Amerika reisen wollen, empfiehlt ein Sprecher des US- Konsulats Frankfurt, ehrliche Angaben bei der Beantragung des Visums zu machen – aber genau das beansprucht Schneider ja für sich. Sie kann die Zurückweisung weiterhin nicht nachvollziehen, zumal sie bereits vor drei Jahren Verwandte in den USA besucht und keinerlei Probleme bei der Einreise gehabt habe. Sie ist auch enttäuscht über die Verhörmethoden, zumal sie nach US- Recht mit 19 Jahren noch minderjährig ist. Tatsächlich lässt das Protokoll auf ein unangenehmes Gespräch schließen, unter anderem musste sich Schneider persönliche Angaben machen wie zu möglichen Krankheiten, zur Einnahme von Medikamenten und ob sie schon einmal verhaftet wurde, alles mit dem Hinweis darauf, dass sie unter Eid aussagt.

Nach Rücksprache mit einem Anwalt will Schneider aber rechtlich nicht gegen die verweigerte Einreise vorgehen. Theoretisch könnte sie sich aber wieder ins Flugzeug setzen, ihr Visum ist weiterhin für ein Jahr gültig. „Darauf ist mir aber erstmal die Lust vergangen“, sagt die Abiturientin. Sie will die plötzlich freie Zeit mit einem Praktikum nutzen.

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