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Panorama: Verriet Oettinger Ermittlungsgeheimnisse?

Schwere Vorwürfe der SPD nach dem Mord an der Polizistin in Heilbronn – für das Stuttgarter Innenministerium sind sie „absurd“

Stuttgart - Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hat im Fall des Heilbronner Polizistinnenmordes nach Ansicht der Landes-SPD Ermittlungsdetails öffentlich gemacht, die die Polizei strikt geheim halten wollte. Oettinger hatte nach Angaben des parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Landtagsfraktion, Reinhold Gall, dem SWR am Donnerstag mitgeteilt, dass die Ermittler von mindestens zwei Tätern ausgingen, dass die Kugeln aus zwei verschiedenen Waffen stammten und dass es sich um einen kaltblütigen Racheakt gegen die Landespolizei handle.

Laut Gall habe die Landespolizei auf Nachfragen von Journalisten dann Oettingers Informationen notgedrungen zu einem Zeitpunkt bestätigen müssen, zu dem sie diese Details eigentlich der Öffentlichkeit noch vorenthalten wollte, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.

Das Stuttgarter Innenministerium wies die Vorwürfe zurück. Innenminister Heribert Rech habe Oettinger über den Stand der Ermittlungen informiert, sagte eine Sprecherin. Das sei „eine Selbstverständlichkeit“. Die der Öffentlichkeit mitgeteilten Erkenntnisse würden die polizeilichen Ermittlungen nicht beeinträchtigen. Die Vorwürfe der SPD seien absurd.

Oettinger hatte weiter gesagt: „Man muss entlang der Kaltblütigkeit von einem Racheakt ausgehen und möglicherweise von einer Tat, die mit dem Ort gar nichts zu tun hat, also nicht Raubmord, also nicht auf frischer Tat erwischt, sondern kaltblütig. Einen Schlag gegen die Landespolizei zu führen, war vielleicht das Ziel, und dies halte ich für sehr besorgniserregend, weil wer dies einmal macht, macht es vielleicht auch wieder.“

Die Ermittler fahnden nach mindestens zwei Tätern. Die Kugeln stammten aus zwei verschiedenen Waffen, teilte die Polizei mit. Die Ärzte kämpften am Donnerstag um das Leben des 24-jährigen Kollegen der Getöteten. Er liegt mit einer schweren Kopfwunde im Koma. „Sein Zustand ist weiter kritisch, aber inzwischen etwas stabiler“, sagte ein Polizeisprecher. Die beiden Beamten waren am Mittwoch bei einem Routineeinsatz auf dem Heilbronner Festgelände Theresienwiese, als Unbekannte sie mit Kopfschüssen niederstreckten. Die Polizisten gaben keinen Notruf ab, sie wurden nach Einschätzung der Ermittler überrascht. Die Sonderkommission „Parkplatz“ verfolgt eine erste konkrete Spur: Ein Zeuge hatte einen blutverschmierten Mann in der Nähe des Tatorts beobachtet. Der Unbekannte soll eine Radfahrerin beinahe umgerannt haben und auf den Rücksitz eines davonfahrenden Autos gestiegen sein. Die Polizei sucht nun nach der Radfahrerin, die als wichtige Zeugin gilt. Die Leiche der Polizistin aus Thüringen wurde am Donnerstag obduziert. Ergebnisse sollen am Freitag bekannt gegeben werden. Mit einem Trauergottesdienst wird am Freitagnachmittag der getöteten Frau gedacht.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) brachte ein schärferes Vorgehen bei Kontrollen ins Gespräch. Es sei möglich, dass Polizisten künftig häufiger mit gezogener Waffe auf Verdächtige zugingen und sie etwa vor einer Kontrolle zunächst nach Waffen durchsuchten, sagte der DPolG-Bundesvorsitzende Wolfgang Speck. Der Normalfall sei bisher, dass Beamte auffällige Bürger bei einer Kontrolle offen und relativ ungeschützt ansprechen.

Wegen der Todesschüsse ordnete Innenminister Rech Trauerflor an allen Streifenwagen im Land an. Seit 1945 seien 54 Polizeibeamte bei Gewalttaten ums Leben gekommen. Bundesweit waren es nach Gewerkschaftsangaben 388 Polizisten. Allein im Jahr 2006 hätten Straftäter im Südwesten 394 Polizisten verletzt, sagte Rech. Der Direktor der Bereitschaftspolizei Baden-Württemberg, Mürder, sagte, die getötete Polizistin stamme aus Thüringen. Sie habe seit anderthalb Jahren bei der Bereitschaftspolizei Böblingen gearbeitet. AFP/dpa/ddp

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