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Mit der Wahrheit Verwirrung stiften. Gustl Mollath.

© dpa

Verschwörungstheorien: Gustl Mollath: Der falsche Held

Gustl Mollaths Unterstützer verbreiten unglaubwürdige Verschwörungstheorien und falsche Behauptungen. Dadurch schaden sie ihrem fragwürdigen Helden. Und sie stiften Verwirrung, wenn es darum geht, Wahres und Unwahres zu unterscheiden.

„Wenn diese Strukturen einmal ganz aufgedeckt werden“, raunt der Mann am Telefon, „wenn aufgedeckt ist, wer da alles seine Finger im Spiel hat – dann wird das der größte Skandal der Bundesrepublik sein.“ Das sagt einer, der im Unterstützerkreis für den Psychiatrie-Insassen Gustl Mollath aktiv ist. Ein anderes Mitglied sei dabei, „die kompletten Hintergründe“ aufzuarbeiten. „Und der wird liefern, das verspreche ich Ihnen.“

Geliefert hat er bisher nichts. Viele Unterstützer verbreiten Verschwörungstheorien, setzen pauschal die deutsche Justiz und die Psychiatrie herab, stellen Behauptungen auf, die sie nicht belegen können. Sie erwecken den Eindruck, als müsse man an einen gemeingefährlichen, von Wahnvorstellungen beherrschten Zwangseingewiesenen mehr glauben als an die Justiz. Auf diese Weise schaden sie ihrem Helden. Vor allem aber wird es immer schwieriger, zu unterscheiden, was an der Kritik an der Justiz berechtigt ist und was nicht. Medien, die den Fall bisher wenig beachtet hatten, nehmen nun die fragwürdigen Einlassungen von Unterstützern zum Anlass, in den Fall einzusteigen.

Der ganze Fall ist für die Öffentlichkeit deshalb so elektrisierend, weil sich hier Wahnsinn und Wahrheit in einer Weise vermengen, in der alles durcheinandergerät. Um so wichtiger ist es, die Fakten festzuhalten. Gustl Mollath hatte der Hypo-Vereinsbank und seiner Frau, die dort arbeitete, Schwarzgeldgeschäfte vorgeworfen. Wegen Wahnvorstellungen sowie Gewalttätigkeiten gegen seine Frau und anderem wurde er zwangseingewiesen. Hinterher stellte sich heraus, dass seine Schwarzgeld-Vorwürfe richtig waren. Das ist dem Revisionsbericht der Hypo-Vereinsbank zu entnehmen.

Außerdem stellte sich heraus: Der Vorsitzende Richter in dem Verfahren von 2006 soll vorab die Finanzbehörden informiert haben, dass Mollath nicht zurechnungsfähig sei, weshalb seine Schwarzgeldvorwürfe von den Finanzbehörden nicht verfolgt wurden.

Diese Fakten führten dazu, dass auf Druck von Ministerpräsident Seehofer die Justizministerin die Staatsanwaltschaft anwies, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Falles zu stellen.

Diese Fakten müssen streng unterschieden werden von allem anderen, was Mollaths Unterstützer verbreiten. In welche Schieflage, in wie viel Polemik, Beleidigung und Verschwörungstheorie das Thema abgeglitten ist, zeigt die überbordende Diskussion in Internet-Foren. Was Zeitungen wie der Tagesspiegel weiterhin schützen – etwa den heutigen Namen von Mollaths Ex-Frau, ihre derzeitige Tätigkeit, die Namen der angegriffenen Psychiatrie-Gutachter oder des Vorsitzenden Richters in der umstrittenen Verhandlung 2006 – all das verbreitete sich im Internet innerhalb von Stunden und wird seither mit dementsprechender Häme kommentiert.

Viele kruden Theorien der Unterstützer werden verbreitet: etwa jene, dass Frau Mollath das ärztliche Attest, welches ihre Verletzungen nach dem Gewaltausbruch belegt, gefälscht haben könnte. Oder es wird spekuliert, um welche „allgemein bekannte Persönlichkeit“ es sich handeln könnte, die viel Geld in die Schweiz verfrachtet haben soll.

Fast scheint es so zu sein, dass es einem an Wahnvorstellungen leidenden Mann gelungen ist, die Wahrheit zu benutzen, um größtmöglichen Schaden und Verwirrung anzurichten.

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