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Einige Frauen trauen sich trotz Verbot ans Steuer.

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Update

Verstoß gegen das Fahrverbot: Frauen in Saudi-Arabien festgenommen

Eigentlich war für Samstag ein landesweiter Aktionstag gegen das Fahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien geplant: Doch die Initiatorinnen sagten den Protest wegen Drohungen der Behörden ab. Einige setzten sich aber trotzdem ans Steuer - und wurden festgenommen.

Die saudischen Behörden haben 14 Frauen festgenommen, die im islamischen Königreich verbotenerweise ein Fahrzeug gesteuert haben. Die Frauen waren am Samstag einem Aufruf der Kampagne „Women2Drive“ gefolgt, um gegen das in Saudi-Arabien geltende Fahrverbot für Frauen mobil zu machen. Demnach sollten sich möglichst viele Frauen demonstrativ ans Steuer setzen, um dem Verbot zu trotzen. Die Festnahmen erfolgten in Riad, Dschidda, Mekka und in der Ost-Provinz, berichtete die Zeitung „Al-Madina“ am Sonntag. In der Hauptstadt Riad mussten fünf Frauen aufs Polizeirevier, unter ihnen eine ägyptische Staatsbürgerin.

Zuvor hatten selbst die Organisatorinnen des Aktionstags davor gewarnt, dem Aufruf zum Autofahren zu folgen und so dem Druck der Behörden nachgegeben. „Aus Vorsicht und Respekt vor den Warnungen des Innenministeriums bitten wir die Frauen, sich heute nicht ans Steuer zu setzen“, sagte eine der Initiatorinnen der Aktion „Autofahren am 26. Oktober“ am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. Im Internet tauchten dennoch Videos von Frauen am Steuer eines Autos auf. Bereits in den vergangenen zwei Wochen hatten saudi-arabische Frauen in sozialen Netzwerken dutzende Videoaufnahmen und Fotos veröffentlicht, die sie beim Steuern eines Pkw zeigten.

"Kommt hervor Mädchen und macht mit!"

Auf den Filmen sind meist vollverschleierte Frauen zu sehen, wie sie am Steuer von Mittel- oder Oberklassewagen durch saudische Städte kreuzen. Eine besonders verwegene Autofahrerin hat nur ihr Haar mit einem Kopftuch bedeckt. Sie zeigt ihr Gesicht und gibt ihren Namen mit Mai al-Sawjan an. Auf einem anderen Clip begeistert sich der Ehemann der Autofahrerin auf dem Beifahrersitz für die Aktion und ruft in die Kamera: „Kommt hervor Mädchen und macht mit!“ Das Fahrverbot für Frauen ist in Saudi-Arabien inzwischen umstritten. Fast 20.000 Bürgerinnen und Bürger unterzeichneten die Petition der „Women2Drive“-Kampagne. Weibliche Abgeordnete des Schura-Rates - solche gibt es überhaupt erst seit Jahresbeginn - verlangten, die Aufhebung des Fahrverbots auf die Tagesordnung zu setzen. Der Schura-Rat ist ein rein beratendes Gremium, dessen Mitglieder von König Abdullah ernannt werden.

In einem Land mit unterentwickeltem öffentlichen Verkehr sind Frauen als Berufstätige ebenso wie als Mütter abhängig von Chauffeuren, die extra bezahlt werden müssen. Andere Gesetze engen sie noch mehr ein: ohne „Vormund“, das heißt Ehemann oder männlichen Blutsverwandten, dürfen sie keine Verträge unterschreiben, ja sich nicht einmal in der Öffentlichkeit zeigen.

Der Klerus sträubt sich gegen Veränderungen

Technische Veränderungen und wirtschaftliche Globalisierung ziehen auch Saudi-Arabien in ihren Sog. Die Auswirkungen auf den Lebensalltag treffen die Frauen besonders hart, weil sie unverändert in das Korsett der puritanischen religiösen Gesetze und Regeln gezwängt bleiben. Viele von ihnen haben inzwischen das Autofahren gelernt und den Führerschein in den benachbarten Golfstaaten erworben. Doch der mächtige ultrakonservative islamische Klerus sträubt sich gegen jede Veränderung. In jedem kleinsten Zugeständnis sieht er eine Bedrohung für die gottgewollte Herrschaft des Hauses Saud.

Dabei kommt es zu den absurdesten Argumentationsverrenkungen. So meinte ein Scheich Saleh bin Saad al-Luhaidan, seines Zeichens Berater des Psychologen-Verbands der Golfstaaten, dass das Autofahren schädlich für die Eierstöcke sei und vermehrt zu Geburten mit Missbildungen führen würde. Anhängerinnen der Kampagne gegen das Fahrverbot machten sich am Samstag im Internet besonders über diese Ansage lustig. „Ich fahre seit 6 Jahren Auto, habe seitdem 2 Kinder, und meinen Eierstöcken geht es bestens“, twitterte die Sympathisantin Sabiha Mahmud.

Drohungen und Reiseverbote

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte, dass an der Kampagne "Woman2Drive" beteiligte Frauen Drohungen erhalten hätten. Zudem seien Beteiligte mit willkürlichen Reiseverboten belegt worden. Demnach mussten einige Frauen und ihre Familien zusichern, nicht zu fahren. Amnesty kritisierte ferner, dass die Initiatorinnen des Aktionstags von staatlichen Medien öffentlich schlecht gemacht worden seien.

Am Donnerstag hatte ein Sprecher des Innenministeriums AFP gesagt, dass jegliche Verstöße gegen das Frauenfahrverbot ebenso geahndet werden würden wie eine Unterstützung des Protests.

(AFP/dpa)

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