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Panorama: Vogelgrippe – bald in Deutschland?

Experten beruhigen: Solange sie nicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist, bleibt die Gefahr gering

Von Adelheid Müller-Lissner

und Björn Rosen

Die WHO befürchtet, die Vogelgrippe könnte eine weltweite Epidemie mit Millionen Toten auslösen. Wo liegen Gefahren, wo nicht? Zwölf Fragen und Antworten:

Soll man in Deutschland noch Hühnerfleisch essen?

Bisher gibt es keine Berichte, dass in Deutschland oder der EU Tiere an Vogelgrippe erkrankt sind. Die WHO und die European Food Safety Authority bestätigen außerdem, dass es bisher keinerlei Anhaltspunkte für eine Übertragung durch Nahrung gibt. Die bisherigen Ansteckungen erfolgten nur durch lebendiges Geflügel. Viele Verbraucher fragen sich trotzdem, ob sie noch Hähnchen oder Eier essen dürfen. Sie können beruhigt sein. Selbst wenn es eine Übertragung durch Nahrung geben könnte: Über 60 Grad erhitztes Geflügelfleisch gilt als unbedenklich. „Braten und Kochen töten das Virus ab“, sagt Hartmut Hengel, Leiter des Fachgebiets Virale Infektionen beim Robert-Koch-Institut in Berlin.

Befinden sich auf Eierschalen aus Asien Viren?

Das ist unwahrscheinlich. Da alle Infektionen von Menschen bisher auf lebende Tiere zurückgehen, könnte auch die Schale der Eier infiziert sein, weil die erkrankten Tiere das Virus mit dem Kot ausscheiden. „Eines der ersten Krankheitszeichen bei Tieren ist jedoch das Versagen der Legetätigkeit“, versichert das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die kranken Tiere legen keine Eier mehr. Außerdem: Das Virus ist äußerst empfindlich. Eine Reise auf einer Eierschale von Asien nach Europa hätte das Virus nicht überleben. Die Gefahr durch Eier ist also äußerst gering.

Woran erkenne ich deutsches Geflügel?

„Geflügel war schon immer ein sensibles Thema“, sagt Olaf Lück, Produktmanager im Geflügel- und Eierreferat der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA). Er verweist auf das lückenlose Rückverfolgbarkeitssystem für deutsches Geflügel. Regina Kneiding, beim Berliner Senat zuständig für Verbraucherfragen, warnt vor „Panik, die absolut nicht angebracht ist“. Die Herkunft von Geflügelfleisch ist im Supermarkt oft gekennzeichnet. „Allerdings sind die Hersteller dazu nicht verpflichtet“, sagt Kneiding. Wenn es eine Kennzeichnung gibt, kann man an ihr ablesen, wo das Tier geboren, gemästet und geschlachtet wurde. Geflügelfleisch, das aus Deutschland stammt, ist mit „D-D-D“ ausgewiesen.

Woher kommt das Geflügel im Restaurant, beim Thailand-Imbiss oder beim Chicken-Döner?

„Geflügelverarbeitungsprodukte“ kommen möglicherweise aus ausländischer Produktion. Woher das Fleisch kommt, das in Imbissbuden und Restaurants verkauft wird, weiß der Kunde meist nicht. Seit 1. Januar ist der Import von Geflügel aus betroffenen Ländern in die EU verboten. Das Verbot dient laut Thomas Janning vom Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft dem Schutz des einheimischen Geflügelbestands vor Ansteckung.

Wieviel thailändisches Geflügel ist nach dem Verbot noch in Umlauf?

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz sieht darin keine Gefahr. Zum einen, weil der Verzehr nicht gefährlich ist. Zudem: „Asien spielt als Geflügellieferant eine eher unbedeutende Rolle. 500000 Tonnen Geflügelfleisch werden jedes Jahr nach Deutschland importiert. Thailand war vor dem Einfuhrverbot der mit Abstand größte asiatische Importeur, lieferte aber auch nur 38000 Tonnen pro Jahr“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums.

Kann deutsches Geflügel infiziert werden?

Auf hiesiges Geflügel könnte es nur übertragen werden, wenn lebende Tiere importiert würden oder wenn Zugvögel das Virus mitbringen und es hier weiterverbreiten. Beim Robert-Koch-Institut hält man dieses Szenario für eher unwahrscheinlich. Lebendes Geflügel wurde auch vor dem Importverbot nicht eingeführt.

Kann das Virus in totem Geflügel überleben?

Nein. Das Virus sei „nicht sehr stabil“ und könne Deutschland über den Transport von Produkten aus den betroffenen Ländern kaum erreichen, wenn es solche Transorte noch gäbe, sagte der Leiter des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg, Bernhard Fleischer, am Mittwoch.

Können Menschen die Krankheit nach Deutschland bringen?

Nur, wenn sie sich in Asien an lebendem Geflügel infiziert haben. Das ist eher unwahrscheinlich. Reisende sollten aber Bauernhöfe und Tiermärkte meiden.

Kann sich das Virus von Mensch zu Mensch verbreiten?

Bisher nicht. Für besonders besorgniserregend halten Experten aber die Möglichkeit, dass sich ein Mensch mit dem Virus des Subtyps H5N1 infizieren könnte, der sich außerdem mit gängigen Grippeviren angesteckt hat. Dann könnten sich die Gene beider Viren mischen und einen neuen Influenzavirus-Subtyp mit gefährlichen Eigenschaften kreieren. Erst dann könnten Reisende aus Asien die Krankheit mitbringen und damit andere Menschen anstecken. Und erst dann wäre das Szenario der WHO möglich, nach dem es Millionen von Todesopfern geben könnte.

Wie lange dauert die Inkubationszeit beim Menschen?

Das ist wegen der wenigen Fälle noch nicht bekannt. Bei Geflügel ist die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit kurz: ein bis drei Tage.

Warum sind jetzt in Asien vor allem Kinder erkrankt?

In den zehn betroffenen Ländern, in denen sich Menschen mit dem Virus infizierten, waren das fast nur Kinder. Das hat zwei Gründe: Erstens leben kleine Kinder „bodennah“, und wo Mensch und Tier auf engem Raum zusammenleben wie viele Familien in Asien, haben Kinder mit den Haustieren besonders engen Kontakt. Auch Wildvogel-Kot enthält Influenza-Viren in hoher Konzentration. Kinder fassen alles an, was auf dem Boden herumliegt, und sie atmen die Erreger ein, die sich auf kleinste Schmutzpartikelchen aufsetzen. Der zweite Grund dafür, dass Kinder besonders anfällig sind, liegt in der Unerfahrenheit ihres Abwehrsystems: „Die immunologischen Fähigkeiten von Kindern, die sich erst mit wenigen Erregern auseinander gesetzt haben, sind weniger ausgeprägt als die von Erwachsenen, denn deren zelluläres Immunsystem ist durch Kontakt mit früheren Influenza-Viren schon etwas auf die neuen Erreger vorbereitet“, sagt Hengel.

Sind die Tierkadaver eine Gefahr?

Auf jeden Fall müssen sich die Menschen schützen, die das Geflügel massenweise keulen. Außerdem muss vermieden werden, dass Wildvögel in Kontakt mit Kadavern oder Ausscheidungen infizierter Tiere kommen. Bilder aus Südostasien zeigten aber, dass die Tiere nur verscharrt werden. „Die Fernsehbilder lassen Zweifel an der Professionalität dieser Aktionen entstehen“, meint Hengel. Doch kann das Virus im Boden kaum überleben. Viren sind auf Wirte angewiesen, das Vogelgrippevirus ist auf Geflügel spezialisiert. Ein Überleben beispielsweise über Würmer ist äußerst unwahrscheinlich.

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