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Das Volksbegehren wurde von umfangreichen Demonstrationen begleitet.

© dpa/Sven Hoppe

Volksbegehren zur Artenvielfalt: Bayern will die Bienen retten

Rund 1,7 Millionen Menschen in Bayern forderten kürzlich per Volksbegehren mehr Naturschutz. Die Landesregierung will die Vorschläge nun unverändert umsetzen

Das Münchner Rathaus am Marienplatz soll in diesem Jahr nicht mehr wie bisher mit einem Meer aus roten Geranien verziert werden. Denn von Geranien haben Bienen nichts. Stattdessen erhält es, so hat es der Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) verkündet, ab Mai einen „bienenfreundlichen Schmuck“. Und fachkundig zählt die Stadtverwaltung auf, was alles dazu zählt – Mehlsalbei etwa, Schneeflockenblume oder Leberbalsam. Zudem wird die gesamte städtische Bepflanzung auf ihre Bienenfreundlichkeit hin überprüft und ausgewechselt.

Das Beispiel zeigt: Nachdem die Bayern im Winter das „Rettet-die-Bienen“- Volksbegehren zu einem einzigartigen Erfolg gemacht haben, sind sie nun im Bienen-Frühling angekommen. Auch in vielen anderen bayerischen Orten sind neue Initiativen entstanden, die sich um mehr Artenschutz kümmern. Das Thema hat die Gesellschaft erreicht. Ebenso wie die Politik, denn jetzt soll es ganz schnell gehen mit dem Volksbegehren: Die Regierungskoalition aus CSU und Freien Wählern (FW) hat am Mittwoch beschlossen, die Forderungen unverändert als Gesetz zu übernehmen. In Kürze wird es der Landtag beschließen.

„Wir werden den Wunsch der Menschen annehmen“, sagte Ministerpräsident Markus Söder. Zudem sollen in weiteren Gesetzen das Volksbegehren für die Praxis präzisiert und noch mehr Vorhaben für den Artenschutz und für die Landwirte festgelegt werden. Dazu zählen laut Söder etwa Blühstreifen an den Straßen, die bessere Vermarktung von biologischen und regionalen Lebensmitteln sowie die Reduzierung des Flächenverbrauchs.

30 Prozent Bio-Landwirtschaft

Der Gesetzestext des Volksbegehrens sieht unter anderem vor, den Anteil von Bio-Landwirtschaft schrittweise auf 20 und dann 30 Prozent zu erhöhen, Blühstreifen an Gewässern anzulegen und die Bauern zu verpflichten, mehr Blühwiesen zu gestalten. 1,75 Millionen Bürger hatten sich in der zweiwöchigen Frist Ende Januar/Anfang Februar in die Listen an den Rathäusern eingetragen. Zehn Prozent der bayerischen Wahlberechtigten waren für einen Erfolg nötig. Am Ende waren es 18,3 Prozent der Bayern, die sich hinter die Bienen stellten.

Wie nun auf die Forderungen eingegangen werden soll, lobt Söder als „großes Versöhnungspaket für den Artenschutz und die Landwirtschaft“. Für diese Art von Vorgehen ist der CSU-Politiker bekannt: Wenn er merkt, dass ein Thema unausweichlich ist, stellt er sich an die Spitze der Bewegung. Damit ist ein Volksentscheid, also die Abstimmung aller Bürger, über das Vorhaben abgewendet. Ein solcher wäre mit Sicherheit ein großer Erfolg für das Volksbegehren geworden, der CSU und den FW hätte er eine herbe Niederlage bereitet, wenn sie sich dagegen gestellt hätten.

Vor allem von Seiten der Landwirte hat es bisher Kritik an dem Volksbegehren gegeben. Sie befürchteten, mehr Vorgaben auferlegt zu bekommen, dafür aber weniger Geld zu erhalten. Ein Sterben des Bauernberufs war vorhergesagt worden, mit Plakaten hatte sich der Bayerische Bauernverband gegen das Volksbegehren gestellt.

Vorreiter in Europa

In den letzten Tagen kam es aber zu einem Umdenken. Bei dem von Söder initiierten „Runden Tisch“ zum Volksbegehren zeigte sich deutlich, dass die Initiatoren einen starken Stand haben und nicht gewillt sind, über den Text des Gesetzentwurfs noch zu diskutieren. Zugleich war den Landwirten immer wieder versichert worden, dass sie nicht darunter leiden sollten, wenn das Gesetz zum Artenschutz umgesetzt wird.

So veröffentlichte der Bauernverband am Dienstag ein Positionspapier, das zeigt, dass er den Widerstand gegen das Volksbegehren aufgegeben hat. Artenschutz wird darin als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ bezeichnet. Auf sieben Seiten finden sich konkrete Vorschläge, was noch getan werden kann, um Bienen und andere Insekten zu retten.

Der Bauernverband spricht von einem „Gesellschaftsvertrag für Artenvielfalt und Landwirtschaft in Bayern“. Er regt etwa „Blühpatenschaften“ an, schlägt insektenfreundliche Gärten für Kitas und Schulen vor oder verlangt ein neues Schulfach „Alltagskompetenz“, welches Wissen über Ernährung, Landwirtschaft und Naturschutz vermitteln soll.

Initiiert worden war das Volksbegehren von der kleinen Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP), als Sprecher fungierten auch ein Vertreter den Bundes Naturschutz sowie Ludwig Hartmann, Fraktionsvorsitzender der Landtags-Grünen. Nach der Annahme durch die Staatsregierung spricht Hartmann nun von einem „Meilenstein für den Naturschutz“. Bayern bekomme damit eines der besten Artenschutzgesetze Europas. Das Bündnis für das Volksbegehren meint, die Bürger hätten „Naturgeschichte“ geschrieben.

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