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Weitgereist. Annette Kögel bereiste Inseln, die in 90 Jahren vom Wasser verschluckt sein werden.

© Heinrich

Panorama: Vor dem Untergang

Klimawandel von Nahem: Tagesspiegel-Redakteurin Annette Kögel berichtet über versinkende Inseln und diskutiert mit Experten.

„Da hinten“, sagt James Dunn und zeigt aufs Meer, „bin ich aufgewachsen. Da war unser Haus, da war unser Garten.“ Jetzt ist dort nichts mehr, nur das dunkle weite Meer. Es hat die Kindheit von James Dunn verschluckt und es wird noch mehr verschlucken. 80, 90 Jahre braucht das Wasser noch, dann ist das Zuhause von Menschen wie Dunn, sind flache Inseln im Südpazifik weg.

Tagesspiegel-Redakteurin Annette Kögel ist um die halbe Welt gereist, um James Dunn zu treffen. Sie hat genau das gesucht: einen Menschen, der vom Klimawandel elementar betroffen ist, einen Ort, an dem die Veränderungen so deutlich sichtbar werden, dass niemand mehr die Augen davor verschließen kann. Und sie fand diesen Ort auf den Fidschi-Inseln, im südwestlichen Pazifik, etwa 2000 Kilometer nördlich von Neuseeland. Der Inselstaat besteht aus über 300 einzelnen Inseln – man darf wetten, wie viele davon für unsere Enkel noch sichtbar sein werden. Die anderen werden mitsamt den Überresten menschlicher Besiedlung im Wasser versinken.

„Das ist, wie wenn man eine Seltersflasche im Auto liegen lässt“, erklärt Annette Kögel. „Wenn Wasser warm wird, dehnt es sich aus.“ Die Erde erwärmt sich vor allem infolge des Ausstoßes von Treibhausgasen, der Meerespegel steigt, laut Weltklimarat wohl um rund einen Meter in den nächsten 90 Jahren. Andere Experten sagen, es wird weit mehr. Damit sind flache Inseln wie einige der Fidschi-Inseln, die Malediven oder die Marschall-Inseln ebenso gefährdet wie Küstenländer, etwa Bangladesch. Um sie zu retten, müsste der CO2-Ausstoß Experten zufolge weltweit radikal gesenkt werden, doch er steigt.

Für Annette Kögel ist es eine schreckliche Vorstellung, dass die Inseln wohl verschwinden werden. Sie ist privat wie beruflich an der Natur interessiert: Sie ist Windsurferin und Snowboarderin, für den Tagesspiegel gestaltet sie seit Jahren eine Freizeitseite, und auch die Seite „Wer hilft wem“. Nach Naturkatastrophen wie dem Tsunami organisiert sie mit „Menschen helfen!“ Spendenaktionen und berichtet als Berlin-Redakteurin auch über Wetter und Zoo.

Bereits 1995 nahm sie sich ein ganzes Jahr frei und reiste um den Globus. „Damals ging es mir darum, die Welt kennenzulernen und etwas zu erleben“. Als sie sich vor zwei Jahren erneut für drei Monate freistellen ließ, hatte sie eine Absicht darüber hinaus: Sie wollte den Klimawandel von Nahem erleben und darüber schreiben. „Ich will helfen, diese einzigartige Welt zu erhalten. Wir Journalisten sind noch am ehesten dazu in der Lage, bei den Menschen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie gefährlich Erderwärmung und Anstieg des Meeresspiegels sind.“ Die Bewohner der Fidschi-Inseln bereiten sich auf die Veränderungen vor. Annette Kögel besuchte etwa ein Labor, in dem vor allem hitze- und salzwasserresistente Pflanzen gezüchtet werden – darunter auch jene alte Bananenart, die auf den Bildern Gauguins zu sehen ist. Weniger wissenschaftlich orientierte Fidschianer betrachten den Anstieg des Meerespegels als eine Strafe Gottes für die Schlechtigkeit der Menschen. „Wir können nur beten“, sagt auch James Dunn, der irischstämmige Fidschianer, durch dessen Elternhaus jetzt Fische schwimmen. „Wie sollen wir das Wasser aufhalten?“

Auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und des Tagesspiegels berichtet Annette Kögel von ihrer Reise, zeigt Fotos und diskutiert anschließend mit Christiane Ratjen-Damerau, entwicklungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, und Reinhard F.J. Hüttl, Professor am Potsdamer Geoforschungszentrum, über die Auswirkungen und Folgen des weltweiten Klimawandels – und darüber, was die Politik, die Gesellschaft und jeder Einzelne dagegen tun kann.

Annette Kögel, 48, zeigt Reisebilder und

diskutiert mit Experten über Klimawandel. 20. März, 19 Uhr, Askanischer Platz 3. Eintritt frei. Anmelden bitte per Mail: anmeldung.berlin@freiheit.org Foto: Heinrich

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