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Alles verloren. Asimina Psaltira blickt verzweifelt auf das, was von ihrer Habe übrig blieb. Für viele kam das Feuer in der Nacht viel zu schnell, um etwas zu retten.

© Christoph Soeder, dpa

Waldbrände nahe Athen: Mehr als 70 Menschen sterben bei Bränden in Griechenland

Die zahlreichen Feuer in der Nähe von Athen sind noch immer nicht unter Kontrolle. Allein am Montag zählte die Feuerwehr 47 Brände.

Zwei Canadair-Maschinen fliegen ein ums andere Mal im Tiefflug über den Strand, tauchen ins Meer und füllen ihren Laderaum mit Wasser. Es ist noch lange nicht durchgestanden. Es brennt auf dem Kallitechnoupoli, diesem Berg und dem gleichnamigen Städtchen östlich von Athen. Unten auf der breiten Autostraße, die von Marathon nach Athen führt stehen Tanklastzüge mit Wasser. Flammen schlagen hier und da aus verkohlten Baumstämmen. Doch der Brand, den die Löschflugzeuge einzudämmen versuchen, wütet zäh landeinwärts in den Pinienwäldern. Es ist Griechenlands schlimmste Feuerkatastrophe seit mehr als zehn Jahren.

„Es ging alles so schnell. Niemand hat das erwartet“, erzählt eine junge Frau. Myrto Nikolokopoulou war Montagmittag aus Athen gekommen. Die 20-jährige Griechin jobbt in einem Strandcafé in Souberi, einem Stadtteil von Nea Makri. Es ist Hochsaison. Doch nun drehen nur die Löschflugzeuge ihre Kreise über den leeren Strand. Myrto war die halbe Nacht auf. Ihre Wohnung liegt nur unweit des Katastrophenorts.

Ein ganzes Dorf ausgelöscht

Am Montag um vier Uhr nachmittags war der Brand auf dem Berg Kallitechnoupoli ausgebrochen. Eine Feuerwalze raste hinunter zum Meer. Sie traf den Ferienort Mati, einen anderen Stadtteil von Nea Makri. Um sechs Uhr, zwei Stunden später, gab es Mati nicht mehr. Am Dienstagmorgen finden die Einsatzkräfte die Leichen: Eltern, die ihre Kinder umklammern. Jugendliche, die sich im Tod aneinander festhielten. Eine Gruppe von 26 Menschen lag auf einem Feld, nur 15 Meter weit vom Wasser. Sie hatten versucht, eine Fluchtgasse zu finden, „aber sie haben es nicht geschafft“, sagte der Leiter des Roten Kreuzes in Griechenland, Nikos Economopoulos, im Fernsehen.

Panik brach aus, als die Menschen aus Mati flüchten wollten. Autos verkeilten sich auf dem Weg hoch zur Hauptstraße von Marathon. Viele retteten sich zum Strand. Sie warteten in dicken Rauchschwaden im seichten Wasser, bis die griechische Marine kam. Auch Privatleute mit ihren Booten waren zur Stelle. Rund 700 Menschen konnten auf diese Weise der Feuerhölle entkommen.

Fürchterliche Bilder

47 Brände zählte die griechische Feuerwehr am Montag. Drei Großfeuer brachen nacheinander außerhalb von Athen aus. Das erste im Westen, 45 Kilometer entfernt von der griechischen Hauptstadt auf dem Weg nach Korinth. Laut offiziellen Angaben sind mindestens 74 Menschen getötet worden.

Die Hitzewelle der vergangenen Tage mit Temperaturen bis zu 40 Grad und die starken Winde trieben das Feuer rasch über den Ferienort Kineta. Ein anderer großer Brand brach in den Wäldern nordöstlich von Athen um die Stadt Oropos aus. Doch es ist das Feuer an der dicht besiedelten Küste am Petalischen Golf, von den Städten Rafina, Nea Makri bis Marathon, das am fürchterlichsten wird. Für die katastrophenerprobten Einsatzkräfte der griechischen Feuerwehr ist all dies zu viel und zu schnell auf einmal.

150 Kinder in einem Feriencamp brachte die griechische Marine am Montagabend ans Ufer. Auch sie entrinnen dem Feuersturm in Mati. „Wir hatten Glück“, sagt Achilleas Evangeliou, ein junger Fußballtrainer, der in dem Strandcafé Café arbeitet. „Um 18 Uhr hat es plötzlich geregnet, 20 Minuten lang, und der Wind war weg.“ Aghia Andreas und Souberi, die beiden nächstgelegenen Feriensiedlungen von Mati werden von dem Feuer verschont. Ein Freund schickt Achilleas ein fürchterliches Video aus Mati, verwackelte Bilder von einem Skelett in den Ruinen eines Hauses. Es ist die Leiche eines Opfers der Katastophe, bis auf die Knochen verbrannt.

Die Polizei riegelte am Dienstag Teile von Mati ab. Anwohner und Urlauber wurden in Hotelanlagen in Nea Makri untergebracht. Kaum zwei Kilometer breit ist der Korridor, den sich das Feuer vom Berg bis hinunter zum Meer gebahnt hatte. Die griechische Regierung erklärt drei Tage Staatstrauer. Nikos Toskas, Minister für Bürgerschutz, äußerte den Verdacht, dass Brandstiftung eine Ursache für die gleichzeitig ausgebrochenen Großfeuer sein könnte.

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