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Panorama: Warum ging die Feier weiter?

Schuldzuweisungen nach dem Brückeneinsturz bei den jüdischen WeltfestspielenVON CHARLES A.LANDSMANN TEL AVIV.

Schuldzuweisungen nach dem Brückeneinsturz bei den jüdischen WeltfestspielenVON CHARLES A.LANDSMANN TEL AVIV.Schuldzuweisung und Schadensbegrenzung - dies waren die einzigen Disziplinen des ersten Tages der 15.Maccabiah, der jüdischen Weltspiele in Israel.Die sportlichen Wettbewerbe wurden zum Zeichen der Trauer verschoben, nachdem sich am Vorabend, wie berichtet, unmittelbar vor Beginn der Eröffnungszeremonie eine Katastrophe ereignet hatte: Eine provisorische Röhren- und Holzbrücke brach zusammen und riß einen Großteil der australischen Delegation mit sich ins flache, aber verschmutzte Wasser des Yarkon-Flusses.Die Schreckensbilanz: zwei Tote, sieben Schwerverletzte und 60 leicht Verwundete. Die Maccabiade zeichnet sich von jeher nicht durch sportliche Höchstleistungen aus, sondern hat sich als Treffpunkt junger jüdischer Sportler aus aller Welt etabliert.Sie bietet Israel eine einmalige Gelegenheit, mit einer großartigen Eröffnungsshow die jüdische Jugend in der Diaspora und die sportlichen Nostalgiker zu Hause zu beeindrucken.Doch diesmal - als erstmals in der Öffentlichkeit laut über den Sinn der Fortsetzung der Maccabiah-Spiele nachgedacht wurde - ereignete sich die Katastrophe. Das israelische Nationalstadion im Tel Aviver Vorort Ramat Gan liegt unmittelbar am Yarkon-Fluss, einem der wichtigsten Trinkwasser-Lieferanten des Landes, der deshalb im Sommer sehr wasserarm ist.Die Delegationen aus den 54 Teilnehmerstaaten hatten sich zum feierlichen Einmarsch ins Stadion anläßlich der Eröffnungszeremonie versammelt.Das 373-köpfige Team aus Australien wartete - gemäß dem hebräischen Alphabet - an der Spitze.Als die Australier vorrückten - ihre Fußballmannschaft war exakt auf der Brückenmitte - knickte die provisorische Konstruktion an zwei Stellen ein. Die 45000 im Stadion wurden über den genauen Umfang des Unglückes im Unklaren gelassen - die Organisatoren beschlossen, die Eröffnungszeremonie, ohne Einmarsch der Delegationen, gekürzt abzuhalten.Im nachhinein behaupten sie, dies sei mit Zustimmung der anwesenden Ehrengäste, Staatspräsident Eser Weizman und Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, geschehen, doch diese bestreiten dies heftig. Das israelische Fernsehen, live dabei, führte die scharfen Attacken gegen die Organisatoren an: Die Show hätte abgesagt werden müssen.Daß die TV-Gewaltigen selbst dies hätten bewirken können, wenn sie ihrerseits die Direktübertragung derselben annulliert hätten, verschweigen sie. "The games must go on" - dieser Spruch des damaligen IOC-Gewaltigen Brundage nach dem von palästinensischen Terroristen unter den israelischen Sportler verursachten Blutbad bei den Olympischen Spielen 1972 in München gilt auch für die Maccabiah.Staatspräsident Weizman persönlich überzeugte gar die Australier, dazubleiben und an den Sportwettbewerben teilzunehmen. Verschärft wird die Auseinandersetzung durch Informationen, nach denen Polizisten zwei Stunden vor dem Unglück auf die Schwäche der Brücke hingewiesen hatten. Eine schwerverletzte Australierin erlag in der Nacht ihren Verwundungen - das zweite Todesopfer nach einem Sportler, der bereits an der Unglücksstelle starb.In den Krankenhäusern kämpfte am Tage danach ein Mädchen ums Leben.Die meisten anderen der insgesamt sieben Schwerverletzten litten weniger an Brüchen und inneren Verletzungen, sondern laut Avi Asner, Vizedirektor des Ichilov-Krankenhauses vor allem an Vergiftungen und Entzündungen, hervorgerufen durch "das überaus dreckige Yarkon-Wasser."

CHARLES A.LANDSMANN

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