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Weihnachtsbräuche: Santa in der Badehose

Der türkische Kulturminister will dem Nikolaus ein neues Image verpassen. Der Weihnachtsmann soll aussehen wie ein Südländer.

Wie sieht er aus, der Nikolaus? Über diese Frage will die türkische Regierung jetzt auf internationaler Ebene diskutieren. Untragbar sei es, dass die westlichen Medien den Heiligen aus dem südtürkischen Patara stets als Nordlicht im roten Kapuzenmantel darstellen, beschwert sich der türkische Kulturminister Ertugrul Günay neuerdings bei jeder Gelegenheit. Schließlich sei der Nikolaus in Wahrheit am Mittelmeer zu Hause gewesen. „Der wäre ja verrückt gewesen, wenn er da im Pelzmantel rumgelaufen wäre.“ Der Minister hat sich vorgenommen, das Image des Weihnachtmannes in der Welt zu revolutionieren. „Wir werden das Bild korrigieren“, kündigte er an.

Wie das neue Image des Nikolaus aussehen soll, darüber hat der Kulturminister schon genaue Vorstellungen – doch die gefallen auch in der Türkei nicht jedem. Die türkische Mittelmeerküste steht im Mittelpunkt der Überlegungen von Günay, der zugleich Tourismusminister ist. In Patara wie auch in Demre, wo Nikolaus im vierten Jahrhundert als Bischof wirkte, könne man im Dezember noch im Meer baden, sagt er – das solle man dem Nikolaus auch ansehen können. Ein „südländischer“ Weihnachtsmann schwebt dem Minister vor, der „statt Rentiere zu reiten auch mal Surfen geht“. Im Leinenhemd und mit hochgekrempelten Hosenbeinen sieht Günay den Nikolaus am Strand stehen, mit einen paar frisch gefangenen Fischen in der Hand und fröhlichen Kindern an der Seite. Auch in Shorts oder Badehosen kann er sich den Weihnachtsmann vorstellen, eventuell auch als Fischer oder im Gewand eines Derwisches – eines islamischen Sufi-Mönches. In seinem Ministerium werde bereits an einer bildlichen Darstellung des neuen Nikolaus gearbeitet, die sich auf diese Ideen stütze. Das neue Logo des Nikolaus soll künftig in der türkischen Tourismuswerbung eingesetzt werden.

Ob das eine gute Idee ist, wird von manchen bezweifelt. „Hier geht es um einen Heiligen, den heiligen Sankt Nikolaus“, sagt Muammer Karabulut, der Vorsitzende eines friedenspolitisch aktiven Nikolaus-Vereins. „Man stelle sich vor, jemand wollte Ali in kurze Hosen stecken.“ Ali ist der in der islamischen Welt heilige Schwiegersohn des Propheten Mohammed. Der türkische Kulturminister sieht das anders: Für Günay ist es die westliche Welt, die den Nikolaus entführt hat. Damit meint er nicht so sehr die italienischen Piraten, die im elften Jahrhundert die Gebeine des Heiligen aus Demre raubten und nach Bari schafften, als vielmehr den Getränkekonzern Coca-Cola und den Kapitalismus. „Nikolaus gilt sowohl den orthodoxen als auch den katholischen Christen als bedeutender Heiliger“, sagt der Minister. „Aber sein heutiges Image hat Coca-Cola erfunden.“ Weil es in Amerika so kalt sei, habe der Softdrink-Hersteller dem Heiligen sein Schnee-Outfit und die Rentiere verpasst.

Die Christen fragte in dieser Debatte zwar niemand, doch schaltete sich der oberste Hirte der orthodoxen Christenheit ein. „Sankt Nikolaus ist uns heilig“, sagt Bartholomäus I., Patriarch von Konstantinopel und spirituelles Oberhaupt der orthodoxen Christenheit. „Es ist nicht richtig, seine Person und seine Geschichte für touristische Zwecke zu verbiegen.“ Angesichts der Tatsache, dass die Nikolaus-Kirche in Demre schon jetzt eine der meistbesuchten Touristenattraktionen der Türkei ist, wird das wohl ein frommer Wunsch bleiben. Passend zum Ausbau des Golftourismus an der türkischen Mittelmeerküste wollen türkische „Forscher“ nun entdeckt haben, dass schon der Nikolaus dort Golf spielte seinerzeit – und zwar mit Orangen.

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