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Es gibt sie lang und dünn oder kurz und dick: Nudeln sind nicht nur das Lieblingsessen vieler Deutscher.

© Getty Images/iStockphoto

Weltpastatag: Eine Kulturgeschichte der Nudel

Ob geriffelt, ob dünn oder schmal - die Nudel ist weltweit ein Erfolg. An diesem Mittwoch wird sie besonders gefeiert: beim Weltpastatag.

Die Völker der Welt schauen auf diese Speise – und essen täglich unzählige Tonnen davon. Die Nudel, jene historisch seit Jahrtausenden verbriefte einfache Verbindung von Mehl und Wasser, ist vermutlich auch heute noch das populärste Basisgericht überhaupt und in nahezu sämtliche Kulturen der Erde vorgedrungen. Damit hat sie sich einen Gedenktag verdient: Immer am 25.Oktober, also wieder am heutigen Mittwoch, ist Weltnudeltag. Der „World Pasta Day“ wurde 1995 von 40 weltweit tätigen Herstellern ausgerufen.

Wobei „Pasta“ zwar die englische Allerweltsvokabel für Nudeln ist, aber von der Wortherkunft nach Italien führt, in jenes Land also, dessen kulinarische Patrioten einst den unerhörten Anspruch der Chinesen auf Erfindung der Teigwaren empört zurückwiesen. In diese Debatte ist Ruhe eingekehrt, man hat sich damit abgefunden, dass die Erfindung wohl unabhängig voneinander da und dort stattfand, auch wenn Archäologen 2010 am Gelben Fluss in China 4000 Jahre alte Nudeln entdeckt haben, was in Europa schwer zu schlagen ist. Auch die Saga von Marco Polo, der sie nach Europa gebracht habe, ist längst zerstört, weil Funde in Griechenland und Italien bis auf die Zeit von Christi Geburt zurückdatiert wurden. Und die Idee, dass man frische Nudeln zur Haltbarmachung trocknen könne, geht angeblich sogar auf die Ägypter zurück.

Maultaschen und Spätzle sind deutsche Sonderformen

Die Deutschen haben seltsamerweise wenig zu dieser Entwicklung beigetragen, wenn wir von regionalen Sonderformen wie Maultaschen und Spätzle einmal absehen. Dass eine Mehrheit unserer Landsleute heute Nudeln mit Tomatensoße als Lieblingsgericht nennt, war nicht absehbar, als die Urlauber der Wirtschaftswunderzeit am Strand von Rimini mit den Feinheiten der Pasta Asciutta vertraut gemacht wurden, also den gekochten und mit Soße vermischten Nudeln.

„Miracoli“ war eines der ersten Halbfertiggerichte, die das Thema weltweit in die Supermärkte brachten, Spaghetti mit einer Tomaten-Würzmischung und geriebenem Parmesan – heute mit Fleisch als „Spaghetti Bolognese“ weltumspannend verbreitet. Für konservative Italiener, die das Bologneser Ragù nur mit den breiten Tagliatelle gelten lassen, ist das ein Stilbruch, ebenso wie das im angelsächsischen Küchenraum unfassbar populäre Gericht „Mac and Cheese“, mit Käse überbackene Makkaroni. Typisch deutsch wiederum: Die Grundüberlegung, dass Nudeln nicht zu Matsch gekocht werden sollten, sondern „al dente“ mit Biss, wird längst bei uns mit mehr Starrsinn verfochten als in Italien selbst. Und mit Ei oder ohne? Noch einmal eine Welt für sich.

Wer über Nudeln spricht, der landet also unweigerlich in Italien, in jenem Land, dessen Köche (und Köchinnen wohl vor allem) aus der Nudel einen ganzen Formenkatalog entwickelt haben, der heute auch bei uns jeden besseren Supermarkt erreicht hat. Spaghetti und Tagliatelle, Trofie, Linguine und Maccheroncini... Grundregel: Nudeln mit „ini“ oder „ine“ hinten sind dünn, mit „on“ dick. Heißen sie „...ette“, sind sie schmal, bei „elle“ breit; , „rigate“ sind geriffelt.

Kein italienischer Koch würde auf Nudeln in seinem Menü verzichten

Auf ihre Maschinen, die diesen Kosmos erschließen und aus Oberitalien in alle Welt gehen, sind die Italiener so stolz wie die Deutschen auf ihre Computer-Drehbänke. Und kein italienischer Koch mit Selbstachtung würde auf Nudeln in seinem Menü verzichten. Das verstand selbst der Deutsche Heinz Beck, Drei-Sterne-Chef in Rom, dessen flüssig gefüllte Fagotelli Carbonara als Goldstandard der Branche gelten. Und auch Massimo Bottura aus Modena, der gegenwärtig als bester italienischer Koch der Welt gilt, unterbricht das Avantgardegewitter des Menüs gelassen für klassische Tortellini mit Fleischfüllung in Parmesanrahm.

Asiatische Glasnudeln bestehen nur aus Stärke

Allerdings sind auch diese beiden Superstars nicht in der Lage, dünne Nudeln mit der Souveränität eines chinesischen Kochs nur per Hand zu ziehen. Diese Kunst entstammt dem asiatischen Raum, wo die Formen einfach geblieben sind und die Zubereitungen traditionell: Bratnudeln, japanische Nudelsuppen. Die ebenfalls asiatischen Glasnudeln sind ein Sonderfall, denn sie bestehen nur aus Stärke, für Italiener undenkbar.

War da noch was? Loriot natürlich. 1977 hat er der Nudel, im Sketch auf seiner Oberlippe klebend, einen Altar errichtet: „Sagen Sie jetzt nichts, Fräulein Hildegard.“ Dieses Bild der Nudel haben wir ganz für uns allein.

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