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Werberat: Heftige Proteste gegen frauenfeindliche Werbung

Wegen Frauenfeindlichkeit und Diskriminierung in der Werbung hat es im vergangenen Jahr beim Deutschen Werberat massive Beschwerden gegeben.

Berlin - Allein knapp 500 der rund 1.100 Proteste hätten sich gegen die Eigenanzeige einer Programmzeitschrift gerichtet, auf der eine Afrikanerin in Traditionskleidung und einer so genannten Lippenplatte auf dem Schoß eines hellhäutigen Geschäftsmannes zu sehen war, teilte der Werberat in Berlin mit.

Durch diese Form der Darstellung würden Schwarze als Leibeigene diskriminiert, hieß es in den Kritiken. Angesichts der Vorwürfe habe der Zeitschriftenverlag die Anzeige zurückgezogen. Auf diese Anzeige hätten sich allein 490 der 1 116 Proteste bezogen. Auch die beiden vom Werberat ausgesprochenen Rügen betrafen die Darstellung von Frauen.

Frauen als Objekte

Ein Rendsburger Funknetzanbieter habe mit dem nackten Oberkörper einer Frau und dem Text geworben: "Lust auf 'ne billige Nummer? Kannst auch deine alte mitbringen". Die zweite Rüge richtete sich gegen eine Autoglasfirma aus Bornheim. Auf dem Transporter des Unternehmens zeigte ein Pfeil auf das Gesäß einer Frau mit den Sprüchen: "Steinschlagreparatur" und "Solche Flecken auf Ihrer Windschutzscheibe reparieren wir kostenlos".

In beiden Fälle seien die Frauen als Objekte dargestellt und gedemütigt worden, sagte der Werberatsvorsitzende Jürgen Schrader, der nach 14 Jahren im Mai von seinem Amt abtritt. Frauendiskriminierung trete vor allem dann auf, wenn der Körper oder Teile des Körpers ohne Zusammenhang mit der beworbenen Ware oder Dienstleistung gezeigt würden. Dagegen sei es etwa in der Werbung für Dessous unausweichlich, knapp angezogene Frauen zu präsentieren.

Selbstregulierung durch Europäische Kommission in Gefahr?

Als nicht diskriminierend stufte der Werberat den ZDF-Spruch "Mit dem Zweiten sieht man besser" ein, bei dem sich Prominente mit einer Hand ein Auge zuhalten. Dem Vorwurf, damit würden sehbehinderte Menschen diskriminiert, folgte der Werberat nicht. Für Diskussionen sorgte der Musiksender MTV, der für die Serie "Popetown" mit dem Satz "Lachen statt rumhängen" und einem Bild von Jesus Christus vor einem leeren Kreuz mit der Fernbedienung geworben hatte. Nach einem Tadel des Werberats zog MTV die Anzeige zurück.

Kritisch äußerte sich der Werberat zu EU-Plänen für eine weitgehende Regulierung der Werbung. Die Europäische Kommission versuche die in der Bundesrepublik verankerte Selbstregulierung der Werbeindustrie durch Beschränkungen unter anderem für alkoholische Getränke, Autos und Lebensmittel auszuhebeln.

Von 229 (2005: 258) beanstandeten Anzeigen, Spots und Plakaten sprach der Werberat 166 (188) von Kritik frei. 59 (61) Firmen stellten die kritisierte Werbung ein, 2 (6) änderten die Anzeigen und weitere 2 (3) erhielten jeweils eine öffentliche Rüge. Der 1972 gegründete Werberat wird von den 42 Verbänden der Werbewirtschaft getragen. Im Internet ist er unter der Adresse wwww.werberat.de zu finden. (tso/dpa)

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