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Sie können leider nicht immer zusammen sein: Das palästinensische Paar Raschid Fadda und Dalia Schurab. Dalia lebt im Gazastreifen und ihr Verlobter Raschid im nördlichen Westjordanland.

© dpa

Westjordanland: Palästinensisches Paar durch Israel getrennt

Sie sind beide Palästinenser - doch zusammen sein können Raschid und Dalia nicht. Israel erlaubt Dalia nicht, zu ihrem Mann ins Westjordanland zu ziehen.

Raschid Fadda und seine Auserwählte leben nur eine gute Autostunde voneinander entfernt. 130 Kilometer Luftlinie trennen die Liebenden. Trotzdem reiste Fadda zwei Tage, um seiner zukünftigen Ehefrau einen Antrag zu machen. Eine Busfahrt war dafür nötig, dann ein Flug, anschließend eine Taxifahrt durch die Wüste. Zwei Tage für eine Entfernung kürzer als die Strecke zwischen Frankfurt am Main und Köln. Denn Raschid Fadda und Dalia Schurab trennen nicht nur Kilometer, sondern ein ganzes Land und ein politischer Konflikt. Fadda, 35 Jahre alt, stammt aus Nablus im Westjordanland, die 32-jährige Schurab lebt in Chan Junis im Gazastreifen. Zwischen den beiden Palästinensergebieten liegt Israel, das sie nicht passieren dürfen.

Um Schurab um ihre Hand zu bitten, musste Fadda Israel umfahren: über Jordanien und Ägypten, die Sinai-Halbinsel und den Grenzübergang Rafah. In Chan Junis angekommen, bat er Dalia Schurab, ihn zu heiraten. Sie willigte ein, unterschrieb im Beisein eines muslimischen Geistlichen den Ehevertrag. Damit waren Fadda und Schurab offiziell Mann und Frau. Fadda kehrte nach Nablus zurück, Schurab sollte ihm folgen. Doch die Politik versperrt ihr den Weg.

Alle Gesuche um einen Passierschein wurden abgelehnt

Denn um in Nablus zu leben, braucht Schurab eine Erlaubnis Israels, das die Grenze verwaltet. Diese Genehmigung stellt Israel aber nur in bestimmten Fällen aus - beispielsweise, wenn ein Angehöriger gepflegt werden muss. Mehr als 20 Mal, sagt Fadda, habe sich seine Ehefrau bei den palästinensischen Behörden, die solche Fälle mit Israel koordinieren, um einen Passierschein beworben. Alle Gesuche seien abgelehnt worden. Fadda und Schurab haben deshalb eine Facebook-Kampagne gestartet. Sie wollen auf ihren Fall aufmerksam machen - auch, weil sie nicht die einzigen sind, die auf diese Weise getrennt sind.

Tausende Palästinenser, so schätzen israelische NGOs, leben getrennt, weil der israelische Staat eine Zusammenführung im Westjordanland nicht erlaubt. Möglich wäre für Fadda nur ein Umzug nach Gaza, das von Israel und Ägypten blockiert wird und in den letzten zehn Jahren drei Kriege und einen blutigen Putsch der Hamas gesehen hat. Warum sollen er und seine Frau an diesem Ort leben müssen, fragt Raschid Fadda, wenn er doch in Nablus eine Arbeit und ein Heim für sie hat? Israelische Menschrechtsorganisationen halten diese Trennung für illegal.

„Israel will diese Menschen trennen“

„Das Westjordanland und Gaza sind zwei Teile eines zukünftigen Palästinenserstaates“, sagt Dalia Kerstein, Geschäftsführerin der Organisation HaMoked, die Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten unterstützt. Das Paar habe die Wahl zwischen zwei Übeln: Selbst wenn Fadda von Nablus nach Chan Junis übersiedeln wollte, müsste er dafür praktisch sein Recht aufgeben, in das Westjordanland zurückzukehren. Und selbst wenn Schurab die Einreise ins Westjordanland gelänge, müsste sie jeden Moment mit einer Abschiebung rechnen. „Israel will diese Menschen trennen“, sagt Kerstein.

Die israelische Koordinierungsstelle für Aktivitäten in den Palästinensergebieten (COGAT) will sich zu dem konkreten Fall nicht äußern. Auf Anfrage heißt es nur, eine Fahrt zwischen Gaza, wo die radikal-islamische Hamas regiert, und dem Westjordanland sei seit 2007 nur unter den von COGAT anerkannten Bedingungen möglich. Eine Ehe zählt nicht dazu.

Fadda und Schurab lernten sich auf einer Konferenz in Jordanien kennen. Sie war als Teilnehmerin dort, er als Fotograf. Schon nach kurzer Zeit, sagt Fadda, sei ihm klar gewesen: Er liebt diese Frau. Vier Jahre ist das her. Vier Jahre, in denen es ihnen nicht gelang, ein Leben als Mann und Frau zu führen. Einige Bekannte haben Fadda nahegelegt, sich doch eine neue Beziehung zu suchen.

Auch deshalb trägt Fadda ein Bild des Ehevertrags bei sich. Als Beweis, dass es Dalia Schurab wirklich gibt und sie seine Frau ist - auch wenn sie nicht bei ihm sein kann. Er sei bereit, ein Leben lang zu warten, sagt Fadda. „Denn wir lieben einander. Wir geben nicht auf“. Dalia Schurab hat ein Hochzeitskleid für die Feier in Nablus gekauft. Sie hofft, es tragen zu können, irgendwann. (dpa)

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