zum Hauptinhalt

Mit der Kraft der Sonne: Wie ein mexikanisches Dorf von Solar-Reflektoren profitiert

Der Deutsche Gregor Schäpers verwandelt ein mexikanisches Bauerndorf in eine Solar-Wirschaft und hilft so den Bewohnern.


Gregor Schäpers aus Xanten krempelt die Ärmel hoch und bearbeitet kraftvoll den Hefeteig, während draußen in der mexikanischen Halbwüste die Kakteen der Mittagshitze trotzen. Als der Kuchen, bestrichen mit Apfelmus, im Ofen steht, kommt die Energie der Sonne zum Zug: Der Ofen wird solar betrieben und kommt ganz ohne fossile Energien aus. Möglich wird das durch einen sogenannten Scheffler-Reflektor, der vor Schäpers Küchenfenster steht. Er konzentriert das Sonnenlicht auf einen Punkt, der einen Eisenkern aufheizt und damit ausreichend Wärme erzeugt. Mit seiner Hilfe kann eine mehrköpfige Familie tagsüber kochen oder backen.

Mit solchen Reflektoren will Schäpers seine Wahlheimat, das Valle de Mezquital, fit machen für das 21. Jahrhundert. Das Tal liegt nur drei Fahrtstunden von Mexiko-Stadt entfernt. Die Menschen leben von Viehzucht, etwas Tourismus und dem Anbau von Agaven, die als Nahrungsmittel, Viehfutter, als Rohmaterial für Sirup oder Alkohol-Destillate dienen. Es regnet selten, ideale Bedingungen also für Schäpers Solar-Ökonomie.

Entworfen hat er seine Paneele in einer Werkstatt, die vom kirchlichen Hilfswerk Adveniat mit finanziert wurde, und deren Ursprung auf eine Kirchenpartnerschaft aus den 1960er Jahren zurückgeht. Damals, beim zweiten Vatikanischen Konzil, lernten sich die Bischöfe aus Münster und Tula kennen. Sie beschlossen den Aufbau eines Sozialzentrums in Cardonal, im Valle de Mezquital.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Geleitet wurde es von zwei Brüdern der Canisianer aus Münster. Sie vereinten Pastoral -und Entwicklungsarbeit. In der eingegliederten Werkstatt entwarfen sie Modelle für Kirchen und Landmaschinen. Webereien, Schweinezucht und Nähereien flankierten die Gottesdienste und kirchlichen Feiern. Schäpers war dort in den 1990er Jahren als Freiwilliger und beeindruckt von dem Wandel, den die Kirche bewirkte. Nach seinem Studium der Regionalwissenschaften kehrte er zurück, heiratete und übernahm die Werkstatt.

Solarpaneele in einer Kakteenlandschaft

„Jetzt gilt es, in die Zukunft zu blicken“, sagt der 44-jährige Familienvater. Solare Warmwasserboiler waren das erste Produkt, das seine Firma „Trinysol“ in der umgebauten Werkstatt fertigte. Noch immer stehen sie bei vielen Hotels der Region auf dem Dach. Heute aber macht ihm die billigere, chinesische Konkurrenz zu schaffen. Deshalb setzt er nun auf solares Kochen und die Scheffler-Paneele, die das ermöglichen. Sie wirken wie überdimensionale Satellitenschüsseln und geben der von Schafen und Kakteen dominierten Wüstenlandschaft einen futuristischen Anstrich. Ihr Prinzip ist simpel; in Ländern wie Indien sind sie bereits im Einsatz in Großküchen auf dem Land.

Schäpers hat die Paneele verfeinert und experimentiert mit unterschiedlichen Materialien für die kleinen Spiegel, damit diese serienreif werden. Solares Kochen und Destillieren ist für ihn wie ein Quantensprung weg von fossilen Energieträgern. Potenzielle Kunden sieht er vor allem im Mittelstand, etwa in Bäckereien und Tortilla-Fabriken, Krankenhäusern oder auch Tequila- und Agavenschnapsbrennereien, von denen es in der Region viele gibt. Eine Tortilla-Bäckerei im Nachbardorf hat Paneele bestellt, eine Frauenkooperative stellt mit ihnen Agavensirup her. Der steigende Preis für Kochgas beflügelt die Nachfrage für Schäpers Paneele. Gelänge es, in der Region eine Solarökonomie zu etablieren, könnte das Valle de Mezquital zu einem Vorreiter werden.

Die Region hat 300 Sonnentage pro Jahr

„Diese Technologie schlägt mehrere Fliegen mit einer Klappe“, sagt Schäpers. Tatsächlich wird durch ihren Einsatz weniger Gas zum Kochen verwendet und der Bedarf an Brennholz verringert. Dazu wird der Mittelstand in der Region gestärkt und die einmalige Kakteen-Kulturlandschaft kann erhalten und gleichzeitig wirtschaftlich genutzt werden, etwa von den Schnapsbrennereien. Außerdem schafft die Technologie Arbeitsplätze. In der ehemaligen Werkstatt der Canisianer sind derzeit 15 Menschen beschäftigt.

Einer von ihnen ist Cutberto Romero. Er ist seit 1993 Dreher in der Fabrik und konnte damit seinen drei Söhnen ein Studium ermöglichen. „Die Werkstatt ist einmalig in der Region, ohne sie wären wir kaum so weit gekommen“, sagt Romero. In der Solarenergie sieht er die Zukunft für Mexiko. „Wir haben über 300 Sonnentage im Jahr, es wäre doch dumm, das nicht zu nutzen“, sagt der 55-Jährige. Seit zehn Jahren habe er daheim einen Solar-Warmwasserboiler von „Trinysol“ auf dem Dach. „Nie hatte ich damit ein Problem. Es ist halt deutsch-mexikanische Wertarbeit“, schmunzelt er.

Der Text entstand mit Unterstützung von Adveniat, dem Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false