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Panorama: Wie offenbart sich Gott? Wie Tom Sawyer am Mississippi

Unser Leser Peter Heyer hatte einen grandiosen Biologielehrer, der Antworten nicht vorgab

Gymnasium, 12. Klasse, Religion:

Ist das Christentum eine Buchreligion?

Die Lösung verraten wir Ihnen auf der Schulseite in der nächsten Woche.

Vergangene Woche fragten wir:

Aus einem Stamm mit einem Mindestdurchmesser von 42 Zentimetern soll ein möglichst großer Balken mit quadratischem Querschnitt gesägt werden. a) Berechnen Sie die Querschnittsfläche des Balkens. Lösung: Die Fläche beträgt 882 Quadratzentimeter. Der Rechnung liegt die Formel a2 = r2 + r2 zugrunde.

b) Wie viel wiegt der Balken, wenn er fünf Meter lang ist und ein Kubikzentimeter Holz 0,9 Gramm wiegt?

Lösung: Das Volumen beträgt 440500 Kubikzentimeter, das Gewicht 396450 Gramm, also 396,45 Kilo.

Manchmal haben wir uns schon um fünf Uhr morgens getroffen und nach Spinnen gesucht. 35 14-Jährige sind dann durch Wiesen und Schilf gestromert, haben Insekten beobachtet und sind auf Bäume geklettert, um herauszufinden, was einhäusige von zweihäusigen Pflanzen unterscheidet. Dass das 1943 in Lychen in der Uckermark war, spielte keine Rolle. Wir Gymnasiasten fühlten uns wie Tom Sawyer, der am Mississippi einen Schatz sucht. Wilhelm Blohm, unser Biologielehrer, wusste das ganz genau.

Von all den vielen Lehrerinnen und Lehrern ist nur er mir in Erinnerung geblieben: Fast alle vermittelten sie irgendwelche Stoffe, die wir zu lernen hatten. Sie ließen uns Antworten auswendig lernen auf Fragen, die wir überhaupt nicht hatten. Aber der fast 60-jährige Wilhelm Blohm war anders. Mitten im Krieg habe ich, ein aus Berlin in die Uckermark evakuiertes Kind, bei ihm etwas gelernt, was man auch heute noch viel zu selten in der Schule lernt: dass es nicht darauf ankommt, die richtigen Antworten zu wissen, sondern die wichtigen Fragen zu stellen. Blohm begeisterte uns für die Natur und für die Naturwissenschaften, weil er uns selbst zum Experimentieren brachte.

Noch immer habe ich seine Stimme im Ohr: „Was, ich soll euch sagen, wie das funktioniert? Kriegt das gefälligst selbst raus!“. Dabei lachte er, und es klang fast ein bisschen nach Schadenfreude. Indem er uns konsequent die Antwort verweigerte, half er uns, sie selbst zu finden.

Er brachte uns dazu, dass wir unsere Freizeit an den umliegenden Seen und in Wäldern verbrachten – und auf Blohms Farm, wo er über 100 Tiere hatte. Er schaffte es, dass dort jeder bestimmte Aufgaben übernahm, sogar die Ställe misteten wir freiwillig aus. „Das geht so nicht“, sagte er mit barschem Ton, wenn einer schlampig arbeitete. Wir liebten diesen Lehrer, nicht nur weil er uns selbst machen ließ, sondern auch, weil er klare Maßstäbe vorgab. Er scheute die Auseinandersetzung mit uns nicht. Später bin ich selbst Lehrer geworden – weil er mir gezeigt hat, wie Schule sein kann.

Aufgezeichnet von Claudia Keller.

Peter Heyer ist 73 Jahre alt und Vorsitzender des Berliner Grundschulverbandes. 40 Jahre hat er an verschiedenen Schulen und am Pädagogischen Zentrum gearbeitet.

Liebe Leser, an dieser Stelle möchten wir künftig auch Ihre Schulgeschichte aufschreiben. Erzählen Sie sie uns: schule@tagesspiegel.de

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