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Vier Tassen mit Kava in einer Kava-Bar.

© Edgar Su/Reuters

Psychoaktives Nationalgetränk: Die Kava-Euphorie erreicht hippe Bars

Serviert wird die dunkelgrüne Brühe mit Minzblatt und Milchschaum. Doch Wissenschaftler haben gesundheitliche Bedenken.

In Fidschi gehen die Uhren noch anders. Wer sich hier mit den Einheimischen anfreunden will, der muss sich die Zeit nehmen, Kava mit ihnen zu trinken. Die Wurzel der Pfefferpflanze Piper methysticum wird auch gerne als Gastgeschenk gesehen, wenn man eines der noch ursprünglichen Dörfer besuchen möchte.

Aus der pulverisierten Wurzel der Pflanze und Wasser mischen die Fidschianer ihr Nationalgetränk: Kava, auch Rauschpfeffer genannt, ist eine schlammig aussehende Brühe, die erdig und ein wenig bitter schmeckt und ein leicht taubes Gefühl auf der Zunge hinterlässt. Mehrere Schüsseln sollen entspannen und Angstzustände lösen, doch bei größerem Genuss kann das Getränk sogar narkotisierend wirken.

Bisher war Kava eher ein zeremonielles Getränk, das in einer großen Schüssel angerührt unter Freunden und Familienmitgliedern geteilt wurde. Fidschi ist nicht der einzige Südseestaat, der auf das erdige Gebräu schwört. Auch viele Inselbewohner auf Vanuatu oder Hawaii berauschen sich gerne an dem Getränk.

Inzwischen schwappt die Kava-Euphorie jedoch immer mehr auch in westliche Länder über. Die Kommerzialisierung ist in vollen Zügen: In den USA gibt es laut eines Guardian-Berichts inzwischen bereits 100 unterschiedliche Kava-Bars, die das Getränk mit seinen psychoaktiven Eigenschaften servieren. Dort wird das Gebräu in hippen Läden– mit Minzblatt und Milchschaum angerichtet – serviert. Es gibt auch einen Softdrink mit Kavaextrakt namens „Lava-Cola“.

In Australien und Neuseeland haben ebenfalls erste Lokale aufgemacht. Außerdem kann man in diesen Ländern Kava in Kapselform kaufen. Es wird als natürliches Medikament gegen Angstzustände beworben. Australiens Premierminister Scott Morrison kündigte bereits im Oktober an, die Einfuhrbeschränkungen für Kava zu lockern, um die Beziehungen zu Fidschi und anderen pazifischen Ländern zu verbessern.

Über Jahre hinweg hatte Kava Probleme gehabt, sich über den Pazifik hinaus zu vermarkten. In der Schweiz, in Österreich oder in Großbritannien sind Medikamente mit Kava verboten. Auch Deutschland hat Kava-haltigen Arzneimitteln nach einem langen Hin und Her im Dezember 2019 schließlich die Zulassung entzogen.

Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei ungünstig, eine Wirksamkeit nicht belegt, hieß es vonseiten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Dabei war Kava in den vergangenen Jahren auch hierzulande in Pillenform, als Beruhigungstropfen und Tee erhältlich gewesen.

In Deutschland ist das Pflanzenextrakt seit letztem Jahr verboten

Lange Zeit war man unsicher gewesen, wie mit dem pflanzlichen Mittel umgegangen werden sollte. Denn Anfang der 2000er registrierte man mehrere Fälle mit schweren Leberschädigungen, von denen Mediziner glaubten, dass sie möglicherweise mit dem Konsum von Kava- Produkten in Verbindung stehen könnten.

Während Europa in Teilen ein schwieriger Markt für Kava ist, boomt der Pflanzenextrakt in anderen Regionen dafür um so mehr. So wuchs der Exportmarkt in Fidschi von rund 900 Tonnen pro Jahr in den 1990er Jahren auf 6000Tonnen im Jahr 2015. Der Großteil geht davon in die USA und nach Neuseeland. 2016 verwüstete ein Wirbelsturm zwar große Teile Fidschis und zerstörte damit auch die Kava- Ernte, doch dies konnte das Interesse an der berauschenden Pflanze nicht aufhalten.

„Die Nachfrage ist groß“, sagte Mary Work, eine Kava-Standbesitzerin auf dem Suva Municipal Market, die seit 18 Jahren Kava verkauft, dem Guardian. „Mein Mann versorgt die USA und sie wollen jeden Monat eine Tonne.“ Diesen Bedarf könne ihr Mann nicht befriedigen, denn es dauere drei bis vier Jahre, bis die Pflanzen geerntet werden können.

Trotzdem springen immer mehr Hersteller auf den Kava-Boom auf. Fiji- Kava hat im vergangenen Jahr sogar das weltweit erste Labor für Kava-Gewebekulturen eingerichtet, um sein Angebot noch weiter auszubauen. Firmengründer Zane Yoshida sagte im September, die neue Einrichtung würde die Qualität von Kava im Land standardisieren und verbessern. Das Unternehmen, das an der australischen Börse gelistet ist und einen Großteil der fertigen Produkte vertreibt, liefert seine Anti-Angst- Kapseln beispielsweise seit November auch in die USA.

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