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Szene aus "Acid"

© Studio SLON / Kislota / Berlinale

„Acid“ im Berlinale-Panorama: Russlands Jugend im Drogenrausch

In seinem Regiedebüt portraitiert der 26-jährige Moskauer Schauspieler Alexander Gorchilin eine Gruppe junger Männer auf der Suche nach sich selbst.

Ob Sasha ein Muslim sei, fragt ihn der betrunkene Mann an der Bar im russischen Club. Er habe gehört, dass Sasha beschnitten sei, ihn würde das mal interessieren. Er sei nämlich Künstler und würde gerne Sashas Penis fotografieren. Einen wilden Acid-Trip später steht Sasha mit seinem Kumpel Pete im Atelier des Künstlers und muss sich leider aus dem Gruppensex – zwei Mädchen sind auch noch da – ausklinken, er ist noch nicht wieder funktionsfähig.

Ach ja, die Jugend. Sie hat es nicht leicht, besonders im Kino. Verwaist, verloren, verwahrlost – was muss sie nicht alles sein. Auch in „Acid“, dem muskelbepackten Regiedebüt des 26-jährigen Moskauer Schauspielers Alexander Gorchilin, irrlichtern seine vaterlosen Altersgenossen ahnungslos durch das, was sie ihr Leben nennen. Eines von ihnen geht gleich am Anfang zu Ende. Sasha und Pete besuchen ihren Freund Vanya, der, jenseits von Gut und Böse, nackt eine Kloschüssel umarmt. Als er später über das Geländer des Balkons geklettert ist, sagt Pete, dass er doch springen solle, wenn er es wolle. Vanya nimmt ihn beim Wort.

Orientierung bietet hier niemand

Acid. Das meint hier die Techno-Spielart, die erklingt. Das meint das LSD, das sie nehmen. Und das meint ganz einfach Säure. In solche nämlich steckt der Künstler Büsten russischer Pioniere und holt sie entstellt wie Säureopfer wieder heraus. Die Vorväter des Landes werden hier buchstäblich entstellt; die landesgeschichtlichen Umstände ausgelöscht. Am Morgen nach Orgie und Beerdigung richtet Pete den Todestrieb gegen sich selbst. Er nimmt einen Schluck Säure, überlebt, und verstummt mit einem Pflaster über dem Mund. Sasha lernt sich weiter mit seinem lädierten Penis zu arrangieren, zum Missfallen seiner Umwelt.

Rastlos folgt Gorchilin in verwaschen farblosen Bildern seinen Figuren bei der Suche nach sich selbst. Orientierung bietet hier niemand. Trost erst recht nicht. Gefühle zeigen: keine Option. Bindungen eingehen: nicht möglich. Die Eltern: abwesend oder verständnislos. So kreist der Film mit der Zeit genauso ratlos um seine Protagonisten, wie diese um sich selbst. Im Grunde ist das nur konsequent.

13.2., 20 Uhr (CinemaxX 7), 14.2., 20.15 Uhr (Cinestar 3), 16.2, 17 Uhr (Cinestar 3), 17.2., 22.30 Uhr (Cubix 7)

Jonas Lages

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