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"Es wird Zeit, anständig zu sein", ein Spiel mit dem italienischen Wort für eingetragene Partnerschaft, die "unione civile", steht auf dem Flugblatt, das Senatorin Monica Cirinnà in der Hand hält. Cirinnà, hier mit Schwulen-Aktivisten vor dem Senat, ist Berichterstatterin für den Gesetzentwurf.

© Remo Casilli/Reuters

Gesetz für "Ehe für alle": Italiens Konservative mobilisieren gegen Homo-Ehe

An diesem Samstag versammelt sich das konservative Italien zum Protest gegen eingetragene Lebenspartnerschafteb. Das Land ist gespalten, was am Einfluss der katholischen Kirche liegt.

Der säkulare Staat hatte in Italien stets zu kämpfen. Gegen den erbitterten Widerstand der katholischen Kirche führte das Land erst 1974 endgültig die Ehescheidung ein, Abtreibung ist bis heute zwar gesetzlich erlaubt, aber praktisch vielerorts unmöglich, weil die Kirche auch das Gesundheitswesen dominiert und die Mehrheit der Ärzte sich auf ihr Gewissen beruft. Jetzt steht dem Land die nächste Kraftprobe auf dem bevorzugten Schlachtfeld der Geschlechterpolitik bevor.

Streitpunkt Adoptionsrecht

Italiens Regierung will nämlich, nach vielen vergeblichen Versuchen, jetzt ernst machen mit einem Gesetz, das Schwulen und Lesben eingetragene Partnerschaften ermöglicht.
Im Senat, der zweiten Parlamentskammer, wurde die für diese Woche geplante Abstimmung über die Einführung der „unione civile“ erst einmal auf Dienstag verschoben – Premier Matteo Renzi will abwarten, was sich diesen Samstag in den Ruinen des Circus Maximus tut. Dort wollen sich die - nicht nur katholischen - Konservativen Italiens zum „Family Day“ versammeln und möglichst machtvoll gegen die Ehe für alle protestieren. Renzi, der sich persönlich für das Projekt stark gemacht hat, kann das nicht kalt lassen. Schließlich ist sein „Partito democratico“ nicht nur Nachfolgepartei der Kommunisten, sondern gemeindete bei seiner Gründung 2007 auch christdemokratische Splitterparteien ein. Seine „Kathodemokraten“ haben denn auch schon wesentliche Änderungen am Gesetzentwurf erreicht, unter anderem alle Gleichsetzungen von Ehe und „unione civile“ im Text.
Jetzt geht es den Gegnern um die Stiefkindadoption im Entwurf, der nach der Berichterstatterin Monica Cirinnà benannt ist. Damit soll dem nicht leiblichen Elternteil in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung ermöglicht werden, gleiche Elternrechte für die gemeinsam erzogenen Kinder zu bekommen.

Bischöfe: Es gibt kein Recht auf Kinder

Italiens katholische Bischofskonferenz gab in dieser Woche den Ton für eine harte Auseinandersetzung vor: Man sei in „höchster Sorge um den Kulturwandel, der das Abendland durchziehe“, erklärte ihr Vorsitzender Angelo Bagnasco. Es sei Mission der Kirche, „die Ehe in ihrer natürlichen Form“zu verteidigen. Außerdem gebe es „kein Recht auf Kinder“.
Gegner und Befürworter der Ehe für alle mobilisieren weiter: Als die von der rechtspopulistischen Lega Nord geführte Regionalregierung der Lombardei mit dem Schriftzug „Family Day“ überzog, illuminierte Neapel die zentrale „Piazza del Plebiscito“ in den Regenbogenfarben. Vergangene Woche zog bereits das Pro-Lager zu Zehntausenden mit Weckern und dem Slogan „Wach auf, Italien!“ durch die Städte. Und Spötter mokieren sich über die Verteidiger der „traditionellen Familie“, darunter auch Pier Ferdinando Casini. Der betont katholische Chef der christdemokratischen UdC, Vater von vier Kindern aus zwei Ehen, gab kurz vor Weihnachten das Ende auch seiner zweiten Ehe bekannt.

Regierung hofft auf Hilfe von der Opposition

Möglich, dass nach dem „Family Day“ morgen weitere Stücke aus dem Gesetz verhandelt werden. Oder dass das Mitte-Rechts-Lager später versucht, es mit Hilfe eines Referendums zu kippen. Der Chef der Partei NCD, Berlusconis früherer Kronprinz Angelino Alfano, hat sich die Möglichkeit ausdrücklich offengehalten. Knapp wird das Ergebnis in jedem Fall. Und dies, obwohl der Fraktionszwang für die Stiefkindadoption aufgehoben ist. Renzi und die Seinen hoffen, dass die oppositionelle Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo ihr die nötigen Stimmen beschafft, sollten die „Cattodem“, die politischen Katholiken des Partito Democratico, ihm von der Fahne gehen.

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