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Out and proud in der Schule. Schwule Lehrer beim Christopher Street Day.

© Waldemar Boegel/imago

Lesbische und schwule Lehrer: „Vorbilder sind so wichtig!“

Angesichts des Rechtsrucks könnten gerade junge Lehrkräfte Angst haben, sich in der Schule zu outen, sagt die lesbische Berliner Lehrerin Jenny Oepke. Ein Interview.

Jenny Oepke, 54, unterrichtet Mathematik und Physik am Fichtenberg-Gymnasium in Berlin-Steglitz. Sie ist seit 32 Jahren im Schuldienst. Mit ihr sprach Anja Kühne.

Frau Oepke, nach einer neuen Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes outen sich viele homosexuelle Lehrkräfte in der Schule nicht. Wie lebt es sich als offen lesbische Lehrerin an einer Berliner Schule?

Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Es gibt in Berlin verschiedene Schultypen und verschiedene Bezirke, da werden Lehrkräfte sehr unterschiedliche Erfahrungen machen. An meinem Steglitzer Gymnasium lebe ich als Lesbe gut. Aber auch an meinen früheren Schulen habe ich keine negativen Erfahrungen gemacht. Seit den 90er Jahren sind immer mehr lesbische und schwule Lehrerinnen und Lehrer offen aufgetreten. Denn bei den Treffen der GEW wurde viel über das Coming-out in der Schule gesprochen, man hat dadurch viel Rückhalt empfunden. Allerdings befürchte ich, das der Trend im Moment in die andere Richtung geht.

Warum?

Man spürt einen gesamtgesellschaftlichen Rechtsruck. Wenn das Klima an der Schule davon beeinflusst ist, werden gerade jüngere Lehrkräfte Angst haben, sich zu outen. Die Eltern könnten sagen: „Sie machen meine Tochter lesbisch“, oder „Sie geben meinem Sohn eine schlechte Note, weil Sie als Lesbe keine Jungen mögen.“ Mir ist so was noch nie passiert. Aber es gibt heute leider Eltern, die mit harten Bandagen kämpfen, damit ihr Kind auf dem Gymnasium bleiben kann. Natürlich gibt es auch homosexuelle Lehrkräfte, die selbst konservativ eingestellt sind und die die Meinung vertreten, Homosexualität sei ihre Privatsache.

Ist dem nicht so?

Auf keinen Fall! Ich trete meinen Schülerinnen und Schüler doch als ganzer Mensch gegenüber. Ich bin morgens müde und mittags hellwach, ich verlange viel und so weiter. Dann sollen sie auch sonst wissen, mit wem sie es zu tun haben. Vor allem ist mir wichtig, dass ich ihnen vorleben kann: Selbst wenn du anders bist, als die Mehrheit es verlangt, kannst du deinen Weg gehen. Lehrer sind doch nicht bloß Wissensvermittler, sondern auch Erzieher. Vorbilder sind so wichtig!

Was kann eine Schule machen, um ein freundliches Klima zu erzeugen?

An unserer Schule behandeln längst nicht nur homosexuelle Lehrkräfte Homosexualität im Unterricht. Wir haben eine AG gegen Diskriminierung, und in unserem Fichte-Netzwerk gibt es Ansprechpartner für verschiedene Themen, auch für das Thema sexuelle Vielfalt.

Mehr LGBTI-Themen finden Sie auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels. 

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