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ukMorgan Wood veranstaltet die monatliche „Drag Show for Busy People“ in der Neuköllner Kneipe „Tristeza“.

© Stefan Weger

Neue Dragshow: Die Queens von Neukölln

Verschwimmende Geschlechtergrenzen, Nacktheit als Angriff auf das Patriarchat. In der Kneipe „Tristeza“ gibt es jetzt Morgan Wood Callistos „Drag Show for Busy People“.

Eine Kuh masturbiert mit einer Milchkanne auf der Bühne. Aus den Boxen dröhnt Rock von Nine Inch Nails. Im Publikum stehen Dragqueens und applaudieren. Es ist ein Dienstagabend in der Neuköllner Kollektivkneipe „Tristeza“, auf dem Programm: Morgan Wood Callistos „Drag Show for Busy People“.

Vor dem Publikum steht keine echte Kuh, sondern die 31-jährige Miss Steak. Sie ist Dragquing – der Begriff setzt sich aus Dragqueen und Dragking zusammen. „Ich fühle mich als Performer keinem Geschlecht zugehörig“, erklärt Miss Steak. Privat fühle ich mich als Mann.“ Geboren wurde Lars im Körper einer Frau.

Miss Steak spielt mit einem Messer

Miss Steak tritt zum ersten Mal als Dragquing auf. „Es ist eine gruselige Performance über Tierquälerei. Sie ist sehr politisch.“ Auf der Bühne reißt sich Miss Steak das Kuhkostüm vom Leib. Darunter steckt ein weiterer Anzug, bedruckt mit Fleischfasern und Sehnen. Miss Steak spielt mit einem Messer, leckt daran. „Mein Auftritt zeigt, wie wir mit den Lebewesen umgehen, die am meisten Schutz brauchen.“ Das Publikum tobt.

Seit einigen Monaten erst veranstaltet die Dragqueen Morgan Wood Callisto ihre Show im „Tristeza“. Vor anderthalb Jahren trat sie selbst erstmals als Dragqueen auf. „Ich möchte jungen Menschen eine Bühne geben, um die Diversität der Berliner Dragszene zu zeigen. Ich gebe hier Newcomern die Chance, das erste Mal aufzutreten.“ Ihre „Drag Show for Busy People“ ist der Spiegel einer Bewegung: Die Grenzen der Geschlechter verschwimmen, Personen und ihre Botschaften rücken in den Vordergrund.

Performance als Angriff auf das Patriarchat

Im „Tristeza“ performt an diesem Abend auch Pina Brutal, die sich für die Show den Namen Miss Biceps gegeben hat. Zur ungarischen Nationalhymne strippt sie auf der Bühne, zeigt ihre Muskeln und spreizt immer wieder auf einem Stuhl die Beine – ohne Unterwäsche. Ihre Performance ist ein klarer Angriff auf das Patriarchat. Am Ende steht sie nackt auf der Bühne, zwischen ihren Schulterblättern prangt ein Vagina-Tattoo. Auch so kann Drag aussehen.

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„Die Berliner Szene ist sehr divers, weil viele Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturen zusammenkommen“, sagt Morgan Wood, die aus England kommt und abseits der Bühne als homosexueller Mann lebt. Für ihre Auftritte mixt sie Geschlechtermerkmale. „Das übertriebene Make-up und die großen Perücken, meine behaarte Brust und die behaarten Beine. Drag ist letzten Endes alles: Wenn jemand sagt, er macht Drag, dann ist es Drag.“

Was die 33-Jährige macht, ist „Comedy Drag“ – findet Larry Tee. Der 60-jährige Wahlberliner ist ein Star der Szene, außerdem Musikproduzent, DJ und Freund von RuPaul, Star der US-amerikanischen Kult-TV-Show „RuPaul’s Drag Race“. Auch er kommt gern ins „Tristeza“, mag die neue Show von Morgan Wood, weil sie so anders sei. „Es sind nicht nur Männer in Perücken. Wir sehen hier politische Kunst.“ Jeden dritten Dienstag im „Tristeza“, Pannierstraße 5. Nächste Show am 21. Januar. Freier Eintritt. Mehr Infos unter www.facebook.com/morganwoodcallisto.

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