zum Hauptinhalt
Frauensache. Erfolgreich, jung, gut aussehend – bei dem Londoner Partyexport Skirt Club darf nicht jede Frau mitmischen.

© Yoan Valat/dpa

Partys für bisexuelle Frauen: Ohne Hülle und Fülle

Gehobene Partys für bisexuelle Frauen besetzen eine Nische im Berliner Nachtleben. Männer sind hier nicht zugelassen, aber ihr Blick scheint doch irgendwie dabei zu sein. Ein Besuch.

Ein Wohnzimmer irgendwo in Schöneberg. Auf Sofas und Fellteppichen verteilt sitzen rund 40 Frauen, die meisten davon in engen Kleidchen und kurzen Röcken. Stöckelschuhe, Goldglitzer-Makeup und lackierte Fingernägel wohin man schaut. Hier und dort erahnt man Spitzenunterwäsche oder eine Korsage. Ist das die Weihnachtsfeier des Playboy-Magazins? Der entscheidende Unterschied: Hier hat sich niemand für die Bewunderung eines Mannes schick gemacht, denn heute Abend haben Männer keinen Zutritt, außerdem ist Fotografieren streng verboten, erklärt uns jetzt Skirt-Club-Direktorin Renee Styx, gekleidet in ein enges schwarzes Kleid und ein Lederhalsband.

Ihre Geschäftspartnerin Geneviève LeJeune gründete den Skirt Club 2014 in London, nachdem ihre privaten Partys für bisexuelle Frauen immer mehr Zuspruch fanden. Deshalb wollte sie ihnen einen Raum bieten, in dem sie ihre Neugier am gleichen Geschlecht ungestört ausleben können – ohne das Gefühl zu haben, das nur zur Unterhaltung der anwesenden Männer zu tun, wie es bei herkömmlichen erotischen Partys oft der Fall ist.

Kleine Schlüssel als Erkennungszeichen

Bereits im Oktober vergangenen Jahres konnten bisexuell interessierte Frauen die erste Schnupperparty in einer Bar in Berlin besuchen, an diesem Winterabend bekommen die Gäste nun das erweiterte Programm: Eine Cocktailbar, Champagner zur Begrüßung, zwei Schlafzimmer mit drei Doppelbetten als Spielwiesen. Die Wohnung wurde extra für die Veranstaltung angemietet. Offiziell steigt hier gerade „Monas Geburtstagsparty“, denn Diskretion ist eine der wichtigsten Regeln im Skirt Club. Hostessen in schwarzen Federkostümen begrüßen die Gäste und binden denjenigen, die zum ersten Mal dabei sind, kleine Schlüssel als Erkennungszeichen um. „Ein Jungfräulichkeitsschlüssel“, kommentiert eine Besucherin süffisant lächelnd. Die meisten hier tragen so einen Schlüssel, andere sind aus Wien und London angereist und haben ihre erste Erfahrung mit dem Konzept schon hinter sich.

Ambitionierte Frauen, denen „ihr Freund nicht mehr genug“ ist, sind laut Webseite des Skirt Clubs die Zielgruppe. Während des Smalltalks am Anfang offenbart sich, dass der glamouröse Auftritt und der Eintrittspreis von 70 Euro tatsächlich überwiegend Akademikerinnen angezogen hat, viele davon in Beziehungen. Da ist die stilvoll tätowierte Französin, die freie Journalistin aus Berlin, die erfolgreiche Enddreißigerin aus München, die Studentin, die ihre Arbeit als Nacktmodell vor ihrer Mutter zu verheimlichen versucht. Eine Supermarktkassiererin sucht man hier vergeblich. Die Altersgrenze liegt bei 39 Jahren und um Aufnahme im Skirt Club muss man sich mit Ganzkörper- und Profilfotos bewerben. Auch wenn die Party männerfreie Zone ist – indirekt ist der „männliche Blick“ in den Fotos, mit denen der Skirt Club wirbt – Hochglanzbildern von perfekten Models – eben doch anwesend.

Die anfängliche Nervosität legt sich nach ein paar Gläschen Weißwein, einem Vortrag über Pro und Contra monogamer Beziehungen und dem Auftritt einer Burlesque-Tänzerin. Die letzte Schüchternheit verfliegt dann, als die Hostessen auf die Spielwiese bitten: Wahrheit oder Pflicht lockerte schon in Teenagerjahren jede verkrampfte Party auf, hier führt das Spiel dazu, dass die ersten Hüllen fallen und Küsse ausgetauscht werden. Gegen elf Uhr sind die Sofas besetzt mit knutschenden Frauen, auf dem Bett räkeln sich Zweier- und Dreierformationen in Aktion, während andere Frauen zuschauen oder sich unterhalten. Kaum jemand kannte sich hier vor diesem Abend, dennoch – oder vielleicht deshalb – lassen die meisten Gäste schnell ihre Hemmungen fallen. Alle sind aus Neugier hier, nichts ist verbindlich, man vertraut einander.

Geballte Weiblichkeit

Zwischendurch trifft man sich auf einen Drink im Wohnzimmer. Thema: Wo kann man in Berlin als bisexuelle Frau sonst noch hingehen? Die Antwort: eigentlich überall hin. Berlins aufgeschlossene Partyszene absorbiert bisexuell Interessierte, die meisten hier gehen einfach auf etwas alternativere Partys. Die erste Skirt Club Party etwa endete für einige Gäste im KitKatClub – eigentlich kein Ort, der ausdrücklich für Bisexuelle gedacht ist, ebenso wenig wie die Lesbenpartys und Szenebars, die sonst noch aufgezählt werden. Nicht jede ist damit glücklich. „Da sind halt so richtige Lesben“, kommentiert eine Frau leicht naserümpfend eine queere Bar.

Auf einer Skirt Club Party: Geballte Weiblichkeit, Frauen in Unterwäsche mit Maßen eines Victoria’s Secret-Engels schweben vorbei – ein eklatanter Unterschied zum sonst so betont lässigen Berliner Weggehstil. Der Standard ist eben gehoben. Außerdem fällt die Frage, ob die attraktive Frau da drüben auch auf Frauen steht, automatisch weg. Die meisten hier haben wenig Erfahrung mit dem gleichen Geschlecht, das ist für alle beruhigend zu wissen. Es senkt die Schwelle für Neulinge in der Szene.

Am Ende des Abends tauschen viele Nummern aus, schließen sich der gemeinsamen Whatsapp-Gruppe an. Für die meisten, die jetzt mit Goldstaub auf der Strumpfhose nach Hause stöckeln, wird es wohl nicht die letzte Nacht mit einer Frau gewesen sein.

Die nächste Skirt Club Party findet am 11. März statt. Bewerbungen und Infos unter www.skirtclub.co.uk.

Mehr LGBTI-Themen finden Sie auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels. Folgen Sie dem Queerspiegel in den sozialen Netzwerken:

Friederike Langhoff

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false