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Mann, Mann, Frau, Frau: Es gibt rollenkonforme Homos - und solche, die mit Lust von der Norm abweichen.

© Imago

Queer weiß das (3): Spielt ihr unsere Rollen?

Unsere neue Kolumne im Queerspiegel: Heteros fragen, Homos antworten. Heute mit einer Frage zur Rollenverteilung bei Lesben und Schwulen.

Auch wenn beide Partner biologisch das gleiche Geschlecht haben: Ist bei Homo-Paaren nicht trotzdem auch immer eine/r der Mann und eine/r die Frau? - Annemarie, Charlottenburg

Nö! Aber ich kann mir denken, wie Sie auf die Frage kommen. Denn bei Hetero-Paaren scheint ja immer einer der Mann und eine die Frau zu sein. Da liegt es erst mal nahe, diese Rollenaufteilung auch bei Homos zu vermuten. Außerdem können viele Heteros kaum glauben, dass Begehren zwischen zwei Frauen und zwei Männern überhaupt möglich ist. Darum stellen sie sich vor, dass die Homos die Heterowelt, so gut es geht, nachspielen müssen.

Es ist ja auch richtig, dass Homos und Heteros viel gemeinsam haben. Homos fallen schließlich nicht einfach vom Himmel. Sie wachsen in einer heterosexuell geprägten Umwelt auf. Ihr Verständnis der Geschlechterrollen und ihr Begehren wird modelliert bei der Lektüre heterosexueller Literatur oder heterosexueller Filme. Weil Homos von dieser Welt sind, kleiden sie sich üblicherweise auch nicht in Fantasie-Uniformen, sondern greifen auf das Verfügbare zurück, genau wie Heteros.

Bei Homos ist die Vielfalt größer

Bei Homos ist die Vielfalt dabei aber größer. Es gibt völlig rollenkonforme Homos: Lesben, die nicht auf den ersten Blick als solche erkannt werden, weil sie „feminin“ aussehen. Und Schwule, die als harte Männer auftreten, muskelbepackt und mit Lederhosen. Viele andere weichen in ihrem Bekleidungsstil und in ihrem Verhalten von der heterosexuellen Norm ab. Manche schwule Männer schmachten Operndiven an, unter lesbischen Frauen scheint es überdurchschnittlich viele Motorrad- und Fußballfans zu geben. Andere Homos changieren androgyn zwischen den Polen.

Erotische Spannung kann zwischen allen Ausprägungen und in allen Kombinationen entstehen. Keineswegs muss immer eine_r im Paar „maskulin“ und der/die andere „feminin“ auftreten, weder auf der Straße noch im Bett. In der Schöneberger Frauen-Tanzschule „Donnadanza“ lernen Lesben gleich die Schritte für beide Rollen: führen und folgen.

Ist bei Heteros eigentlich immer einer "der Mann" und eine "die Frau"?

Homos unterlaufen heterosexuelle Geschlechterstereotype, deuten sie um, machen aus starren Vorschriften ein Spiel. Darum fühlen sich Homos auch keineswegs als missglückte Kopien von Hetero-Originalen. Vielmehr verstehen sie ihre „Maskulinität“ und „Femininität“ (und alles dazwischen) als Ausdruck einer Geschlechteridentität jenseits von „Mann“ und „Frau“. Sie genießen die Freiheit, ihre Persönlichkeit auszuleben, zelebrieren sie sogar.

Und ist bei den Heteros eigentlich wirklich immer einer der „Mann“ und eine die „Frau“? Zum Glück immer seltener. Auch Heteros lieben die Freiheit.

Folge 1: Wärt ihr lieber hetero?

Folge 2: Wer von beiden wird schwanger?

Haben Sie auch eine Frage an die Tagesspiegel-Homos? Schreiben Sie uns eine E-Mail an queer@tagesspiegel.de!

Dieser Text erschien zunächst in der gedruckten Samstagsbeilage Mehr Berlin.

Mehr LGBTI-Themen finden Sie auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels. Themenanregungen und Kritik gern im Kommentarbereich etwas weiter unten auf dieser Seite oder per E-Mail an: queer@tagesspiegel.de.

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