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Berlin will Regenbogenhauptstadt sein - doch die Realität ist oft mühsam.

© imago/Seeliger

Steglitz-Zehlendorf: Bezirk bremst die Regenbogenhauptstadt Berlin

Berlin will Regenbogenhauptstadt sein. Doch die queerpolitischen Maßnahmen des Senats stocken auf Bezirksebene, wie das Beispiel Steglitz-Zehlendorf zeigt.

"Berlin ist Regenbogenhauptstadt", verkündete Justizsenator Dirk Behrendt (Die Grünen) kürzlich bei der Vorstellung des neuen Maßnahmenkatalogs der rot-rot-grünen Landesregierung. Das vom Berliner Senat beschlossene Programm zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt (IGSV) umfasst ganze 92 Punkte (hier geht es zum gesamten Programm). "Der Maßnahmenplan zeigt, dass Berlin es ernst meint", betont Behrendt.

Klingt erstmal super - und es wird auch höchste Zeit, schließlich hat R2G schon im Koalitionsvertrag vor fast drei Jahren angekündigt, Berlin zur Regenbogenhauptstadt machen zu wollen. Doch für die Umsetzung der geplanten Maßnahmen sind die jeweiligen Bezirke neben den Senatsverwaltungen selbst verantwortlich. Wie ernst meinen es die Berliner Bezirke mit der Umsetzung queerfreundlicher Landespolitik? Am Beispiel Steglitz-Zehlendorfs zeigt sich, dass es da noch viel zu tun gibt - und der Plan womöglich verpufft.

Carolyn Macmillan jedenfalls ist resigniert: "Im konservativen Steglitz-Zehlendorf setzt sich auf politischer Ebene kaum jemand für LGBT-Belange ein", klagt sie. Das zeigt sich laut der SPD-Politikerin, die für Lichterfelde Ost und Süd in der Bezirksversammlung sitzt, an der jüngsten Farce um den Beschluss "Queeres Leben in Steglitz-Zehlendorf".

[Der Text ist eine Leseprobe aus dem monatlichen Queerspiegel-Newsletter des Tagesspiegel - hier geht es zur Anmeldung.]

Verabschiedet wurde der Aktionsplan des Frauen- und Gleichstellungsausschusses, der unter anderem Beratungsangebote vor allem für trans und inter Personen sowie für "LSBTTIQ*-Kinder, Heranwachsende und deren Eltern" forderte, schon im Oktober 2018. Doch erst jetzt reagierte das von Stadtrat Frank Mückisch (CDU) geführte Amt für Bildung, Kultur, Sport und Soziales auf den Vorstoß – und auch das nur auf vehementes Nachfragen. "Aus Kapazitätsgründen" könnten die vom Ausschuss geforderten Konzepte zu „Queerem Leben“ nicht entwickelt werden, heißt es nun lakonisch.

Eigentlich bekommen die Bezirkes Landesmittel für queere Projekte

Macmillan ist verärgert. "Es heißt immer, dass Personen in andere Bezirke gehen können, um sich dort beraten zu lassen oder Hilfe zu holen", berichtet sie. "Dabei kann es je nach persönlichem Hintergrund eine hohe Hemmschwelle geben, durch die halbe Stadt zu fahren, um ein Angebot etwa in Schöneberg wahrzunehmen." Lokale Angebote seien daher dringend nötig. Darin seien sich auch die Politiker*innen aller Parteien – bis auf die der AfD – einig gewesen, die den Antrag im Frauen- und Gleichstellungsausschuss mittrugen. Macmillan erwartet nun, dass die Initiative nicht weiter versandet. Seitens der Verwaltung müsse zumindest ermittelt wird, welcher Bedarf im Bezirk besteht.

Für Macmillan ist das Zögern des Bezirks umso unverständlicher, weil im Rahmen des Berliner Maßnahmepakets zur Bekämpfung von Homo- und Transphobie (ISV) bereits seit 2010 durchaus Landesgelder für queere Bezirksprojekte und -initiativen zur Verfügung stünden. (Die ISV ist der Vorläufer des eingangs im Editorial genannten neuesten Maßnahmenpakets.)

Dem Bezirksamt fehlen die personellen Ressourcen

Was sagen CDU und Grüne zu der Kritik, die in dem Bezirk eine Zählgemeinschaft bilden? "Das Thema 'Queeres Leben' ist eine klassische Querschnittsaufgabe", so Stadtrat Mückisch. "Stellvertretend für alle Bereiche des Bezirksamtes ist meinem Amt die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage zugewiesen worden." Dass das von ihm geführte Amt "auf Grund der vielen fachlichen Herausforderungen und knappen personellen Ressourcen" ein bezirksweites Konzept aktuell nicht umsetzen kann, bedauert er.

Bezirksrätin Maren Schellenberg (Die Grünen), die in Stellvertretung für Mücke auf die Nachfrage zum Beschluss antwortete, wollte sich gegenüber Queerspiegel nicht mehr zum Vorgang äußern.

Systematische Zahlen darüber, welche Maßnahmen aus dem ISV in den Gesamt-Berliner Bezirken umgesetzt wurden, gibt es keine. Jedoch verweist Justizsprecher Sebastian Brux darauf, dass Bezirke wie Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg durchaus unterschiedliche Maßnahmen im Kontext der LSBTI Fachpolitik umgesetzt haben. Zukünftig sollen alle Bezirke aber noch stärker eingebunden werden, sagt Brux auf Nachfrage: "Wir gehen davon aus, dass wir in einem weiteren Umsetzungsprozess auch die Bezirke gewinnen können, eigene Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen und bauen darauf, dass die Bezirke Ansprechpersonen für die IGSV benennen."

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