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Unter Urmenschen: Auszug aus Ralf Königs neuem Comic.

© Rowohlt

"Stehaufmännchen" von Ralf König: Evolutionäres Affentheater

Auf einmal am Anfang der Evolution: Ralf König widmet sich in "Stehaufmännchen" der Menschheitsgeschichte. Wie immer höchst unterhaltsam, aber auch tieftraurig.

Da biegt man ein paar Mal falsch ab, und zack!, steckt man im Schlamassel. So ergeht es in Ralf Königs neuem Buch „Stehaufmännchen“ zwei Gästen des Neckermann South Africa Luxury Resorts, die sich in der Savanne verlaufen.

Plötzlich finden sie sich am Anfang der Evolutionsgeschichte wieder und treffen auf sprechende Affen, die ihnen in Form eines antiken Theaters vorführen, was sie und ihre Artgenossen seit dem Übergang vom Homo Erectus zum Homo Sapiens falsch gemacht haben.

Das ist, wie man es von König kennt, höchst unterhaltsam und strotzt vor pointierten Dialogen, denen man die Schulung an Klassikern wie Loriot anmerkt. Und trotz des humorvollen Grundtons und allerlei Klamauk ist „Stehaufmännchen“ zugleich tieftraurig. Denn König führt seinen Lesern vor Augen, wie die Menschheit sich und ihren Planeten in eine Sackgasse manövriert hat, in ökologischer Hinsicht und auch das soziale Miteinander betreffend.

Diesmal geht König aufs Ganze: die Menschheitsgeschichte

Nachdem der zeichnende Pionier der homosexuellen Emanzipation sich in den vergangenen Jahren neben der zwischenmenschlichen Beziehungsvielfalt immer wieder auch mit politisch-sozialen Themen, religiöser Bigotterie, der Beschränkung der Meinungsfreiheit durch Fundamentalisten und den Herausforderungen des Multikulturalismus beschäftigt hat, geht es diesmal ums Ganze: die Geschichte der Menschheit und ihrer Irrwege in einer groß angelegten Fabel.

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Allerdings ist die Tragödie mit ihren knollennasigen Hauptfiguren so angelegt, dass all die großen Fragen, die hier verhandelt werden, immer wieder zu herrlich komödiantischen Passagen führen.

Stehaufmännchen, der neue Comic von Ralf König.
Stehaufmännchen, der neue Comic von Ralf König.

© Rowohlt

Das fängt schon damit an, dass die Affen, die auf ihrem evolutionären Weg den Baum verlassen, es als ihre größte Errungenschaft ansehen, endlich im Stehen pinkeln zu können. Anhand von archetypischen Figuren – ein kulturpessimistischer Affe, ein um seine schwindende Macht kämpfendes Alphamännchen, ein aufstrebender Herdenführer und eine Queerfeministin, die für die Machtspielchen der Männer nur Spott übrig hat – geht es um all jene Themen, die die Menschheitsgeschichte bis in die Gegenwart dominieren: Macht und Unterdrückung, die Instrumentalisierung von Sexualität und Geschlecht zur Herrschaftssicherung, den Raubbau an der Natur und die soziale Ausgrenzung.

Königs Zeichenstil beeindruckt ein weiteres Mal durch zwei unterschiedliche Strichführungen. Einerseits porträtiert er seine Figuren mit dicken, klaren Konturen, sodass sie leicht wiedererkennbar sind. Andererseits bringt er vor allem die Augen mit so fragilen Linien zu Papier, dass der Gesichtsausdruck seiner Figuren feinste Nuancen und Gefühlsschwankungen vermittelt.

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