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Stolz, trans zu sein. Aktivistinnen bei einer Demo in Vietnam (2015).

© picture alliance / dpa

US-Studie zu Transgender: Trans-Kinder müssen nicht unglücklich sein

Laut einer US-Studie hängt es entscheidend von den Eltern ab, ob Transgender-Kinder sich wohlfühlen. Seelische Krankheiten sind demnach vermeidbar.

Kinder, die von ihren Eltern unterstützt werden, sind offenbar seltener depressiv. Das wäre eine triviale Aussage, ginge es dabei nicht um Transgender-Kinder. Denn in der Gruppe der Transgender haben Studien bisher immer eine dramatisch hohe Verbreitung von Ängsten und Depressionen sowie weit überdurchschnittliche Suizidraten festgestellt, vermutlich eine Folge von Diskriminierung und Stigmatisierung. Eine neue US-amerikanische Studie stellt nun fest: Seelische Krankheiten unter Transgender-Kindern sind vermutlich vermeidbar. Wenn Eltern ihre Transgender-Kinder in deren Geschlechtsidentität unterstützen, sind diese nicht depressiver und kaum häufiger ängstlich als andere Kinder.

Der Begriff „Transgender“ wird für verschiedene Geschlechtsidentitäten außerhalb der gesellschaftlichen Norm benutzt: etwa für Menschen, die sich weder als männlich noch als weiblich identifizieren oder auch für Menschen, die sich irgendwo zwischen den beiden Polen Mann und Frau verorten („nicht-binär“ identifizierte Personen). Kristina R. Olson und ihre drei Kolleginnen vom Fachbereich Psychologie der University of Washington in Seattle untersuchten für ihre in der Fachzeitschrift „Pediatrics“ veröffentlichten Studie aber nur Kinder einer weiteren Transgender-Gruppe. Nämlich solche Transgender-Kinder, die eine „binäre Identität“ haben, also körperlich als Jungen Geborene, die sich als Mädchen identifizieren und umgekehrt. Außerdem hatten alle untersuchten Transgender-Kinder „sozial transitioniert“, das heißt, ihre Eltern hatten ihnen erlaubt, sich durchgängig gemäß der eigenen Geschlechtsidentität zu präsentieren. Dazu gehört ein der Identität entsprechender Vorname sowie ein den Geschlechterstereotypen entsprechendes Äußeres.

Die Forscherinnen befragten 73 Trans-Kinder im Alter zwischen drei und 12 Jahren

Die Forscherinnen befragten Eltern von 73 dieser Transgender-Kinder im Alter von drei bis 12 Jahren und verglichen die Antworten mit zwei Kontrollgruppen, darunter eine mit den Geschwistern der Transgender-Kinder, die andere mit gleichaltrigen Kindern, die der Geschlechternorm entsprachen. Das Ergebnis: Sozial transitionierte Transgender-Kinder im vorpubertären Alter sind nach Auskunft von deren Eltern nicht depressiver als die Kinder der Kontrollgruppen und zeigen nur leicht häufiger mehr Angstsymptome als diese (hier zur Studie).

Die Befunde legen nahe, dass unterstützende Familien generell, besonders aber Eltern, die ihren Kindern die soziale Transition erlauben, zu besserer seelischer Gesundheit bei Transgender-Kindern beitragen, schreiben die Forscherinnen.

Selbst glückliche Trans-Kinder sollen in der Pubertät genau beobachtet werden

Die gemessenen leicht höheren Ängste in der Gruppe ließen sich auf mehrere Ursachen zurückführen. So würden Transgender-Kinder häufiger von anderen Kindern gemobbt und hätten im Alltag häufig „Mikroaggressionen“ der Umwelt zu erleiden. Ist der Transgender-Status eines Kindes seiner Umwelt hingegen nicht bewusst, wird das Kind also als gewöhnliches Mädchen oder als gewöhnlicher Junge wahrgenommen, könnte es Angst davor haben, geoutet zu werden. Auch hätten Transgender-Kinder keinen für ihre Geschlechtsidentität typischen Körper, was als belastend empfunden werden könne. Und schließlich seien einige der untersuchten Kinder sich bewusst darüber, dass die bevorstehende Pubertät ungewollte physische Veränderungen mit sich bringen werde. Auch das sei belastend.

Selbst die untersuchten Kinder, die offenbar durchschnittlich glücklich sind, sollten von Eltern und Ärzten weiterhin gut beobachtet werden, schreiben die Forscherinnen. Denn schon unter Nicht-Transgendern nähmen Depressionen in der Pubertät deutlich zu. Unsicherheiten über den eigenen Körper und die eigene Sexualität könnten Transgender-Teens noch weit stärker belasten als andere.

Die Studie ist Teil des „Trans Youth Project“, eine große Längsschnittstudie über die Entwicklung US-amerikanischer und kanadischer Transgender-Kinder, die helfen soll, die großen Forschungslücken auf dem Feld zu schließen.

Der Text erscheint auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels. Themenanregungen und Kritik gern im Kommentarbereich etwas weiter unten auf dieser Seite oder per Email an:queer@tagesspiegel.de.

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