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Die "Prout Performer" Listen sollen zu mehr Sichtbarkeit von queeren Führungskräften und Vorbildern beitragen.

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Exklusiv

Würdigung queerer Führungskräfte und Vorbilder: Das sind die „Prout Perfomer“ 2021

Durch die „Prout Perfomer“-Listen sollen offen queere Führungskräfte mehr Sichtbarkeit bekommen. Wir stellen exklusiv einige der Ausgezeichneten vor.

Pünktlich zum Pride-Monat würdigt die Stiftung Prout at Work zahlreiche Personen der queeren Community. Auf den sogenannten „Prout Perfomer“-Listen stehen die Namen etlicher Menschen, die Chancengleichheit von LGBTIQ* Personen in der Arbeitswelt fördern.

Dadurch sollen vor allem offen queere Führungskräfte und Vorbilder mehr Sichtbarkeit erhalten. Das Projekt ist eine Weiterentwicklung der Germany’s Top 100 OUT Executive Liste mit dem Unterschied, dass es in diesem Jahr verschiedene Kategorien gibt.

Auf den Listen werden unter anderem Führungskräfte aus Unternehmen mit über 500 Mitarbeitenden, aber auch aus kleineren und mittelständischen Unternehmen gewürdigt. Darüber hinaus gibt es Kategorien für queere Mitarbeiter*innen, die sich für Chancengleichheit am Arbeitsplatz stark machen oder die in der Politik aktiv tätig sind.

Individuelle Benotung

„Für alle Diversity-Gruppen braucht es Role Models, damit jüngere Menschen glauben sie könnten Karriere machen“, sagt Albert Kehrer, „deshalb braucht es auch Listen, die LGBT Personen in Führungspositionen sichtbar machen.“

Nachdem einzelne Personen von Prout at Work und anderen Organisationen nominiert worden waren und ihre Nominierung angenommen hatten, bewertete eine Jury die Personen nach spezifischen Kriterien. Einige Personen, die sich besonders hervorgetan hatten, wurden außerdem in einem Ranking platziert.

„Die Jury hat die Personen nicht untereinander bewertet, sondern individuell und mit Noten“, erklärt Kehrer, „daraus ist dann eine Gesamtbewertung entstanden, die relativ eindeutig war.“

Die Jury setze sich zusammen aus Personen der deutschen Arbeitswelt, die hinter dem Thema LGBTIQ* stünden, darunter die BVG-Vorstandsvorsitzende Eva Kreienkamp und Martin Seiler aus dem Vorstand Personal und Recht der Deutschen Bahn.

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie werden die Listen in diesem Jahr nur online veröffentlicht. Normalerweise würde ein Gala-Event stattfinden, wo die Personen geehrt würden. „Das werden wir aber nachholen“, stellt Kehrer klar.

Personen in der Politik

Zu Personen auf der Liste, die geoutet und aktiv in der Politik sind, gehören beispielsweise Jens Brandenburg, Sprecher für LSBTI der FDP-Bundestagsfraktion (Platz eins), die queerpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion Tessa Ganserer (Platz zwei) und der Grünen-Politiker Sven Lehmann (Platz vier).

Sabine Bolz wurde auf den ersten Platz der „Prout Executives“ gewählt und ist begeistert über diese Entscheidung: „Das freut mich riesig, denn damit habe ich eine ganz andere Sichtbarkeit“.

Es ist noch nicht lange her, dass sie sich im Arbeitsumfeld als trans geoutet habe, erzählt die 61-jährige Geschäftsführerin, und die Auszeichnung bedeute ihr sehr viel: „Ich weiß, wie es ist zwei Leben parallel zu führen und das ist sehr belastend. Diese Anerkennung ist ein wichtige Zeichen und kann anderen Betroffenen Mut machen, auch Ihren Weg zu gehen“.

Sabine Bolz (61) wurde auf den ersten Platz der „Prout Executives“ gewählt.
Sabine Bolz (61) wurde auf den ersten Platz der „Prout Executives“ gewählt.

© Sabine Bolz

Sabine Bolz arbeitet seit 30 Jahren bei der G+H Isolierung GmbH, hat viele Funktionen in verantwortlicher Position durchlaufen und ist seit 2016 Geschäftsführerin. Im privaten Umfeld outete sie sich schon vor längerer Zeit, in der Firma vor zwei Jahren.

Im vergangenen Jahr belegte sie den zehnten Platz der „Top 100 Out Executives“. Dass sie trans ist, habe sie bereits als Jugendliche gewusst, erzählt Sabine Bolz. „Aber in den 60er und 70er Jahren war das Thema nicht präsent und ich hatte keine Möglichkeit, darüber zu sprechen und mich selbst zu finden."

Mit dem Studium und der beruflichen Entwicklung fehlte habe ihr immer mehr der Mut gefehlt, sich zu outen. "Es war gefühlt auch nicht die Offenheit in der Gesellschaft vorhanden wie heute“.

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Vor einigen Jahren trat sie dann zwei Frauenverbänden bei, nämlich der Initiative „Frauen in die Aufsichtsräte“ und „Business and Professional Women“. Damit wollte sie Themen wie Frauenquoten in Aufsichtsräten und Vorständen, sowie das Thema Entgeldgleichheit zwischen Frauen und Männern unterstützen. "Durch die vielen hier gewonnen Kontakte habe ich mich in meiner weiblichen Persönlichkeit weiterentwickelt. Das hat mein Selbstvertrauen gestärkt“

Ihre gewonnenen Erfahrungen vor und nach dem Coming Out möchte sie gerne weitergeben und anderen Betroffenen Mut machen. „Ich hoffe, dass ich Menschen in einer ähnlichen Situation mit meiner Sichtbarkeit helfen und ein Zeichen setzen kann, dass die Gesellschaft sich verändert hat und offener geworden ist.“

70 Prozent der trans Menschen hätten sich in ihrem beruflichen Umfeld noch nicht geoutet, sagt Bolz, und das sei auch die größte Hemmschwelle, weil es um wirtschaftliche Existenzen gehe. "Es braucht Impulse und erfolgreiche Beispiele und deshalb möchte ich sagen: Traut euch!"

Sven Bäring wurde auf den ersten Platz der Kategorie „Prout in the Public Service“ gewählt.
Sven Bäring wurde auf den ersten Platz der Kategorie „Prout in the Public Service“ gewählt.

© Sven Bäring

Erster Platz bei "Prout in the Public Service"

Sven Bäring wurde auf den ersten Platz der Kategorie „Prout in the Public Service“ gewählt. Er ist Vorsitzender von QueerBw, der Interessenvertretung queerer Personen bei der Bundeswehr, und seit 2013 außerdem Soldat.

„Ich freue mich natürlich sehr, dass mein Engagement gesehen und unterstützt wird, auch wenn das nicht mein alleiniger Verdienst ist, sondern der meines Teams“, sagt Bäring.

Er engagiert sich schon seit einigen Jahren für queere Personen bei der Bundeswehr und das mit Erfolg: Erst kürzlich habe das größte Projekt von QueerBw einen „Erstabschluss“ gefunden, erzählt Bäring, nämlich die Rehabilitierung homosexueller Soldaten. „Die Bundeswehr hat systematisch homosexuelle Soldaten diskriminiert und die werden jetzt in einem ersten Schritt rehabilitiert und entschädigt.“

Neben der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der Bundeswehr schaue Queer BW aber auch in die Zukunft und überlege, wie mit dem Thema LGBTIQ* innerhalb der Bundeswehr umgegangen werden könne.

„Wir brauchen unbedingt eine Ausbildung für alle Soldaten und Soldatinnen und müssen Unsicherheiten bei dem Thema abschaffen“, sagt Bäring. Er beobachtet trotz existierender Lücken aber auch positive Entwicklungen: „Es ist ein deutlicher Wandel in den letzten 15 Jahren spürbar, nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch hier.“

Angela Andresen hat es auf den ersten Platz in der Kategorie „Prout Voices“ geschafft.
Angela Andresen hat es auf den ersten Platz in der Kategorie „Prout Voices“ geschafft.

© Christof Mattes

Erster Platz bei "Prout Voices"

Angela Andresen von der Commerzbank AG hat es auf den ersten Platz in der Kategorie „Prout Voices“ geschafft. Sie ist Sprecherin von Arco, dem LGBT*IQ- Netzwerk der Commerzbank und hauptberuflich im Bereich „Group Compliance“ tätig.

„Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, so weit vorne zu sein und bin ehrlich gesagt sehr überrascht. Umso mehr freue ich mich“, sagt Andresen.

Mittlerweile hat das Mitarbeiter*innen-Netzwerk rund 450 Mitglieder. Es diene vor allem dazu, queere Personen und deren Angehörige zu unterstützen, sagt Andresen. „Manchmal haben wir auch Familienangehörige, die uns fragen, wie sie damit umgehen können, dass zum Beispiel ihre Tochter lesbisch ist.“

Andresen ist es vor allem wichtig, zu mehr lesbischer Sichtbarkeit beizutragen. „Wir haben ganz tolle offene schwule Männer, aber sehen bisher zu wenig Frauen.“ Dieses Problem beobachtet Andresen auch in anderen Betrieben.

Es fehlte der 40-jährigen Arco-Sprecherin selber an queeren Vorbildern in ihrer Jugend, an denen sie sich orientieren konnte. Deshalb rief sie in diesem Jahr gemeinsam mit Prout at Work die Kampagne #TheLWorksOut ins Leben.

Außerdem veranstalten sie und ihre Kolleginnen einmal im Monat die netzwerkübergreifenden „Ladies Lunches“ – seit Januar in digitaler Form – „damit sich Frauen und non binäre Personen der Community gegenseitig besser supporten können“, erklärt sie. „Ich glaube, das hat auch die Jury überzeugt. Es ist wichtig, dass in dieses Thema endlich Bewegung reinkommt.“

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