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Urlaub am Nil.

© dpa

Nil-Kreuzfahrt: Im Bann der Pharaonen

Eine Nil-Kreuzfahrt steckt voller Geschichte. Genießen lässt sie sich auf einem Luxusschiff wie der "Oberoi Zahra"

Frauen tragen ihre Markteinkäufe auf dem Kopf nach Hause, von Eselskarren herab preisen Bauern kleine Bananen und Erdbeeren an, magere Pferdchen ziehen altertümliche Kaleschen. Deren Eigentümer buhlen um die Gäste des Luxuscruisers „Oberoi Zahra“, der hier am ersten Tag seiner Reise angelegt hat. Landgang in Assuan, der südlichsten Stadt Ägyptens.

Zum Basar, Markt oder doch lieber zum Nubischen Museum? Wir gehen zu Fuß, vorbei an den grünen Auen des Nils, auf denen Papageienblumen unter Apfelsinenbäumchen wachsen und am Wegesrand die knallroten Blüten der Hibiskusbüsche schon von Weitem leuchten. Farbenprächtig wie die Tücher und Seidentaschen, geschäftstüchtig und überteuert angepriesen mit dem Zusatz: „Von unseren nubischen Frauen genäht“. Im Souk von Assuan ist das 21. Jahrhundert sehr wohl angekommen.

Aber Nubien, das war einmal, erfahren wir später von Ahmed Saber. Er hat in Kairo studiert, jedoch wie viele junge Akademiker in seiner Heimat keine adäquate Anstellung bekommen. Nun betreut er als Führer die Passagiere des Luxusschiffs, begleitet sie zu den Sehenswürdigkeiten entlang dem Nil. Deswegen sind die Gäste ja an Bord: Eine Reise in die jahrtausendealte Vergangenheit wollen sie machen, eintauchen in die mythischen Geschichten um Ägyptens Pharaonendynastien.

Die Gästeschar an Bord ist überschaubar: Engländer, Italiener, Deutsche, geeint durch sichtbare Signets des Wohlstands. Der dürfte neben Wissensdurst und Fitness durchaus eine weitere Voraussetzung sein für diese exquisite Reise zu den Heiligtümern Ober- und Mittelägyptens. Ein stattliches, 72 Meter langes Schiff für nur 54 Passagiere in 27 üppig großen Kabinen. Es gibt hier auch Spa und Gym, die fit machen für die halbtägigen Ausflüge.

In Assuan beginnt die siebentägige Reise. Natürlich ließe sich die Strecke nach Luxor auch in drei Tagen bewältigen. Doch dann wäre die Zeit zu kurz, um das Schiff gebührend zu genießen und die Sehenswürdigkeiten am Ufer zu erkunden. Bis zum Ende der Kreuzfahrt, die über Edfu und Essna führt, werden auch wir dann, dank Ahmed, hoffentlich wissen, zu welcher Dynastie Tutenchamun gehörte und wie das so mit Kleopatra, Cäsar und Antonius war. Bisher spukten in unseren Köpfen da doch eher Liz Taylor und Richard Burton herum ...

Doch zunächst stehen wir, von Ahmed mit geschichtlichen Fakten bombardiert, staunend vor Assuan-Staudamm und Nasser-See. Der Wasserspiegel des Sees ist seit langem so niedrig, dass Krokodile längst geflüchtet sind. Ahmed doziert auf Deutsch, die Passagiere sind beeindruckt. Was Ahmed so alles weiß! Er kennt sogar den etymologischen Unterschied zwischen Kandelaber und Kronleuchter, wispert Juristin Jutta aus München.

Letzterer befindet sich in der Lobby unseres Fünf-Sterne-plus-Schiffs. Kein Agatha-Christie-„Tod auf dem Nil“-Ambiente. Kein Nippes, wie auf den meisten der zahllosen Flussschiffe, stattdessen Purismus überall. Von der lichtdurchfluteten Lounge, in der nachmittags der „Five o’clock tea“ serviert wird, bis hin zum Pooldeck, wo man nach den Ausflügen abends noch schwimmen und dabei die Sterne Ägyptens betrachten kann.

Die Sterne leuchteten wenige Stunden zuvor noch mit Laserstrahlen um die Wette. Beim „Sound and lights“-Event innerhalb des Philae-Tempels. Einst versunken im Nil, wurde diese Tempelanlage dann auf Philae, der Insel der Schönheit, der Liebe und Unsterblichkeit, wieder aufgebaut.

Hightech-Klänge umwehen die Gäste. Ein bisschen Mozart, Entführung aus dem Serail, eine Prise Carmina Burana. Höchst beeindruckend.

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Beim Dinner abends an Bord kommt Beethovens „Für Elise“ vom Band, wir essen Mezzi, jene grandiose Auswahl verschiedener orientalischer, wunderbar schmeckender Vorspeisen, danach Kebab aus Ägypten. Oder doch lieber Fischcurry aus Indien? Die Küche an Bord ist international, und die indischen Gerichte von Küchenchef Siddharta Chowdhry sind preiswürdig.

Im Zwillingstempel von Komombo sehen wir anderntags endlich ein Krokodil – wenn auch nur aus Stein, dafür aber sehr, sehr alt. Sobek – Gott der Fruchtbarkeit, Schöpfer der Welt. Um uns herum wuseln von ihren Lehrern begleitete Grundschulkinder. Die Kleinen kichern, sagen keck „Hallo“ zu den Exoten aus Deutschland.

An streng in Form geschnittenen Bäumen und Buchsbäumen entlang, ganz wie in Klein Versailles, gehen wir zurück zu unserem exotisch aussehenden Bötchen, eine sogenannte Feluke, die uns später noch auf Mango-Island zu einem „nubischen Folkloreabend“ bringen wird.

In einer halbstündigen Fahrt durchpflügen wir Nacht und Fluss, gleiten vorbei an bizarr aussehenden Felsen und werden schon beim Anlegen von den Musikern empfangen. Ein Sufi-Tänzer ist auch unter ihnen. Ziemlich lahm, dieser Derwisch, finden wir, obwohl keiner von unserer Gruppe es ihm in seinen wilden Kreisbewegungen gleichtun könnte. Die dunkle ägyptische Nacht ist jedoch wunderbar, und die kommenden Tage, in denen unser Schiff ruhig und friedlich den Nil entlang Richtung Edfu gleitet, haben etwas sehr, sehr Kontemplatives.

Ein Gast aus Norddeutschland ruft entzückt beim Anblick weidender Kühe und all der Wiesen: „Fast wie in Ostfriesland“, und Ahmed, der uns in Edfu, wie an jeder unserer Anlegestellen, nebst Limousine und Chauffeur am Ufer erwartet, sagt weise: „Ja, der Nil verleiht dem Menschen Freude!“

Auch Lotos, Papyrus, Parfüms. Parfümrezepturen finden wir an den Mauern des besterhaltenen Tempels Ägyptens in Edfu, und hieroglyphenkundig sind wir auch schon ein bisschen! Hören die blutig-makabre Story von Seth und Horus, später abends auf dem Schiff von draußen die Gebete der Muslime.

Das Ziel der Reise ist jetzt zum Greifen nahe. Die „Oberoi Zahra“ dümpelt friedlich vor sich hin. Sphärenmusik erklingt auf dem Oberdeck; sie kommt vom Spa, wo uns der Duft von Pfefferminze, Mandeln und Lilie betört.

Fast alle Gäste liegen auf dem Oberdeck. Ein Signore aus Florenz liest in seinem Guide „Egitto“, seine Frau lernt wieder englische Vokabeln, ohne die sie hier an Bord kaum auskäme. Ein Arzt aus Köln fragt seine Töchter nach den zehn wichtigsten ägyptischen Göttern, und auch die Juristin aus München liest Reiseführer. „Baedeker“ empfiehlt sie. Das seien die besten. Der sechste Tag der Bildungsoffensive Nilkreuzfahrt ist angebrochen.

Kurz vor Luxor wird die Gegend am Ufer dörflicher. Idylle mit Hühnern und Hütten und offenbar unvermeidlichen Satellitenschüsseln. Die „Oberoi Zahra“ fährt allerdings Luxor nicht direkt an. Dort sind die Anlegestellen überfüllt. Das Schiff macht fest in Qena, der vielleicht saubersten Stadt in ganz Ägypten. Von hier aus geht’s zunächst zum Ausflug nach Karnak, der größten und besterhaltenen Tempelanlage Ägyptens. Wie sollte es auch anders sein, die unvermeidliche „Konkurrenz“ ist auch schon da: Touristen, in 20 Bussen angekarrt aus Hurghada. Englische Graue-Socken-in- Sandalen-Träger und amerikanische Ladys, notdürftig bekleidet mit Top und Shorts, stürmen die alten Gemäuer. Wir lauschen derweil fasziniert einer Mitreisenden, die Rilke zitiert, der einst jene Sphingenallee und mächtigen Säulen besang mit „In Karnak war’s ...“

Die Temperaturen nähern sich 40 Grad, Zeit, ins kühle Museum von Luxor zu gehen, die erste Mumie bestaunen und hören von Ramses, von Tutenchamun, von Echnaton und deren komfortablem Weiterlebenkönnen nach dem Tode. Die Fitten unter den Passagieren wollen morgen ins „Tal der Könige“, mitten in der Wüste. Später werden sie ernüchtert berichten: „Fotografieren war dort bei Strafe verboten.“ So mancher hat teuer bezahlt für den Versuch, das Innere eines Pharaonengrabs abzulichten. Andere wieder haben sich auf der Rückfahrt zum Schiff in einer Fabrik zum Souvenirkauf anregen lassen und nennen nun einen hundeköpfigen Gott aus Alabaster ihr Eigen. Für sagenhafte 800 Euro!

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ALLGEMEINES

Es gibt böse Zungen, die behaupten, den Nil könne man trockenen Fußes überqueren – weil so viele Kreuzfahrtschiffe dort unterwegs seien. Ganz so schlimm ist es nicht, doch eine erkleckliche Zahl ist schon zwischen Kairo und Assuan unterwegs, etwa 300 sollen es sein. Zu spüren bekommen das die Gäste allerdings nur an den Anlegern, wo man gelegentlich mehrere andere Schiffe überqueren muss, um an Land zu kommen.

REISEZEIT
Die angenehmste Reisezeit sind die Monate zwischen Oktober und März.

FAHRTGEBIET
Die meisten Schiffe fahren allein die Strecke zwischen Luxor und Assuan, wobei für die Hauptattraktionen entlang dem Ufer in der Regel zwischen fünf und sieben Tage Zeit ist.

Von Assuan aus werden Ausflüge nach Abu Simbel am Nasser-Stausee angeboten, per Bus oder Flugzeug. Wer es eben möglich machen kann, sollte die Gelegenheit wahrnehmen.

VERANSTALTER
Die Auswahl ist riesig, von günstig bis luxuriös zum entsprechenden Preis. Günstige Variante: Luxor–Assuan–Luxor auf einem nicht näher bezeichneten „Fünf-Sterne-Schiff“, 424 Euro inklusive Flug ab Tegel im Dezember, Ausflugspaket 169 Euro. Veranstalter H & H Tur

Luxuriös: Acht Tage auf der „The Oberoi Zahra“, im Oktober/November ab 3529 Euro ohne Anreise, inklusive Ausflüge. Auskunft im Reisebüro oder bei www.kreuzfahrten.de

Dagmar Zurek

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