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Trotz des Booms – Busschlangen wie hier bei Sa Calobra auf Mallorca wird’s auf deutschen Autobahnen wohl kaum geben.

© laif

Alternative zur Bahn: Der Bus macht mobil

Linienverkehre starten durch. Von und nach Berlin sind immer mehr Strecken buchbar.

Max im Glück. Der junge Berliner studiert in Leipzig und hat ein Busticket für die Fahrt von seiner Uni- in seine Heimatstadt gelöst – für drei Euro. Auf der Suche nach einer preisgünstigen Fahrgelegenheit fand er irgendwo in den Tiefen des Internets einen Gutschein über fünf Euro, einzulösen bei meinfernbus.de, wo die Strecke eigentlich erst ab acht Euro zu buchen ist. Ein bereits unschlagbarer Preis im Vergleich zur Privatbahn Interconnex, zu diversen Mitfahrgelegenheiten oder gar zur Deutschen Bahn, die für die Reise im ICE zwischen Berlin und Leipzig einen „Normalpreis“ von 46 Euro verlangt. Dabei sind die Versprechungen des jungen Busunternehmens Mein Fernbus GmbH groß: bequeme Sitze mit ordentlichem Abstand zum Vordermann, kabel- und kostenloses Internet an Bord, Toilette, Snacks und Kaltgetränke zu günstigen Preisen sowie einiges mehr. Max ist gespannt, was er für drei Euro im grünen Bus bekommt.

Der Senkrechtstarter Mein Fernbus GmbH hat die Umweltfarbe Grün für seine Flotte mit Bedacht gewählt: Er will die Menschen von der Autobahn holen. Ebenso planvoll setzt er seine Pfeile gegen den Verkehrsträger Nummer eins, die Deutsche Bahn. „Wir gehen vorrangig dorthin, wo die Bahn schlecht ist“, erläuterte Torben Greve, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens, sein Konzept, als er jetzt in Berlin die neuen Strecken des ambitionierten Busunternehmens vorstellte. Besonders Fahrgäste von und nach Berlin werden von Ende März an zusätzlich von der zwar langsameren, jedoch ungleich preisgünstigeren Alternative zur Bahn profitieren.

Der Netzausbau geht bei dem Unternehmen zügig voran. Bis Ende März binden fünf neue Linien 16 weitere Städte ein, erstmals auch sechs in Norddeutschland. Die Flotte der auffällig grünen Fernbusse wächst um 18 auf 48 Fahrzeuge. Insgesamt werden dann mehrmals täglich 42 Ziele in Deutschland sowie grenznahe Städte in Frankreich (Straßburg) und der Schweiz (Zürich) angebunden. Bis Jahresende sollen es 80 Ziele sein.

„Wir werden bis zum kommenden Sommer das größte deutsche Fernbus-Liniennetz anbieten“, sagt Greve. Die Umsetzung eines schnellen Streckenausbaus nach der Liberalisierung des Fernbusmarktes zu Jahresbeginn sei nur mit Hilfe der mittelständischen Partner möglich gewesen. Die Mein Fernbus GmbH besitzt keine eigenen Fahrzeuge, sondern hat derzeit elf regional operierende Busunternehmen vertraglich an sich gebunden.

Am 21. März wird die Linie von Berlin nach Speyer mit den Stationen Bad Hersfeld, Alsfeld, Flughafen Frankfurt am Main, Darmstadt, Bensheim, Heidelberg und Schwetzingen eröffnet. Die Fahrtdauer für die gesamte Strecke von Berlin nach Speyer beträgt neuneinhalb Stunden, Fraport wird von Berlin aus in gut sieben Stunden erreicht und die Reise nach Heidelberg dauert knapp neun Stunden. Die Ticketpreise für den zwei Mal täglich verkehrenden Bus beginnen für die Strecke von Berlin nach Speyer ab 25 Euro, der maximale Preis bei kurzfristiger Buchung liegt bei 57,50 Euro. Fahrten von Berlin zum Frankfurter Flughafen sind ab 22 Euro erhältlich, nach Heidelberg kommt man aus der Bundeshauptstadt ab 25 Euro.

„Dauert doppelt so lange wie mit der Bahn. Doch bei dem Preis...“

Ebenfalls am 21. März startet die Linie von Hamburg über Bergen und Celle nach Braunschweig mit vier täglichen Abfahrten. Eine Woche später, am 27. März, wird vier Mal täglich der Linienverkehr von Berlin nach München aufgenommen. Dabei soll ein Nachteil des Busses gegenüber der Bahn weniger ins Gewicht fallen: die Fahrtzeit. Auf den meisten Strecken müssen die Fahrgäste mehr Zeit mitbringen als Bahnreisende, doch die Strecke nach München sei bei nur zwei Zwischenhalten (Münchberg und Bayreuth) in sieben Stunden zu bewältigen, womit man nur geringfügig langsamer sei als der ICE von der Spree an die Isar, sagt Greve. Die einfache Fahrt von Berlin nach München ist ab 22 Euro erhältlich, bei kurzfristiger Buchung fallen maximal 49,50 Euro an. Für die Teilstrecke von Bayreuth nach Berlin werden Tickets ab 18 Euro angeboten.

Durch Streckenkombinationen entstehen ab Ende März auch täglich bis zu drei umsteigefreie Verbindungen von Berlin, Kulmbach und Bayreuth in die Bodenseeregion (Friedrichshafen, Meersburg und Konstanz) sowie nach Zürich. Fahrkarten von der deutschen Hauptstadt nach Zürich sind ab 33 Euro erhältlich, bei kurzfristiger Buchung kostet die Fahrkarte maximal 66 Euro. Die vier Ziele am Bodensee sind ab 28 Euro von Berlin aus erreichbar. Mittelfristig plant das Unternehmen von Berlin aus nach Chemnitz, Nürnberg–Ulm–Oberstdorf, nach Stuttgart sowie über Münster nach Aachen und auch ins Sauerland zu fahren.

Im Nordosten der Republik tut sich das junge Unternehmen noch schwer. Das liege nicht daran, dass Ziele in Mecklenburg-Vorpommern nicht interessant seien. Vielmehr hapere es vielfach daran, dass die Kommunen keine geeigneten Bushaltestellen ausweisen wollten, sagt Greve. Das Problem gebe es beispielsweise auch in Saarbrücken. Dort würde der Fernbus gern hinfahren, doch die Stadt sage, es gebe „keinen Platz für Busse“. So fahre der Bus von München kommend eben nur bis Neuenkirchen. Auch sei es manchmal schwierig, in der Nähe von Bahnhöfen entsprechende Haltestellen zu finden, wenn die Bahn dort die Verkehrsrechte für ihre Busse habe.

Die Expansion der Grünlinge geht in den kommenden Monaten weiter. Ziel sei ein „ein hochfrequentes deutschlandweites Liniennetz“, das Fahrgästen zahlreiche Direktverbindungen und weitere ergänzende Umsteigeverbindungen anbiete. Und es gibt ein Versprechen: „Sollten wegen eines Staus oder eines anderen Problems unsere Fahrgäste den Anschluss zu einem unserer Busse nicht erreichen, garantieren wir für seine Weiterfahrt. Zur Not kaufen wir auch ein ICE-Ticket“, versichert Greve. In den kommenden Monaten will er die Flotte der ein bis zwei Jahre alten Fahrzeuge auf deutlich mehr als 100 Busse aufstocken.

Mein Fernbus ermöglicht auch eine vollständige Treibhausgas-Kompensation. Jeder Fahrgast kann auf Wunsch klimaneutral fahren, indem der individuell entstehende CO2-Ausstoß pro Fahrt berechnet und mit einem Ausgleichsbetrag auf den Fahrpreis belegt wird (etwa München–Freiburg, einfache Fahrt für eine Person: 28 Cent). Bei den Ausgleichsbeträgen arbeitet das Unternehmen mit My Climate zusammen, das Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern unterstützt.

Der Fernbus bietet den Fahrgästen nicht nur kostenfreies W-Lan, auf jeder Fahrt können auch bis zu fünf Fahrräder transportiert werden (je neun Euro pro Strecke). Platzreservierungen sind nicht möglich. Doch die Gepäckregelung ist großzügig: Handgepäck plus zwei normal große Gepäckstücke werden kostenfrei mitgenommen. Ab dem dritten Gepäckstück wird eine Gebühr von fünf Euro pro Teil erhoben.

Max ist in Leipzig pünktlich um 16 Uhr 40 abgefahren. An Bord ist alles so wie versprochen. Und trotz ITB-Staus rund ums Messegelände trifft der Bus pünktlich um 18 Uhr 55 am ZOB ein. „Dauert zwar doppelt so lange wie mit der Bahn“, sagt Max. „Doch bei dem Preis….“

Die Busfahrten sind unkompliziert im Internet zu buchen (meinfernbus.de), jedoch auch zu gleichen Preisen an zahlreichen Verkaufsstellen und in Reisebüros erhältlich. Fahrscheine beim Busfahrer nur zum Normaltarif. Auskunft unter der Rufnummer: 01 80 / 515 99 15

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