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Pack an. Der Nachbau eines römischen Lastkrans vermittelt, wie manches Bauwerk einst gestemmt wurde.

© Landesmuseum Hannover

Die Ausstellung „HighTech Römer“: Wiege das Kettenhemd

Lust und Leid bei den Römern: Hannover bietet Familien ein Spektakel.

Max und Julian rennen schon mal vor. Katapult- und Armbrustschießen, das wollten sie immer schon mal ausprobieren. Sie sind in der Militärstation der neuen Römerausstellung „HighTech Römer“ gelandet, die jetzt im Landesmuseum Hannover eröffnet wurde. Hier kann überhaupt alles Mögliche unter die Lupe genommen werden. „Wiege dieses Kettenhemd eines römischen Soldaten!“ oder „Setz dich aufs Klo, wie die Römer es taten!“, lauten die Anregungen.

Dann kommt der Clou: Wer durch den Abwassertunnel der Cloaca Maxima klettert, findet unten einen Lichtschalter, der zeigt, wie die Römer ihre Notdurft verrichteten. Sie saßen mit mehreren zusammen, erledigten ihr Geschäft und hatten dabei Stäbe mit Schwämmen daran in der Hand – die Vorläufer unserer heutigen Klobürsten. „Muss das gestunken haben!“, mag der Besucher denken. Doch weit gefehlt. Unter den Toilettenlöchern verliefen Abwasserkanäle, in denen alles gleich weitergespült wurde.

„Wir möchten zeigen, wie die genialen technischen Errungenschaften Jahrtausende überdauert haben. Das Römische Reich war das Imperium der Ingenieure, und vor allem Kinder und Jugendliche sollen in dieser Ausstellung spielerisch Maschinen und Geräte ausprobieren und dabei jede Menge über technische und physikalische Gesetze lernen können“, erläutert Kulturvermittlerin Regine Tuitjer.

Links rot, rechts schwarz bedeutet „Feuer!“

Die Ausstellung insgesamt ist ein multimediales und interaktives Spektakel zugleich. Neun Themeninseln widmen sich den Bereichen Architektur, Maschinen, Kanalisation, Straßenbau und Kommunikation. 33 Mitmachstationen zeigen auf anschauliche Weise, dass viele unserer Alltagsgegenstände ihren Ursprung in römischen Erfindungen haben. Flaschenzüge, Rechenmaschinen und Messinstrumente sind nur einige davon.

Auf den Fahnentürmen kann jeder ausprobieren, wie sich die Römer verständigt haben. Links rot, rechts schwarz bedeutet „Feuer!“. Links und rechts gelb heißt „Angriff bei Sonnenuntergang!“, links blau, rechts schwarz zeigt an, dass der Feind abzieht. „Die lateinische Sprache ist überall in unserer Umgebung. Wir haben deswegen besonderen Wert darauf gelegt, das Lateinische lebendig werden zu lassen. Professor Rolf Heine aus Göttingen hat uns geholfen, die komplexen technischen Texte ins Lateinische zu übersetzen, damit auch Lateinlehrer mit ihren Kursen hier umfangreiches Material bekommen“, erläutert die Museumsdirektorin Katja Lembke ihr Anliegen.

Die Ausstellung wurde vom Landesmuseum Bonn übernommen, das sie in Kooperation mit zwei niederländischen und einem belgischen Museum entwickelt hat. Deshalb kann man die Texte an jeder Station auf Englisch, Französisch, Deutsch, Niederländisch und – das ist die Besonderheit hier in Hannover – auf Lateinisch lesen. Auf zahlreichen Bildschirmen verdeutlichen Animationen, wie die Stadt Rom vor 2000 Jahren ausgesehen haben mag, wie ein Aquädukt funktionierte und wie die Römer Dächer gedeckt haben.

Erst schlemmen, dann abtauchen

„HighTech Römer“ ist eine gelungene Ausstellung für die ganze Familie. Wissbegierige Jungs und neugierige Mädchen kommen hier genauso auf ihre Kosten wie die Eltern, die gegebenenfalls noch mal ihre verschütteten Lateinkenntnisse auffrischen wollen. Eine Menge Spaß und Wissen warten hier auf die Besucher – bis zum April 2015.

Wer nach einer Stärkung im dem Museum angeschlossenen Café und Restaurant „Schönwald’s“ noch Lust und Laune hat, der sollte sich auch die hochinteressante Dauerausstellung „Naturwelten“ im Erdgeschoss des Landesmuseums nicht entgehen lassen. Dort scheint es ein bisschen so, als begäbe man sich direkt unter Wasser. Dieser Effekt ist durchaus beabsichtigt. Alles ist in tiefes Nachtblau gehüllt. In zahlreichen Vitrinen und Aquarien lassen sich zum Beispiel der gelbe Segelflossen-Doktorfisch und der Antennen-Feuerfisch bewundern. Schädel von Seekühen und Eisbären sind zu bestaunen, und wirklich abtauchen in die unendlichen Weiten der Tiefsee kann der Besucher auch.

Wie haben sich die Lebewesen auf unserer Erde vom Wasser zum Land entwickelt? Auf diese Frage gibt es bei dem naturkundlichen Rundgang die Antworten. Von der Nordsee aus führt der Weg an Land. Man erfährt, dass Niedersachsen vor Tausenden von Jahren ein tropischer Dschungel war und dass über der Stelle, an der heute das Landesmuseum zu finden ist, damals Flugsaurier ihre Runden gedreht haben. Dann geht es weiter zum Mittelmeer, zu den Kanarischen Inseln, von dort in die Karibik und nach Südamerika. Zwischendurch schaut man dem furchteinflößenden, jedoch ausgestopften Kubakrokodil in die Augen, bewundert die Vögel in der Voliere und staunt darüber, wie unendlich groß die natürliche Vielfalt ist.

Dinospuren und mehr als bloße Fakten

In den „Naturwelten“ bestimmt der Besucher, ob er sein Wissen vertiefen oder sich einfach von den sinnlichen Eindrücken berieseln lassen möchte. Informationen für Kinder werden angemessen präsentiert, während detaillierte Hintergründe und Fachwissen auf Augenhöhe der Erwachsenen mit Bildschirmen und Schautafeln dargestellt werden.

Museumsdirektorin Katja Lembke ist besonders stolz auf die Verbindung von lebenden Tieren und Fossilien der Naturgeschichte, die hier als zentrales Element umgesetzt wurde. Das sei in Deutschland bisher einzigartig, sagt sie. Fossilienbegeisterte können per Videodokumentation auf unterschiedlichen Bildschirmen Ausgrabungsstätten besuchen und sich einen Überblick über die Puzzlesteine einer vergangenen Welt verschaffen.

Dinospuren und das imposante Dinoskelett bilden den Abschluss der Dauerausstellung. Hier bekommt jeder eine Ahnung davon, wie viel faszinierende Details sich in den Jahrmillionen unserer Erdgeschichte verbergen. Viele der Informationen zum Klimaschutz und zu den Forschungen der Meeresbiologen vermitteln nicht allein bloße Fakten. Zudem wird ein Gefühl von Ehrfurcht für die Schöpfung erzeugt und spornt an, dass wir Mutter Erde schützen und bewahren müssen. Das wird dem Besucher deutlich vor Augen geführt, wenn er vor der Vitrine mit ausgestorbenen Vogelarten steht, die der Mensch durch seinen Raubbau an der Natur unseres Planeten unwiederbringlich ausgerottet hat.

Katharina Sieckmann

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