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Fernreisen stehen bei Urlaubern hoch im Kurs und sind für die Veranstalter durchaus einträglich. Etwa eine Kreuzfahrt auf dem mittleren Lauf des Mekong durch Laos.

© gws

Drei Kleine ganz groß: Riesen im Reisegeschäft

Es gibt sehr große und es gibt etwas kleinere Riesen im Reisegeschäft. Unter den deutschen Reiseveranstaltern machen in letzter Zeit vor allem Berliner Unternehmen besonders auf sich aufmerksam.

Die fünf Großen mit Tui an der Spitze sind hinlänglich bekannt, bewegen diese Reiseriesen doch nicht nur Jahr für Jahr Millionen von Urlaubern, sondern setzen auch Milliarden um. Darüber hinaus mischen allerdings „heimliche“ Giganten mit. Sie können zwar nicht mit Buchungen im siebenstelligen Bereich aufwarten, doch sie setzen bei vergleichsweise geringen Gästezahlen erstaunliche Summen um. Unter den „Top Ten“ der pro Teilehmer umsatzstärksten Veranstalter glänzen vor allem drei Berliner Unternehmen: Windrose Finest Travel, Lernidee Reisen und Chamäleon Reisen. Bemerkenswert auch, wie optimistisch die drei Veranstalter bei ihren Prognosen für dieses Jahr sind, obwohl der Deutsche Reiseverband eher verhalten positiv in die nahe Zukunft blickt.

Bereits zum 40. Mal hat das Fachblatt „fvw“ ein Dossier zum deutschen Veranstaltermarkt veröffentlicht. Darin sind alle wichtigen Unternehmen mit ihren relevanten Geschäftsdaten erfasst. Rund 80 Prozent des deutschen Marktes werden somit abgebildet, schreibt das Blatt. Und so zeigt sich, dass 2011 ein Rekordjahr war. Allerdings geht aus den Prognosen der Veranstalter auch hervor, dass die Erwartungen für 2012 von einem eher abgeschwächten Wachtum ausgehen – von Ausnahmen abgesehen.

Der Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV), Jürgen Büchy, bleibt in jedem Fall optimistisch. Er erwartet 2012 für die Branche trotz einer vorhergesagten Konjunkturabkühlung noch zwei bis drei Prozent Wachstum. „In der Tat sind unsere Kunden und unsere Branche erfreulich krisenresistent“, sagte Büchy der „Südwest Presse“ in der vergangenen Woche. Die große Urlaubsreise sei das letzte, was die Leute aufgäben. „Man spart lieber an der zweiten Reise oder fährt etwas kürzer weg.“ Bei den Vorausbuchungen sei allerdings in den zurückliegenden Monaten etwas stärkere Zurückhaltung spürbar. 2011 konnte die Branche noch um mehr als neun Prozent zulegen.

Trotz der Unruhen in der arabischen Welt und dem Einbruch bei den Buchungen in Ägypten und Tunesien ist der Tourismus nach Büchys Meinung nicht anfälliger für politische Krisen geworden. Der Urlauber sei jedoch „ein scheues Reh“, also sehr sensibel, was mögliche Eintrübung der Urlaubsfreude angehe: „Wann immer er das Gefühl hat, dass ihm irgendetwas die ,schönsten Wochen des Jahres‘ verhageln könnte, geht er woanders hin.“

Die „Big Five“ auf dem deutschen Reisemarkt sind weiterhin Tui, die Rewe- Group (mit Dertour, ADAC Reisen, Meyer’s Weltreisen, ITS, Jahn Reisen, Tjaereborg), Thomas Cook, FTI und Alltours Flugreisen. In dieser Reihenfolge weisen sie zusammen mehr als 13 Milliarden Euro Umsatz aus bei knapp 25 Millionen Teilnehmern. Das hört sich zunächst gewaltig an, bei genauerer Betrachtung entfällt dabei auf den einzelnen Teilnehmer jedoch ein eher bescheider Umsatz.

Auf den ersten Blick erstaunlich dabei, dass ausgerechnet der preisaggressive Veranstalter Alltours Flugreisen unter den großen fünf bei einem Umsatz von rund 1,3 Milliarden Euro mit fast 1,7 Millionen Teilnehmern den höchsten Pro- Kopf-Umsatz erzielt, nämlich 790 Euro. Berücksicht man allerdings, dass die anderen großen Mitbewerber auch sehr viele Ziele mit „eigener Anreise“ – in der Regel mit dem Verkehrsmittel Auto statt dem kostenintensiven Flugzeug – anbieten, relativiert sich die Position.

Wer sonst noch auf dem Reisemarkt mitmischt...

Tui Deutschland beispielsweise bringt mit den Veranstaltermarken Tui, 1-2-Fly, Airtours, Discount Travel, Wolters sowie ihren Beteiligungen an Berge & Meer, L’Tur, Gebeco / Dr. Tigges, Fox-Tours und Oft Reisen rund 8 Millionen Menschen in den Urlaub und setzt dabei gut 4,2 Milliarden Euro um. Das entspricht einem Umsatz von 527 Euro pro Gast. Ganz ähnlich in der Relation bewegen sich die Münchener FTI Group (2,7 Millionen Teilnehmer/1,47 Milliarden Euro Umsatz/544 Euro pro Gast), Thomas Cook mit den Marken Neckermann Reisen, Thomas Cook Reisen, Bucher Last Minute sowie dem übernommenen Veranstalter Öger Tours (5,7 Mio. / 3 Mrd./ 526) und nicht zuletzt die Touristiksparte der Kölner Rewe Group (knapp 6,7 Mio./ 3,1Mrd./464).

Besonders glänzen konnten im abgelaufenen Reisejahr viele mittelständische Veranstalter, allen voran drei Berliner Unternehmen. Auf Platz 2, 3 und 5 konnten sich Windrose, Lernidee und Chamäleon auf der Rangliste „Umsatz pro Teilnehmer“ einreihen. In dieser von der „fvw“ erstellten Hitliste musste sich Windrose nur dem Veranstalter von Luxus-Kreuzfahrten Hapag-Lloyd geschlagen geben – die Hamburger erreichten auf ihren Schiffen „Europa“, „Columbus“, „Hanseatic“ und „Bremen“ bei gut 23 000 Passagieren einen Umsatz von 8549 Euro pro Nase.

Windrose konnte bei leicht rückläufigen Teilnehmerzahlen einen Umsatz von 27,4 Millionen Euro erzielen. Bei 5523 Gästen entspricht das knapp 5000 Euro pro Reisendem. Dabei hatte Windrose extrem unter den Umbrüchen im arabischen Raum und in Japan zu leiden. Der Aufschwung im Südamerikageschäft vermochte die erlittenen Buchungsverluste für Ägypten, Syrien und Jordanien nicht wettzumachen. Da der Trend zu hochwertigen Reise jedoch anhalte, sei man für 2012 optimistisch, heißt es.

Lernidee Reisen überrascht nicht nur immer wieder durch neue, außergewöhnliche Reiserouten, die nach wie vor Unternehmensgründer Hans Engberding austüftelt. Das Unternehmen erstaunt auch ob solider Zahlen. Umsatz und Teilnehmerzahlen wuchsen 2011 im zweistelligen Bereich: 9080 Gäste brachten 32,5 Millionen Euro, was durchschnittlichen Reiseausgaben von 3579 Euro entspricht.

Last but not least: Chamäleon Reisen, ein Fernreisespezialist, der nach eigener Darstellung ein „grandioses Jahr mit 27 Prozent Wachstum“ bei den Teilnehmern hingelegt hat. Insgesamt buchten 7635 Kunden und verhalfen zu einem Umsatz von 26 Millionen Euro. Mit 3405 Euro pro Kopf mussten sich die Berliner nur knapp der Deilmann Reederei (MS „Deutschland“) geschlagen geben, die mit jedem Passagier 3577 Euro umsetzte.

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