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Die in die Kälte fahren. Doch entsprechend angezogen können die Passagiere die Aussicht vom Ballonkorb aus auf Schwedisch-Lappland durchaus genießen.

© Peter Frischmuth/argus

Ballonfahrt in Schweden: Heiße Luft am Polarkreis

Beim Arctic Balloon Adventure in Schwedisch-Lappland dürfen auch Amateure mit in den Korb.

Schon die Anfahrt zum Startplatz ist abenteuerlich. Hans-Joachim Häuser, Profi-Ballonfahrer aus Deutschland und einer der Organisatoren des spektakulären Ereignisses, ist nicht das erste Mal dabei. „So etwas wie das Arctic Balloon Adventure gibt es sonst nicht auf der Welt, ein tolles Abenteuer.“ Beim Treffen im Touristbüro von Gällivare in Schwedisch-Lappland herrscht aufgeräumte Stimmung. Wetterlage, Windrichtung, Temperatur, alles stimmt. Auf dem Parkplatz warten die Landrover, sämtlich mit Anhängern, auf denen Ballons und Gerätschaften verstaut sind. Eine Karawane mit zehn Crews aus unterschiedlichen europäischen Ländern, alle mit Gästen, die für dieses Abenteuer zahlen, startet. Zunächst auf Landstraßen, die mit einer festen Schneeschicht bedeckt sind, dann über schmale Forst- und Feldwege.

Stopp mitten in der Schneewüste. „Wenn wir hier starten, dürfte der Wind uns zurück nach Gällivare tragen“, meint Hans-Joachim Häuser. Alle packen mit an, breiten den riesigen Ballon auf dem schneebedeckten Boden aus. Dann bläst ein Riesenpropeller Luft in die Hülle, schließlich wird der Brenner dazugeschaltet. Die heiße Luft füllt die Hülle, der Ballon richtet sich langsam auf. Der Korb, in dem sechs warm verpackte Passagiere bequem Platz finden, ist längst sicher am Ballon befestigt.

Ein wahrhaft erhebendes Gefühl, als das Gespann fast unmerklich in den arktischen Himmel steigt. Wir sehen die vorher gestarteten Ballons weit über uns, ein weiterer hat soeben die Bodenhaftung verloren und erhebt sich knapp über die weiß überzogenen Nadelbäume. Minus 25 Grad hatte das Thermometer noch am Boden gezeigt, plötzlich, ab rund 50 Meter Höhe, ist es fast 10 Grad wärmer. „Inversionswetterlage“, erklärt unser Pilot, „das ändert sich wieder.“ Doch die Sonne wärmt, und der schier unglaubliche Ausblick lässt die Kälte vergessen.

Die Winterlandschaft mit endlosen Nadelwäldern, Felskuppen und zugefrorenen Seen biet ein unvergleichliches Panorama. Da, ein halbes Dutzend Elche, die über eine Lichtung stapfen. Rentiere, meist in kleinen Gruppen, sind allenthalben auszumachen. Aus einem winzig erscheinenden Haus mitten im Wald steigt eine feine Rauchsäule auf. Da ist jemand zu Hause. Hütten auf von Eis und Schnee eingeschlossenen Inseln in Seen scheinen hingegen derzeit verwaist.

Jetzt ist das Können des Piloten gefragt

Funkkontakt zum nächsten Ballon. „Die üben jetzt ein Landemanöver, steigen aber rechtzeitig wieder auf“, heißt es. Der Kopilot müsse noch einige Erfahrung sammeln, bevor er die Lizenz als Ballonführer beantragen kann. Mit einer Geschwindigkeit von 7 bis 8 Knoten ziehen wir über die polare Landschaft. Die anderen Ballons sind als bunte Tupfer am blauen Himmel zu sehen, unserer zieht als scharf geschnittener Schatten über die Tannen. Der schneidend kalte Wind ist nicht zu spüren. „Wir werden eben vom Wind getragen“, erklärt Hans-Joachim Häuser. Lenken, ihn etwa wie ein Flugzeug in eine andere Richtung steuern, lässt sich ein Heißluftballon nicht. Es kommt stattdessen darauf an, unterschiedliche Windströmungen in verschiedenen Flughöhen auszunutzen.

Gute Laune in luftiger Höhe
Gute Laune in luftiger Höhe

© Peter Frischmuth / argus

Der Brenner verursacht das einzige Geräusch, das die Stille stört. Immer wieder mal feuert Pilot Häuser ihn an, um für mehr Auftrieb zu sorgen, was bei arktischen Temperaturen wesentlich seltener nötig ist als bei Wärme. Schöner Nebeneffekt im Winter: Lässt der Pilot in dieser extrem kalten Umgebung Heißluft ab, kondensiert sie dekorativ zu Wasserdampf. Nahezu lautlos gleitet die riesige Hülle mit angehängtem Korb über die Landschaft. Nach rund drei Stunden heißt es: Ready for landing. Der Dundret, ein 823 Meter hoher Berg mit Skipisten, muss noch passiert werden, dann liegt auch schon Gällivare vor uns. Weiter im Norden, beim Ortsteil Malmberget, lässt sich der gewaltige Tagebau erkennen, der im Laufe der Jahre nicht wenige Bewohner gezwungen hat, umzusiedeln. Eisen wird hier aus der Erde geholt, auch Silber und Gold.

Landeplatz ist der Vassaraträsket-See, der im Westen an den Ort grenzt. Schneemobile waren hier schon im Einsatz, haben einige Plätze freigeräumt und Trassen zum Ufer durch den tiefen Schnee gefräst. Heißluft wird mit lautem Zischen abgelassen. Jetzt ist das Können des Piloten gefragt. Unser Mann ist spitze. Der Korb ditscht kurz auf, noch ein kleiner Hupfer – und wir stehen.

Hier, auf dem vereisten See, und im Schatten des Berges ist es bitterkalt. Gut, dass wieder alle mitanpacken, die Restluft aus dem Ballon drücken, die Hülle zu einem Paket falten und auf den Anhänger eines Schneemobils wuchten. Zum Seeufer geht es dann in rasender Fahrt mit dem Schneemobil, da warten schon die Landrover. Alles wird wieder verstaut und ab geht es nach Gällivare, wo der heiße Tee schon in der Kanne zieht.

Axel Pinck

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