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© Warner Bros.

Kino: Der beste Dreh

Noch ist die Filmindustrie in den Anfängen – ein Festival soll helfen

Wenn in Namibia die Rede von Filmschaffen ist, dann fallen als erstes Namen wie Angelina Jolie und Christine Neubauer – oder Roland Emmerich und Charles Burnett. Die Hollywoodgrößen und der deutsche TV-Star haben etwas gemeinsam: Sie haben in Namibia gedreht, und ihre Filme erreichen ein Millionenpublikum. Das kann man von den einheimischen namibischen Filmemachern nicht behaupten. Während sich das Land im südlichen Afrika zu einem außerordentlich beliebten Drehort entwickelt hat, steckt die lokale Filmindustrie immer noch in den Kinderschuhen. Namibias Filmfestival will ihr auf die Sprünge helfen.

Als die diesjährige „Berlinale“ eröffnet wurde, machte ein Streifen aus Namibia Schlagzeilen in Los Angeles: Dort zeigte das Pan African Film and Arts Festival (PAFF) „Namibia: The Struggle for Liberation“ als Eröffnungsfilm. Regie führte zwar der Amerikaner Charles Burnett, aber die namibische Regierung preist diesen Spielfilm über das Leben ihres Ex-Präsidenten Sam Nujoma zu Recht als „erste professionelle Spielfilmproduktion Namibias“ an. Schließlich wurde der Streifen von Namibia finanziert – mit Steuergeldern. Außerdem bestand ein Großteil der Crew aus Einheimischen, und einige lokale Schauspieler haben mit dem Film ihre erste große Rolle gelandet.

Während „The Struggle“ im Ausland von Festival zu Festival wandert und eine Vertriebsfirma sucht, hat das namibische Publikum den Film selbst ein Jahr nach seiner Fertigstellung noch nicht zu Gesicht bekommen. Der Grund: Man sei erst dann „gewappnet für die politische Dynamik“ in der Heimat, wenn der Streifen auf internationalen Bühnen Lorbeeren gesammelt habe, sagt Produzent Uazuva Kaumbi. Es können noch Monate vergehen, bevor das namibische Publikum seine Landsleute in „The Struggle“ auf der Kinoleinwand bestaunen kann. So wird also jemand wie Steven Afrikaaner einer der Stars des Abends sein, wenn am 3. April 2008 in Windhoek das „Wild Cinema Film Festival“ eröffnet. Er hat eine etwas größere Nebenrolle in „10 000 BC“, dem Eröffnungsfilm. Das Hollywood-Epos von Roland Emmerich wurde fast gänzlich in Namibia gedreht.

Dass das Filmfestival einen amerikanischen Blockbuster als Eröffnungsfilm zeigt, liegt nicht zuletzt am Mangel einheimischer Produktionen mit hohem Unterhaltungswert. So soll es wenigstens einen „made in Namibia“-Film zu sehen geben.

Namibia hat weder eine Film- noch eine Schauspielschule. Das Land, das mit über 800 Quadratkilometern mehr als doppelt so groß ist wie Deutschland, beherbergt überhaupt nur zwei Kinohäuser – eines in der Hauptstadt Windhoek, eines im beschaulichen Küstenort Swakopmund. Gezeigt werden dort in erster Linie große Hollywood-Kassenschlager. Ein Programmkino gibt es nicht – die ausländischen Kulturzentren vorort versuchen diese Lücke zu füllen. Es ist aber vor allem das Wild Cinema Film Festival, das dem namibischen Kinogänger eine Alternative zu dem Mainstream-Filmangebot der lokalen Kinos und Videoläden bietet. Regelmäßig im namibischen Herbst (März/April) zeigt das Festival cineastische Perlen aus aller Welt.

1999 gegründet, hat sich das Filmfestival inzwischen zur wichtigsten Plattform für namibische Filmemacher entwickelt. Im vergangenen Jahr wurden die „Namibia Film Awards“ aus der Taufe gehoben. Mit diesen Filmpreisen sollen die Arbeiten lokaler Filmschaffender gewürdigt werden. Tatsächlich gab es auch schon internationale Resonanz auf diese Initiative. Zwei Preisträger der Namibia Film Awards 2007 wurden für den ersten World Short Film Award nominiert, der im April 2008 in New York vergeben werden soll; von kleineren Festivals in aller Welt regneten Einladungen ins Haus.

Im internationalen Wettbewerb würden sich die namibischen Produktionen dennoch schwer tun. Die meisten Filmemacher haben nie eine offizielle Schulung erhalten; es gibt keinen Filmfonds, von dem sie sich Unterstützung bei der Finanzierung ihrer Arbeit erhoffen können. Deshalb versucht das Festival mit Workshops und Wettbewerben das lokale Filmschaffen voranzutreiben.

In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Zentrum Windhoek bietet es im März diesen Jahres einen Workshop unter Leitung der Münchner Regisseurin Deborah Schamoni an, in dessen Rahmen ein namibischer Musikclip produziert und anschließend beim Festival im April erstaufgeführt werden soll. Außerdem ist im Rahmen der Städtepartnerschaft Berlin/Windhoek und des daraus resultierenden Kulturaustauschprojektes „Shared Experiences“ ein Kurzfilmwettbewerb geplant. Der Wettbewerb finanziert die Produktion ausgewählter Kurzfilmideen - eine Initiative, die von Filmemachern in Namibia sehr begrüßt wird. Des Weiteren soll mit Hilfe der eigens zur Koordinierung von „Shared Experiences“-Projekten gegründeten Organisation „p.art.ners“ eine Zusammenarbeit mit der Berliner Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) angestoßen werden. Geplant ist eine Art Sommerakademie: Namibische Filmschaffende reisen nach Berlin um dort ihre Filmprojekte zu verwirklichen, im darauffolgenden Jahr besuchen die Berliner Studenten ihre Kommilitonen in Windhoek.

Initiativen dieser Art, so hoffen die Veranstalter des Wild Cinema Film Festivals, könnten dafür sorgen, dass es irgendwann einmal namibische Regisseure das Filmfestival in Windhoek eröffnen. Irmgard Schreiber

Irmgard Schreiber

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