zum Hauptinhalt
Hier kommt das Dessert. Passend zum Luxusschiff macht dieser Kellner eine gute Figur an Deck.

© Michel Verdure/promo

Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer: Am Abend Champagner, am Morgen neue Ufer

Auf dem Luxusschiff „Silver Spirit“ haben nur 540 Passagiere Platz. Die Gäste geben sich lässig elegant, Flipflops kann man sich hier anmessen lassen und Champagner ist inklusive.

Das Schönste am Morgen ist der Satz aus dem Bett und die paar Schritte an die Reling des Balkons, der sich über die volle Breite der Kabine zieht. Bei geöffneter Tür habe ich nachts das Schiff durchs Meer pflügen hören, und glasklare Luft in meine Lungen gesogen. Nun schält sich die Sonne aus dem Dunst und flirrt silbern über die blanke Wasserfläche. Korsika liegt darin wie ein Relief zum Greifen nah. Ein paar Stunden noch, dann wird Sardinien in Sicht sein.

Unser Schiff heißt „Silver Spirit“. Ein Luxus-Kreuzfahrtschiff, auf dem der Gast das Portemonnaie stecken lässt. All inclusive!, diskret offeriert für 540 Passagiere. Nur die Landausflüge kosten extra, doch das ist ein Thema für sich. Auf allen Kreuzfahrten.

Die 378-köpfige Crew gibt ihr Bestes. 21 Butler kümmern sich um das Wohl der Mitreisenden im engen Radius um ihre Balkonsuiten. Sie füllen den Kühlschrank mit den Lieblingsgetränken, servieren das Frühstück, lassen das zerdrückte Kleid aufbügeln oder organisieren eine Tube Zahnpasta.

Amiel, ein charmanter Filipino, wurde wie alle seine Kollegen nach englischem Butler-Vorbild trainiert. Seit drei Jahren fährt er auf der „Silver Spirit“. Wenn Amiel den endlos langen und schmalen Flur zu den Kabinen heraneilt, fliegen die Schwalbenschwänze seines schwarzen Gehrocks wie die Flügel eines Raben.

Ich hatte nie vor, eine Kreuzfahrt zu machen

Durch nordfriesische Wurzeln geerdet, mit Ostseesegelwassern gewaschen und David Foster Wallace’ bitterböses Kreuzfahrtbuch „Schrecklich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“ noch im Kopf, hatte ich nie vorgehabt, eine Kreuzfahrt zu machen. Jetzt bin ich doch an Bord – bereit fürs Mittelmeer: auf dem größten der acht Schiffe zählenden Flotte des monegassischen Unternehmens Silverseas.

Manfredi Lefebvre d’Ovidio, 60 Jahre alter Spross einer im neapolitanischen Adel verankerten Familie, ist Präsident des vom Vater gegründeten Unternehmens. Nach meinen Erfahrungen mit Italienern würde der schon für Dolce Vita sorgen.

Amiel (39) sieht ziemlich bestürzt drein, als ich ihn bitte, meinen Kühlschrank mit stillem Mineralwasser zu bestücken. „Nur Mineralwasser?“ Schließlich gebe es doch ganz feine Spirituosen an Bord. Da ist er anderes von Gästen gewohnt. Als Butler erfordere es überhaupt seine ganze Person, auf Menschen einzugehen. Sein Job hat ihn zum Menschenkenner gemacht. „Manche Gäste verlassen nie ihre Kabine. Die wollen nur den Ausblick.“

Andere haben nicht einen einzigen Wunsch. Das sei eine echte Herausforderung. Ich fühle mich schuldig und bitte Amiel, meinen Koffer auszupacken. Erleichtertes Lächeln ist die Antwort.

Abstoßen. Antippen. Mehr ist nicht drin

Ich mache mich auf, das Schiff kennenzulernen. 200 Meter lang und 26 Meter breit, acht Decks, vier Restaurants und jede Menge Plätze unter freiem Himmel.

Der Fahrstuhl bringt mich überall hin. Zum kleinen Pool etwa. Dort ziehen ein paar wohlfrisierte Blondinen kurze Bahnen. Abstoßen. Antippen. Mehr ist nicht drin. Raus aus dem Nass. Abtrocknen. Eincremen. Ausstrecken. Aaaah. Das Leben kann so schön sein.

Auf dem Rücken liegend mag man sich auch nach dreieinhalb Mahlzeiten täglich noch blicken lassen. Sushi, Pasta, Steaks, Törtchen, Schnittchen, drei Gänge, vier Gänge, elegant und rustikal. Dazu Champagner jederzeit.

Ich schiebe die bequemen Sneakers unters Bett und lasse mir erst mal ein Paar schicke Schläppchen anfertigen. So viel Italien muss sein. Serafino (31) hat sein Equipment im Rollschrank dabei. Auf dem Pooldeck nimmt er Maß von der Hacke bis zum großen Zeh, wählt die passende Sohle aus, knipst Riemchen mit Buckersteinchen drauf und bringt so Glanz auf die noch bleichen Füße der Damen.

Serafino vertritt die berühmte Manufaktur „Preludio“ auf Capri, die schon Jacqueline Kennedy in den 60er Jahren „Sandali Caprese“ anpasste. Mit Swarovski-Gefunkel können sie bis zu 480 Euro kosten.

Man gibt sich weltläufig und zurückhaltend im Genuss

Noch exklusiver als die "Silver Spirit" ist das Schwesterschiff, die "Silver Explorer", ehemals Prince Albert II. Das Expeditionsschiff hat Platz nur für 132 Gäste.
Noch exklusiver als die "Silver Spirit" ist das Schwesterschiff, die "Silver Explorer", ehemals Prince Albert II. Das Expeditionsschiff hat Platz nur für 132 Gäste.

© Michel Verdure/promo

Mal abgesehen von den sündhaft teuren Flipflops geht es auf der „Silver Spirit“ sehr lässig elegant zu. Etikette ist den Gästen offenbar nicht fremd. Quietschende Gummilatschen und Strandhemdchen sind nur am Pool zu sehen. Für Unsichere gibt es je nach Restaurant und Anlass in der täglichen Schiffspostille eine Kleiderempfehlung für den Abend. Man gibt sich weltläufig und zurückhaltend im Genuss. Sehr angenehm.

Überschwängliche Verbrüderungen finden nicht statt. Die meisten Mitreisenden kommen aus den USA, gefolgt von den Briten und alsbald den Deutschen. Nur wenige Italiener sind an Bord. Zualleroberst der Kapitän auf der Brücke, Mino Pontillo aus Kalabrien.

Morgenstunde. Amiel bringt das Frühstück. Ich hätte auch in eines der Restaurants gehen können, mache es mir aber auf der Liege bequem, strecke die Beine in die Sonne und schaue den einschwebenden Möwen zu.

Tief unterm Monte Nero liegt die "Silver Spirit" ganz klein

Wer will, fährt heute organisiert in die toskanischen Weinberge, nach Florenz oder Siena. Ich bleibe in Livorno, spaziere die Strandpromenade entlang, setze mich zu den Alten im Garten des Forts unter die Schatten spendenden Pinien, besuche das Wohnhaus des Malers Amedeo Modigliani, der hier 1884 geboren wurde und fahre mit der Seilbahn auf den Monte Nero. Von oben sieht die „Silver Spirit“ ganz klein aus.

Von Barcelona nach Rom: Die Reiseroute.
Von Barcelona nach Rom: Die Reiseroute.

© TSP/Gitta Pieper-Meyer

Livorno arbeitet, eilt, hält Markt. Kaum jemand hat hier Zeit im Café zu sitzen. Der raue Charme gefällt mir.

Am nächsten Tag fahre ich mit dem Zug von Livorno nach Viareggio. Was für ein Strandbad! Weiße Jahrhundertwendepaläste säumen den Boulevard, prächtige Bäume und ein Trottoir, herrlich breit zum Flanieren und Schaufenster gucken. Dahinter der Strand mit den Liegen in Reih und Glied. Dann erst das Meer. Aber dafür reicht die Zeit nicht mehr. Der Zug wartet.

Auf einer Inselrundfahrt tauchen wir ein in unendliches Grün

Am nächsten Morgen ankern wir schon vor der Westküste Sardiniens. Alghero schlummert in der Mittagshitze. Ortsauswärts ziehen sich schneeweiße Dünen. Felsenküste und rote Dächer schließen sich hinter dem Jachthafen zum Rund. Auch das Städtchen Mahon auf der spanischen Insel Menorca war so lieblich und irgendwie dörflich. Auf einer Inselrundfahrt tauchen wir ein in unendliches Grün. Protzige Häuser haben wir nicht gesehen. Wenn wir Erholung brauchen, werden wir hierher zurückkehren.

Das Leben an Bord ist komfortabel, und die dienstbaren Geister sind die Liebenswürdigkeit in Person. Immer wenn die Sonne untergeht und die „Silver Spirit“ den Hafen verlässt, schmeckt der Champagner besonders gut. An Champagner kann man sich gewöhnen wie an das morgendliche Ankommen an neuen Ufern.

Amiel fragt nach den letzten Wünschen und packt meinen Koffer für die Heimreise. „Manche Gäste bleiben sechs Monate an Bord. Da gibt es schon mal Tränen zum Abschied“, verrät er. Nun, so schlimm ist es noch nicht.

Die beschriebene Reise findet man bei Silversea oder Airtours. Dort kostet die siebentägige „Mittelmeer Cruise“ ab 2650 Euro mit All-Inklusive-Verpflegung. Auch First Travel bietet die Reise an, Telefon: 030 /200 58 550

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false