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Kreuzfahrten: Barfuß oder Lackschuh?

Kreuzfahrtneulinge haben die Qual der Wahl bei der Suche nach dem „richtigen“ Schiff.

Sollen Abendkleid und dunkler Anzug mit in den Koffer? Oder reichen doch die neuen Jeans? Muss ich an Bord englisch sprechen? Und was organisieren die da eigentlich an Landausflügen? Es sind Fragen über Fragen, die sich viele Kreuzfahrtneulinge vor ihrer ersten Tour auf hoher See stellen.

Kurz vor der Abreise ist es in der Regel dafür jedoch zu spät – wer unsicher ist, informiert sich besser ausführlich vor der Buchung. Denn im boomenden Kreuzfahrtenmarkt sind die Unterschiede zwischen den Anbietern und ihren Bordkonzepten oft groß. Das für den Einzelnen am besten passende Schiff zu finden, ist daher nicht immer einfach. Neben Reisebüromitarbeitern helfen auch Kreuzfahrtführer und neue Online- Schiffsbewertungsportale.

„Die Kreuzfahrt an sich ist genauso wenig zu definieren wie ein Mallorca-Urlaub“, meint John Will von Transocean Tours in Bremen. Auf der liebsten Ferieninsel der Deutschen fühlen sich Partykönige ebenso wohl wie Wanderer, Naturfans und Cluburlauber. Ähnlich sei es mit der Kreuzfahrt: Für jeden sei etwas dabei. „Das Angebot ist riesig“, sagt auch Claudia Widmann vom Seereisenportal Mareselect. „Viele sind da auf Hilfestellung angewiesen. Trotzdem erlebe ich es an Bord immer wieder, dass Leute völlig fehl am Platze sind, zum Beispiel auf US-Schiffen, wenn sie kein Englisch sprechen.“

Die Bordsprache ist in der Tat für etwa drei Viertel der Gäste ein entscheidendes Kriterium bei der Schiffswahl. Das hat das in Hamburg erscheinende Reisemagazin „Urlaub perfekt“ in einer Umfrage unter knapp 1000 Reisebüros ermittelt. Den Urlaubern wichtig sind außerdem das Essen, die Schiffsgröße und das Ausflugsprogramm (jeweils 45 bis 50 Prozent der Nennungen). Dass die Passagiere auch auf Wellnessbereiche, Animation und das Sportprogramm an Bord Wert legen, beobachten dagegen nur knapp fünf bis sieben Prozent der Reisebüros. Was es zu erleben gibt, schildern die Reedereien in den Katalogen und auf ihren Webseiten natürlich in den allerschönsten Farben. Im Expertenurteil sieht das oft etwas differenzierter aus. Wer sich knapp und auf Deutsch informieren sowie außerdem schöne Bilder betrachten will, hat mit dem „Kreuzfahrt Guide“ aus dem Bellevue-Verlag in Hamburg zumindest einen Leitfaden.

Entscheidend ist aus Sicht von John Will eine andere Frage: „Was will ich eigentlich erleben? Ist das Schiff selbst das Ziel? Oder will ich per Schiff von einem Ort zum anderen?“ Für Letzteres stehe die „traditionelle deutsche Kreuzfahrt“ mit Anbietern wie Hapag-Lloyd, Deilmann, Transocean und Phoenix Reisen.

Das Schiff mehr in den Mittelpunkt rücken dagegen zum Beispiel Aida Cruises – mit vier Clubschiffen der Marktführer in Deutschland – sowie US-amerikanische Reedereien wie NCL und Royal Caribbean. Sie alle lassen ihre Flotten häufig jede Woche die gleiche Route fahren.

„Wenn jemand 25 Jahre alt ist und eine Spaß-Kreuzfahrt machen will, dann würde ich ihm ein solches Schiff empfehlen“, sagt Claudia Widmann. Mit ihren bis zu 4000 Gästen an Bord sind sie aber auch Rummelplätze und eine Herausforderung an den Orientierungssinn. Nicht mehr ganz Junge seien deshalb mit einem kleineren Schiff oft besser beraten.

Bei der Beantwortung der Frage „Barfuß oder Lackschuh?“ sollen inzwischen auch spezielle Web-Portale wie „unserschiff.de“ oder eine Schiffsrubrik unter „holidaycheck.de“ helfen. Hier kann sich jeder an der Bewertung einzelner Schiffe beteiligen. Dass auf den Kommentarseiten nicht zuletzt sehr überschwängliche oder sehr frustrierte Passagiere ihren Emotionen freien Lauf lassen, steht außer Frage. Entsprechend vorsichtig reagieren auch die meisten Reedereien: „Solche Portale entwickeln sich auch mal schnell zu einem Reklamationsforum“, beobachtet Benjamin Krumpen von Phoenix Reisen.

Wenn es zu einem Schiff verschiedene Urteile gibt, „kann das gerade für Kreuzfahrtneulinge eher irritierend sein“, meint Negar Etminan von Hapag-Lloyd- Kreuzfahrten. Die meisten Anbieter raten daher zur Beratung in Reisebüros, die bei Seereisen einen Schwerpunkt haben.

Christian Röwekamp

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