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Alles am schönsten Platz. Castelfalfi präsentiert sich im Herzen der Toskana. Nur rund 60 Kilometer sind es bis nach Florenz oder Siena.

© Christian Wyrwa/Tui

Luxusresort in Italien: Das perfekte Stück Toskana

Das Dorf Castelfalfi war von seinen Bewohnern verlassen. Tui will bis 2018 ein Resort daraus machen. Doch es gibt Probleme.

Prominente, wie Schauspieler Anthony Hopkins oder Designer Paul Smith, zieht es im Urlaub immer wieder ins Chianti – Smith zum Beispiel nach Lucca, Hopkins nach Cortona. Das Gebiet nahezu im Zentrum der Region Toskana wird schon spöttisch „Chiantishire“ genannt. Zwar hat in Deutschland die sogenannte Toskana-Fraktion einen gewissen Ruf, doch besonders „für die Engländer bietet die Region das Leben auf dem Land, das sie gern hätten – ohne schlechtes Wetter“, sagt Giancarlo Ercolin, 53, der neue, seit 2008 dritte Direktor des 1100 Hektar großen Tui-Resorts Castelfalfi, das offenbar nicht so richtig belebt werden kann.

Bis 2018 will Europas größter Reisekonzern in den Bergen von Montaione das von den Bewohnern verlassene, 800 Jahre alte Dorf, an dessen Häusern noch Wappen der Medici zu sehen sind, zum Luxusresort umbauen – die größte, schönste, ehrgeizigste Idee der Firmengeschichte. Wie lange die vor Jahren als genial erscheinende Idee noch ihren Glanz behält, wird sich bald erweisen. Denn Tui muss sparen: Im Geschäftsjahr 2014/2015 will der neue Chef Friedrich Joussen einen operativen Gewinn von einer Milliarde Euro erzielen, sich von Unrentablem trennen. Dazu gehört auch der Abschied von seiner – wie der „Spiegel“ schreibt – „schönsten Altlast“, dem „Toskana-Abenteuer“. Der Reisekonzern wolle das Resort auf mittelalterlichen Grundfesten loswerden, heißt es, sollte es weiterhin Unsummen verschlingen. 160 Millionen Euro hat Europas größter Reiseveranstalter seit 2007 in das Bilderbuchdorf gesteckt, fast die Hälfte ist abgeschrieben. Ein Flop also?

So dramatisch sieht man das in der Tui-Zentrale in Hannover nicht. Allerdings: „Richtig ist, dass das gesamte Hotelportfolio derzeit auf dem Prüfstand steht“, sagt eine Sprecherin. „In Castelfalfi haben wir uns neu aufgestellt und planen den Ausbau schrittweise, je nach Marktnachfrage.“ Nun, so lautete der Plan allerdings schon vor Jahren.

Ende 2013 soll das „Borgo“, also der Dorfkern, fertiggestellt sein, das alles überragende Castello mit Gourmetrestaurant und Bar erst im kommenden Frühjahr. Wer auf der Terrasse vor dem Burgfried steht und über das Gelände blickt, kann gut verstehen, warum das Projekt lange als Juwel der Holding galt. Dazu gehört einer der vielleicht schönsten Golfplätze Italiens, seit März auch ein Dreisternehotel, La Tabaccaia. In dem Gebäude, wo einst mit Heißluft die Blätter der früher hier angebauten Tabakpflanzen getrocknet wurden, sind 31 elegante Zimmer entstanden, in Braun, Hellgrün und Flieder, zum Teil mit Holzbalkendecke, alle mit WiFi und Marmorbad.

Von der Terrasse erkennt man die Etruskerstadt Volterra

In der nahen Trattoria Il Rosmarino isst man bisher gut und keineswegs teuer: Acht Euro kostet ein dunkelrotes, zartes Wildschweincarpaccio, so viel wie ein halber Liter Rotwein aus resorteigenen Reben – und sechs Euro eine Crème brûlée, in Rosmarin gekocht. Köstlich. Morgens liegen die meisten Hotelgäste am neuen 30 Meter langen Pool. Von hier blickt man weit über die Ebene und auf die mittelalterliche Festung aus dem 11. Jahrhundert.

Im Borgo haben erste Feinkostläden und Boutiquen eröffnet. Deutsche und britische Makler (Engel & Völkers und Knight Frank) zeigen Kunden aus aller Welt Apartments, von 230 000 Euro an aufwärts. Sie verkaufen sich wesentlich besser als die „Casali“. Die ehemaligen, heute maroden Gehöfte, die zu Luxusvillen mit Pool nach Wunsch ausgebaut werden und zu Preisen zwischen 1,5 und 2,3 Millionen Euro in die Kasse spülen sollten. Doch der Absatz ist sehr schleppend, das einkalkulierte Geld fehlt nun dem Konzern. Bisher griffen zu wenige Vermögende zu – anders als bei den Wohnungen im Dorf. 80 Prozent der Apartments sind verkauft, vorwiegend an Briten, Nordamerikaner, Belgier. „Mehr als die Hälfte der Eigentümer sind allerdings Italiener“, sagt Direktor Ercolin. „Das ist auch gut so.“ Eine Enklave von Ausländern soll das Resort schließlich nicht werden.

Lange war Castelfalfi ein verschlafenes Nest, nicht mehr als ein Haufen schöner alter Steine. Die Region kann die Investition des deutschen Touristikkonzerns gut gebrauchen. Paola Rossetti, die linke Bürgermeisterin von Montaione und Castelfalfi – eine freundliche, resolute Frau mit dunkelgrauen langen Locken –, beurteilte vor zwei Jahren das ehrgeizigste Tui-Projekt in Italien als „gute Möglichkeit, unser Gebiet wirtschaftlich auf Basis eines ländlichen Tourismus zu entwickeln“. Sollten sich die Deutschen aus dem Projekt zurückziehen, ohne einen neuen, potenten Käufer zu finden, dürfte ihre Begeisterung schwinden.

Dabei hat das Landgut, um das sich auch Silvio Berlusconi als Käufer bemüht hatte, Potenzial: „Abgeschieden, aber erreichbar“, erklärt Direktor Ercolin. Die Lage könnte in der Tat kaum besser sein: Bis Florenz sind es 63 Kilometer, bis Pisa 55, bis Siena 62. Von der Terrasse der Burg erkennt man die Etruskerstadt Volterra. „Soweit muss man gar nicht fahren“, findet er. „Monteriggioni, eine alte ummauerte Stadt, ist ganz nah und ein wahres Juwel.“ Schon in Dantes Göttlicher Komödie wird die Stadt erwähnt. Szenen des Films „Der englische Patient“ wurden hier gedreht.

Doch eigentlich müsste man aus Castelfalfi gar nicht weg, höchstens zum Trüffelmarkt nach San Miniato oder Montaione. Abends, bei schönen Wetter, nämlich färben sich die Hügel rund um das Borgo dunkelrot. Zikaden zirpen, Vögel zwitschern. Es duftet nach Thymian, Salbei und Lavendel – irgendwie schon das perfekte Stück Toskana.

Viola Keeve

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