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Reise: Passagiere ins Matratzenlager

Nordkorea braucht Devisen – und testet den Kreuzfahrt-Tourismus

An Bord der „Man Gyong Bong“ wird frischer Kaffee serviert, getrockneter Fisch und örtliches Bier. Am Abend steigt die Stimmung bei einer Karaokeparty. Doch aus den Wasserhähnen kommt meist kein Wasser, und statt Betten gibt es Matratzenlager. Willkommen auf der ersten Kreuzfahrt Nordkoreas.

Wenn es nach dem Willen der Behörden geht, soll die 21-stündige Bootstour von der heruntergekommenen Hafenstadt Rajin im Nordosten des Landes in die malerische Tourismusregion am Kumgang-Berg den Tourismus ankurbeln und dringend benötigte Devisen in das isolierte Land bringen.

Mehr als 120 Journalisten und chinesische Reiseveranstalter lud das sonst eher öffentlichkeitsscheue Regime zur Probefahrt. Für die Tour wurde ein fast 40 Jahre alter Frachter renoviert, der bis 1992 als Fähre zwischen Nordkorea und Japan im Einsatz war.

Als die „Man Gyong Bong“ ablegt, stehen hunderte Studenten und Arbeiter mit Blumen am Pier. Ausflüge der Reisenden werden streng überwacht. Kurzkontakte mit Einheimischen ergeben sich nur mit Reiseführern, Inhabern von Touristengeschäften und Hotelangestellten. Durch die Fenster des Ausflugsbusses sind Nordkoreaner zu sehen, meist in einfarbiger Kleidung, die vorbeiradeln oder eines der seltenen Autos durch leere Straßen steuern.

In der riesigen Eingangshalle eines Hotels in Rajin grüßen Porträts von Staatsoberhaupt Kim Jong Il und seines verstorbenen Vaters Kim Il Sung. Die Zimmer sind spartanisch, aber sauber. Nirgendwo gibt es eine Internetverbindung, die Telefonleitungen sind unzuverlässig und teuer. Handys werden von den Reiseführern eingezogen, sobald Besucher einreisen. Angeblich versucht die Verwaltung, die Kommunikationsmöglichkeiten zu verbessern. Internet soll es schon bald geben. Websites ohne Bezug zur Wirtschaft bleiben jedoch gesperrt.

Für Simon Cockerell, Chef des auf Nordkorea spezialisierten Pekinger Veranstalters Koryo Group, liegt der Reiz der Touren durch Nordkorea im Unbekannten: „Viele Leute reisen gern an obskure Orte“, sagt er. „Und dies ist der obskurste Teil eines touristisch sehr obskuren Landes – der am wenigsten besuchte Teil des weltweit am wenigsten besuchten Landes.“ Marianne Barriaux, AFP

Marianne Barriaux[AFP]

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