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Kurs Quote. „Traumschiff“-Crew von 1983: Horst Naumann (Schiffsarzt), Heinz Weiss (Kapitän), Heide Keller und Sascha Hehn (Stewards)

© dpa

Traumschiff: Auf der Woge des Erfolgs

Das „Traumschiff“ macht Lust auf Kreuzfahrt. Heute legt es zum 65. Mal ab.

Dass die Deutschen nicht erst zu einer Nation von Kreuzfahrern geworden sind, seit „Aida“ und Co. auf dem Reisemarkt Triumphe feiern, hat einer schon lange gewusst. Einer, der seit 30 Jahren buchstäblich auf der Woge des Erfolgs schwimmt: „Traumschiff“-Produzent Wolfgang Rademann. Die erste Folge des ZDF-Dauerbrenners schwappte am 22. November 1981 in die Wohnstuben und nährte damals ungestillte Reisewünsche. Heute Abend wird dem inzwischen tatsächlich häufig seefahrenden Fernsehvolk die 65. Portion dieser leichten Kost serviert, mit einer kräftigen Prise A-, B- und C-Prominenz, die aus der meist faden Brotsuppe des deutschen Flimmeralltags auftaucht und sich in der Jubiläumsepisode zwischen New York und Brasilien an Deck sonnen darf.

Nun wird der bald 77-jährige Berliner Rademann allenthalben als „Erfinder“ des TV-Musikdampfers bezeichnet, ein Ehrentitel, den ihm auch niemand streitig machen sollte. Gleichwohl, Anregungen brauchen selbst die in ihrem Genre genialen Köpfe. Und auch Rademann hat sich in der Fernsehlandschaft umgeschaut, dann allerdings die menschelnde Kreuzfahrt-Idee erfolgreicher als alle anderen umgesetzt.

Dass eine Serie des US-Fernsehens für das „Traumschiff“ Pate gestanden hat, mag wenig verwundern. Doch dass ausgerechnet das DDR-Fernsehen noch früher die Faszination des Schiffslebens auf den Weltmeeren erkannt hatte, das entbehrt denn doch nicht einer gewissen Ironie. Bereits bevor das amerikanische „Love Boat“ im September 1977 medial vom Stapel lief und ganz Nordamerika mit dem Kreuzfahrtfieber infizierte, machte die DDR im Januar desselben Jahres die Leinen los für die Serie „Zur See“. Glanz und Glitter an Deck eines Musikdampfers waren zwar für das ostdeutsche Nichtreisevolk tabu, doch inhaltlich diente auch auf dem Lehr- und Frachtschiff „J. G. Fichte“ der Deutschen Seereederei das Zwischenmenschliche an Bord als Strickmuster. Das „Traumschiff“ unter Produzent Wolfgang Rademann lief dann 1981 erstmals im ZDF aus, mit dem damals exotischen Ziel Karibik.

Als Ur-„Traumschiff“ schrieb die „Vistafjord“ Geschichte. Heute ist das Schiff übrigens als „Saga Ruby“ unterwegs. Ihr folgte von 1983 bis 1984 die „Astor“, die danach vom VEB Deutfracht/Seereederei Rostock übernommen und als Nachfolgerin der „Völkerfreundschaft“ für den Feriendienst des FDGB der DDR unter dem Namen „Arkona“ ihren Dienst tat. Auch dieses Schiff fährt nach aufwendigem Umbau im vergangenen Jahr immer noch, heute als „Saga Pearl II“.

Schließlich brach 1986 die „Traumschiff“-Ära der Reederei Peter Deilmann an. Der mit allen Salzwassern gewaschene kantige Reeder aus Holstein hatte die Gunst der Stunde erkannt, um seine von ihm 1980 in Auftrag gegebene „Berlin“ – zwischenzeitlich um 20 Meter verlängert und für 420 Passagiere ausgelegt – als Luxusliner einem breiten Publikum per Bildschirm zu präsentieren. Die illustre Fernsehzeit der „Berlin“ endete schließlich 1999 nach der 33. Folge der Erfolgsserie. Für das Schiff selbst war als „Berlin“ Ende 2004 Schluss. Wenig später wurde es verkauft, schlug sich kurze Zeit als „Orange Melody“, dann als „Spirit of Adventure“ durch Wind und Wellen – und ist jetzt als „Berlin“ zurück, aufgehübscht unter der Flagge des Münchner Reiseveranstalters FTI.

Für Deilmann hatte sich die Vermarktungsstrategie bei der „Berlin“ bewährt, Rademann war mit dem Reeder-Engagement auch zufrieden und so rückte 1999 die neue „Deutschland“ in den Fokus der immer mehr an Kreuzfahrten interessierten Zuschauer. Das erste Reiseziel war Tahiti, so eine Art Sehnsuchtsziel aller Fernwehgeplagten.

In der folgenden Zeit blieb kein Erdteil unentdeckt von den mitfahrenden, regulär gebuchten Kreuzfahrtgästen und der mit mehr Sternchen als Stars gespickten Filmcrew. Heute hat Rademann ein Problem: „Mir geht die Welt aus, es gibt nur noch die Philippinen, Kuba, Alaska und Korea – mehr hab’ ich nicht auf der Warteliste.“ Nur noch vier Folgen? Nun, so schlimm oder gut – je nach Sichtweise – wird es nicht kommen.

Zunächst kann sich der „Traumschiff“- Fan heute auf die schon etwas ungewöhnliche Folge freuen. Rademann hatte gerufen und (fast) alle kamen: Harald Schmidt ist als Kreuzfahrtdirektor ohnehin seit 2008 an Bord, zu ihm gesellen sich neben vielen anderen Til Schweiger, Hape Kerkeling, Otto Waalkes und die Berliner Institution Otto Sander, der als ehemaliger „Bootschafter“ für die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger geradezu prädestiniert ist, an Bord einzugreifen.

Wer das „Traumschiff“ einmal nicht nur auf dem Bildschirm erleben möchte, sondern bei den Dreharbeiten live dabei sein will, für den gibt es ab Januar die nächste Gelegenheit. Dann nimmt die „Deutschland“ für die weiteren Folgen Kurs auf Süd- und Mittelamerika.

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