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Solide. Die Einheimischen paddeln meist im Einbaum übers Wasser.

© dpa

Uganda: Wo kleine Vögel wohnen

Die Naturwunder am Lake Bunyonyi in Uganda.

Wenn Gerald Itambara recht behält, ist der Lake Bunyonyi bald der Starnberger See Ugandas. „Das Land auf dem Gipfel des Hügels dort ist schon an einen reichen Mann aus Kampala verkauft“, sagt er. „Alle reichen Männer wollen jetzt hier Land kaufen und auch die Amerikaner und Europäer, denen der See und das Klima gefallen.“ Die kleine Insel auf der anderen Seite gehöre dem Direktor der Nationalbank, sagt Itambara. Der gut situierte Herr halte sich dort Kobs und Zebras.

Von den vielen Seen Ugandas ist der Lake Bunyonyi im Kigezi-Hochland einer der schönsten. „Ort der kleinen Vögel“ bedeutet der Name. Steile, terrassierte Hänge fassen seine vielen Buchten und Verästelungen ein, auf den 29 Inseln wachsen Eukalyptusbäume und Bananenstauden. Am Horizont tupfen Wolkenbäusche die Pyramiden der Virunga-Vulkane.

Auf der Karte sieht der 25 Kilometer lange See nahe der Grenze zu Ruanda aus wie ein Dinosaurier mit langem Hals und zwei dürren Beinen. Vor 8000 Jahren soll nach einem Vulkanausbruch Lava in das Tal geflossen sein und wie ein Pfropfen den Fluss Ndego gestaut haben. Schilder behaupten, dass der Bunyonyi mit 900 Metern der zweittiefste See Afrikas, manche Bücher halten dagegen, dass er weniger als 50 Meter tief sei.

Den meisten Reisenden ist dieses Detail egal. Ihnen ist etwas anderes viel wichtiger: Der 1962 Meter hoch gelegene See ist der einzige in Uganda, in dessen grünem Wasser es keine Nilpferde, keine Krokodile und keine Bilharziose gibt. Deshalb stoppen hier alle paar Tage Overland-Trucks, Busse voller junger Reisender auf ihrem Trip durch Afrika. Wie die anderen Touristen sind sie auf dem Weg von Kampala zu den Berggorillas im Bwindi-Nationalpark oder zurück. Sie wollen endlich baden. Und im Einbaum paddeln die Bewohner der Dörfer rings um den See.

Die Theorie für dieses Vorhaben klingt einfach. „Gleichmäßig paddeln, der Hintermann steuert“, erklärt der Verleiher. Sonst gebe es nichts zu wissen. Doch so einfach ist es nicht. Nach ein paar Schlägen dreht fast jeder Tourist seinen ersten Mzungu Circle, wie die Ugander die blamablen Drehungen der weißen Besucher spöttisch nennen. Manche scheitern schon daran, die Bucht zu verlassen, und geben entnervt auf. Die meisten aber schaffen es mit etwas Übung und der einen oder anderen Vollbremsung, den Einbaum halbwegs gerade zu halten und auf den See hinauszufahren.

Kinder rufen von einer Schule herüber, Ankole-Rinder mit mächtigen Hörnern grasen am Ufer. Immer wieder passiert man Ugander, die ihre Einbäume mühelos übers Wasser steuern und winken. Ihre Boote sind voll beladen, sie sind unterwegs zum Freitagsmarkt im Hauptort Rutinda. Aus der Ferne könnte man sie für Fischer halten.Doch im Lake Bunyonyi gibt es kaum Fische, weil die Ufer zu steil abfallen und Flachwasserarten wie Tilapia und Nilbarsch so nicht laichen können.

Wer sich ins Gewirr der Inseln, Halbinseln und Buchten wagt, sollte einen guten Orientierungssinn haben. Ein Inselchen aber ist leicht zu erkennen: Akampene, die Insel der Bestrafung. Wie ein Grasponton mit einem einzigen, dürren Baum dümpelt sie mitten im See. Früher brachten die Dörfler unverheiratete Mädchen hierher, die schwanger waren und so Schande über ihre Familie gebracht hatten. Sie sollten auf dem Eiland verhungern oder von einem Verzweifelten gerettet werden, der keine Kühe hatte, um den Brautpreis zu bezahlen. Heute ist die grausame Praxis glücklicherweise verboten. Doch einige Überlebende sollen noch in den Dörfern rings um den See wohnen.

Florian Sanktjohanser

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